Rosberg: "Ich glaube an meine Fähigkeiten"
Im Interview mit 'F1Total.com' spricht der vierte Deutsche in der Formel 1 über Medienstress, Vater Keke und seine ehrgeizigen Ziele für 2006
(Motorsport-Total.com) - Nico Rosberg wird die Formel-1-Saison 2006 am 12. März in Bahrain als 20-Jähriger in Angriff nehmen - und hat damit noch ein paar Jahre Zeit, um Fernando Alonso als jüngsten Weltmeister aller Zeiten abzulösen. Zunächst einmal ist er hinter Michael und Ralf Schumacher sowie Nick Heidfeld jedoch nur der vierte Deutsche in der Königsklasse.

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Neben den Schumachers und Heidfeld ist Nico Rosberg der vierte Formel-1-Deutsche
Andererseits ist Rosberg seit Kimi Räikkönen und Felipe Massa der wahrscheinlich viel versprechendste Rookie, der obendrein auch noch ein relativ konkurrenzfähiges Cockpit bei Williams-Cosworth ergattert hat. Zunächst muss sich der amtierende GP2-Champion jedoch an Qualifying-Wunderknabe Mark Webber messen. Vor dem Australier zeigt der Neuling mit dem klingenden Namen jedoch ebenso wenig Respekt wie vor "Schumi" und Co.#w1#
Neuauflage der WM-Kombination von 1982
Puristen ergötzen sich indes an der Kombination Rosberg/Williams/Cosworth, die 1982 mit Vater Keke am Steuer schon einmal zu WM-Ehren gekommen ist. Doch der Name Rosberg ist weniger Hindernis als Hilfe, wie der 20-Jährige im Interview mit 'F1Total.com', welches Anfang der Woche aufgezeichnet wurde, versicherte. Plus: der Mädchenschwarm über neuen Medienstress, Ziele für die Premierensaison sowie das Verhältnis zu Frank Williams und Patrick Head...
Frage: "Nico, du kannst dich im Moment vor Interviews und Fototerminen wahrscheinlich kaum retten. Was hat sich für dich verändert, seit der Williams-Vertrag offiziell ist?"
Nico Rosberg: "Generell die Arbeit mit den Journalisten, die mit Fotos und Interviews und so weiter schon sehr viel mehr geworden ist. Da habe ich in letzter Zeit eine Menge gemacht. Das ist nicht so einfach."
Frage: "Wobei das Medieninteresse bei dir schon vor der Formel 1 ziemlich intensiv war..."
Rosberg: "Das ist ein Vorteil meines Namens, denn weil das Interesse schon vorher relativ groß war, konnte ich mich gut daran gewöhnen. Trotzdem ist es noch mal ein großer Sprung nach vorn."
Frage: "Nimmst du das Training in diesem Winter angesichts der veränderten Umstände ernster als bisher?"
Rosberg: "Ja, auf jeden Fall! Das ist die Chance meines Lebens - die kriegt man nicht so oft, daher muss ich jetzt wirklich alles geben."
Derzeit bis zu fünf Stunden Training pro Tag
Frage: "Kannst du in Stunden festmachen, wie viel du trainierst? Und wie sieht das Training bei dir im Groben aus?"
Rosberg: "Ich habe gelesen, dass Michael Schumacher sechs Stunden am Tag trainiert. So weit bin ich noch nicht ganz, weil ich ja gerade erst in der Aufbauphase bin. Wenn es viel ist, komme ich auf vier bis fünf Stunden am Tag - Ausdauer, spezifisches Training für den Nacken und Kraft für die Arme. Das sind die drei Grundpfeiler."
Frage: "Was den Nacken angeht, arbeiten andere Fahrer zum Teil mit einem speziellen Simulator. Du auch?"
Rosberg: "Ja. Ich habe mir so ein kleines Ding zum Trainieren selber gebaut."
Frage: "Was bedeutet es dir, die Gewissheit zu haben, dass du nächstes Jahr in der Formel 1 fahren wirst? Muss man sich da mal kneifen, um es wirklich zu realisieren?"
Rosberg: "Ja, aber andererseits ging es jetzt schon ziemlich heftig los, sodass ich mich nicht mehr kneifen muss - ich spüre das schon! Ich bin schon richtig drin, war auch bereits ein paar Mal beim Team. Wir diskutieren schon wegen nächstem Jahr. Es geht richtig voran!"
Vater Keke spielte keine Rolle beim Williams-Vertrag

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1982 wurde Rosbergs Vater Keke in einem Williams-Cosworth Formel-1-Weltmeister Zoom
Frage: "Dein Vater hat ja bekanntlich gute Kontakte nach Grove. Welche Rolle spielte er im Hintergrund deines Vertragsabschlusses?"
Rosberg: "Gar keine. Er hat mir beim Aufsetzen des Vertrags geholfen, aber ansonsten ist alles immer vom Team ausgegangen. Sie haben mich Anfang des Jahres angerufen und gesagt, dass sie mich als Testfahrer haben wollen. Sie haben auch mich persönlich angerufen, nicht meinen Vater. Der Rennvertrag ist ebenfalls von Teamseite ausgegangen, und das haben sie dann meinem Vater erzählt."
Frage: "Wie lange weißt du schon, dass du 2006 für Williams fahren wirst? Warst du in Shanghai bereits informiert?"
Rosberg: "Das darf ich nicht sagen."
Frage: "Als dein Vater Formel-1-Weltmeister wurde, warst du noch nicht einmal geboren. Hast du von seinem Leben als Rennfahrer eigentlich etwas mitbekommen?"
Rosberg: "Ja, ich habe die DTM- beziehungsweise ITC-Zeiten mitbekommen. Das waren Hammerzeiten - es war wunderschön, damals auf der Welt zu sein! Damals habe ich auch angefangen, mich für den Motorsport zu begeistern."
Frage: "Muss man sich das so vorstellen, dass du als kleiner Junge im Motorhome gespielt hast, wenn dein Vater Rennen gefahren ist?"
Rosberg: "Ich war meistens zu Hause, denn ich musste ja zur Schule gehen. Daher konnten wir nicht immer mitreisen. Also habe ich fast immer die Rennen im Fernsehen geguckt, aber wenn wir mal dabei waren, war das immer ein besonderes Erlebnis."
Rosberg jun. wünscht sich ein Eisrennen gegen seinen Vater
Frage: "Bist du schon mal ein Rennen gegen deinen Vater gefahren - und wenn ja: Wer hat gewonnen?"
Rosberg: "Im Gokart mal, aber da war ich sehr enttäuscht von seiner Leistung (lacht)! Ich möchte gegen ihn diesen Winter sehr gern im Eisstreckenfahren antreten. Letztes Jahr habe ich das alleine das erste Mal gemacht - und gemerkt, dass ich da richtig gut unterwegs bin. Deswegen möchte ich mal Eisrennen fahren mit ihm. Er macht das jeden Winter als Rallye, und jetzt möchte ich gegen ihn antreten. Später geht es ja nicht mehr, weil er langsam zu alt wird..."
Frage: "Antonio Pizzonia hat sich geringschätzig geäußert, was deine Testzeiten im Vergleich zu seinen angeht. Du weißt ja, wie deine Daten wirklich waren. Willst du dazu etwas sagen?"
Rosberg: "Er hat das gute Recht, das zu sagen, was er will. Das ist nicht mein Problem. Ich weiß nur: Wenn man die Zeiten vom letzten Test in Silverstone vergleicht, dann wird man ganz deutlich sehen, wer von uns schneller war. Was soll ich dazu groß sagen?"
Frage: "Als bekannter deutscher Name hättest du optimal ins Marketingkonzept des neuen Werksteams von BMW gepasst. Außerdem kommst du aus der Formel BMW. Warum hast du dich gegen die Variante BMW entschieden - beziehungsweise wer hat sich dagegen entschieden?"
Rosberg: "Es war manchmal schon ein bisschen ein Thema, aber wir haben entschieden, dass Williams einfach das Beste ist für mich. Ich kenne bei Williams das Team sehr gut und sie respektieren mich als Fahrer. Das Team hört mir immer zu und ich kenne dort viele Leute. Ich fühle mich jedenfalls echt wohl - und glaube, dass sie schon sehr bald an die Spitze zurückkommen werden. Deswegen war es sicherlich die richtige Entscheidung so."
Gutes Verhältnis zu Frank Williams und Patrick Head

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Bei den Testfahrten in dieser Saison löste Nico Rosberg sein Formel-1-Ticket Zoom
Frage: "Du hast momentan zwar mehr mit Sam Michael und den Ingenieuren zu tun, aber Frank Williams und Patrick Head gelten als relativ schwierig, was den Umgang mit ihren Fahrern angeht. Wie kommst du denn mit ihnen klar?"
Rosberg: "Sehr gut im Moment. Mit Frank sogar extrem gut - wir haben ein paar Mal miteinander gesprochen, und wir verstehen uns blendend, denke ich. Das ist mit ihm aber auch nicht so schwierig, solange man nur Gas gibt! Zu Patrick habe ich ein bisschen weniger Kontakt, aber auch mit ihm komme ich gut aus."
Frage: "Hilft es im Alltag mit den beiden, dass dein Vater schon für sie gefahren ist und dir Tipps geben kann, wie man mit ihnen umgehen muss?"
Rosberg: "Ja, auf jeden Fall! Das ist zwar schon eine Weile her, aber er kann mir immer wieder sagen, worauf ich achten muss. Das hilft bestimmt."
Rosberg wünscht sich gute Resultate und Fortschritte
Frage: "Mit welchem Resultat wärst du nächstes Jahr zufrieden - oder möchtest du das lieber nicht in Zahlen festmachen?"
Rosberg: "Mit einem guten! Was das ist, hängt ja auch sehr vom Auto ab. Ich wünsche mir ein gutes erstes Jahr mit ein paar super Resultaten. Außerdem möchte ich gute Fortschritte machen."
Frage: "Deine Messlatte muss in erster Linie Mark Webber sein, der als sehr schneller Mann gilt. Wäre dir ein langsamerer Teamkollege lieber gewesen?"
Rosberg: "Nein. Ich glaube an meine Fähigkeiten, also habe ich keine Probleme damit, dass er ein schneller Mann ist. Es ist natürlich eine Herausforderung, aber ich mag Herausforderungen. Speziell auf eine Runde ist er einer der schnellsten Fahrer der Formel 1, was er dieses Jahr gezeigt hat. Insofern wird es nicht einfach, ihn zu schlagen, aber ich werde alles geben. Mal sehen, was dabei herauskommt."
Frage: "Du hast vorhin schon erwähnt, dass das Journalistenaufkommen jetzt natürlich höher ist als früher. Es hat dieses Jahr um Kimi Räikkönen einige Alkoholgeschichten gegeben. Passt man da in deiner Situation jetzt besonders gut auf?"
Rosberg: "Da muss ich nicht aufpassen, denn so etwas mache ich nicht!"

