• 04.10.2001 16:29

  • von Fabian Hust

Ross Brawn im Interview

Der Technische Direktor von Ferrari über Barrichellos starkes Rennen, die Reifenwahl und die Aussichten für Suzuka

(Motorsport-Total.com/Haymarket) - Für das Ferrari-Team war das Rennen in den USA nicht besonders vom Erfolg geprägt. Zwar holte Michael Schumacher erneut die Pole Position, setzte die Serie von Ferrari fort, seit Malaysia 1999 in jedem Rennen mindestens ein Auto auf dem Podium stehen zu haben, doch der Ausfall von Barrichello schmerzte. Der Brasilianer fuhr ein starkes Rennen und muss nun in Suzuka siegen, wohingegen David Coulthard maximal Fünfter werden darf, will man auch den Vizetitel erobern. Nach dem Rennen in Indianapolis sprach Ross Brawn, der Technische Direktor von Ferrari, über das Rennen.

Titel-Bild zur News: Ross Brawn

Ross Brawn glaubt, dass man das Rennen hätte gewinnen können

Frage: "Michael und Rubens sind auf verschiedenen Strategien unterwegs gewesen. Was war der Gedanke dahinter?"
Brawn: "Lediglich, dass wir versuchen wollten, Rubens vor David ins Ziel zu bekommen und gleichzeitig das Rennen zu gewinnen. Darauf waren wir sehr scharf. Michael war nicht als Beschützer unterwegs, aber mit Rubens auf dem fünften Platz dachten wir, dass er auf zwei Stopps vielleicht eine Chance zum Angreifen hat und er hat erneut fantastisch gearbeitet. Ich denke, dass der zweite Reifensatz scheinbar nicht so gut funktioniert hat wie der erste, also konnte er im zweiten Rennabschnitt nicht die Zeit gut machen, die er hätte finden müssen. Wir hatten also eine halbe Stunde, wo das Rennen für uns etwas schwierig war."

Frage: "Warum habt ihr auf die härtere Mischung von Bridgestone gesetzt?"
Brawn: "Wir haben diese am Freitag als deutlich konstanter empfunden. Wir machten uns in Sachen Konstanz über das Rennen hinweg gesehen Sorgen. Bridgestone ist sehr weich gegangen und wir machten uns Sorgen, dass der weiche Reifen im Rennen Probleme bereiten könnte. Tatsache ist, dass es nicht so kam und McLaren sie im Griff hatte, das ist etwas, das wir in Betracht ziehen müssen."

Frage: "Gab es in Sachen Speed einen Nachteil?"
Brawn: "Das ist schwierig zu sagen. Im Rennen können wir da kein Urteil finden, aber ich denke, dass die Tatsache, dass der weiche Reifen durchhielt, entscheidend war, das hatten wir nicht erwartet. Es sah so aus, als würde er eine hohe Abnutzung haben, aber im Rennen war dem eben nicht so. Michael war in einer starken Position, aber wir hatten nach dem Stopp ein paar sehr schwierige Runden. Er kam in Verkehr. Zur Rennmitte gab es ein wenig Durcheinander, es gab fünf oder sechs kritische Runden, in denen Mika angreifen konnte, er hat tolle Arbeit geleistet. Michael hatte eine Menge schlechter Runden, in denen er jeweils 1.5 bis 2 Sekunden verlor und ich denke, dass er zwei Sekunden hinter Mika an die Box kam. Aber der Motorsport besteht aus diesen Wenns und Abers, also haben wir keine Ausreden, die wir hervorbringen könnten!"

Frage: "Der Schlüssel zum Erfolg für Rubens war es gewesen, an den beiden Williams vorbeizukommen, als er das geschafft hatte, musstest du ziemlich erleichtert gewesen sein?"
Brawn: "Ja. Der Beginn des Rennens war gut und nachdem wir gesehen haben, was Williams in Sachen Strategie gemacht hat, so denke ich, dass wir in Sachen Strategie in einer sehr guten Ausgangslage waren. McLaren hatte eine gute Strategie. Sie schlossen schnell auf uns auf, schauten zu Beginn ihres Rennens auf die Reifen und besonders für Mika lief es während dieser fünf oder sechs Runden zur Rennmitte perfekt. Es ist immer frustrierend, ein Rennen zu verlieren, das man hätte gewinnen können, aber sie haben großartig gearbeitet."

Frage: "Zurückblickend, waren zwei oder ein Stopp die bessere Wahl?"
Brawn: "Ich denke wirklich, dass es keinen großen Unterschied gab. Michael und Rubens lagen nach dem zweiten Stopp dicht beieinander."

Frage: "Du hast gesagt, dass es euer Plan gewesen ist, Michael vor DC zu bringen, aber war es auch Michaels Strategie, Rubens den Sieg zu schenken - ist er so hart gefahren, wie er konnte?"
Brawn: "Ich weiß es nicht. Es sah so aus, als sei er sehr hart gefahren, aber es gab ein paar Runden, als er im Verkehr Zeit verlor. Ich denke, dass Michael ziemlich hart gefahren ist."

Frage: "Und nach der Sage von Monza, war er 100-prozentig dabei?"
Brawn: "Ja, das denke ich. Ich bemerkte keine Anzeichen eines Unterschiedes. Er hat das Auto auf die Pole gestellt und wenn wir das Rennen in der Mitte für fünf Runden nicht verloren hätten, hätten wir es gewonnen. Also kann man ihn mit Sicherheit nicht kritisieren."

Frage: "Rubens war jetzt schon in den letzten zwei Rennen dicht am Sieg dran. Ist das im Hinblick auf das kommende Jahr ermutigend?"
Brawn: "Ja. Er ist generell ein viel besserer Rennfahrer als Qualifyer und es ist erneut das Qualifying, in dem er versuchen muss, sich zu verbessern. Es war hier kein so gutes Qualifying, aber er hat erneut im Rennen gezeigt, dass er ein sehr guter Fahrer ist. Er mag es, ein leichteres Auto zu haben, er attackiert auch gerne, also ist er oft mit weniger Sprit unterwegs, weil er das Gefühl hat, dass er im Rennen auf diese Art vorgehen muss. Wenn die Zahlen zeigen, dass sich die Strategien sehr ähnlich sind, dann zieht er es vor, ein solches Rennen zu fahren. Also haben wir ihn dazu ermutigt. Ich denke, dass er gute Arbeit verrichtet. Wir müssen nur in Suzuka gewinnen und David darf keine Punkte holen."

Frage: "Das ist aber ein wenig gewagt und Rubens wird sich wohl nicht mit dem zweiten Platz abfinden - er möchte dort einfach nur gewinnen..."
Brawn: "Ja, es ist etwas gewagt. Aber ich denke, dass Rubens in diesem Jahr einen Rennsieg verdient. Er ist gut genug gefahren, um Rennen zu gewinnen."

Frage: "Ihr und McLaren ward in den letzten drei Jahren dort ziemlich ausgeglichen stark und es scheint logisch zu sein, dass ihr gegenüber Williams und Michelin im Vorteil seid. Stimmst du mir da zu?"
Brawn: "Nun, ich habe das Gefühl, dass wir mit Bridgestone in Suzuka sehr stark sein sollten. Sie kennen die Strecke besser als jeder andere, es wäre also ein wenig eine Enttäuschung, sollten wir nicht dort sein, wo wir uns erwarten. Es ist eine Kombination aus mittleren und schnellen Kurven, mit denen Michelin ein wenig Probleme zu haben scheint, ich habe also das Gefühl, dass es mehr in Richtung von McLaren und Ferrari laufen wird. Aber sie werden nicht weit weg sein."