Rosberg: "Das erste Podium wäre schön"

Nico Rosberg im exklusiven Interview über die bisherigen Tests mit dem FW30, seine Saisonziele, das Verhältnis zu Vater Keke und vieles mehr

(Motorsport-Total.com) - Als WM-Neunter war Nico Rosberg 2007 hinter Nick Heidfeld zweitbester Deutscher in der Formel 1, aber langfristig interessiert ihn nur eines: Weltmeister werden! 2008 wird es wohl noch nicht so weit sein, aber ungeachtet dessen hat Williams mit dem neuen FW30 in Valencia einen sehr ermutigenden Testauftakt hingelegt.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg

Nico Rosberg gilt als viel versprechendster deutscher Formel-1-Fahrer

Darüber sprach der 22-Jährige nun im Interview mit 'Motorsport-Total.com' - aber nicht nur: Warum er Kazuki Nakajima genauso im Griff haben wird wie Alexander Wurz, welchen Wert Geld für ihn hat und was es damit auf sich hat, dass sein Vater Keke nicht mehr so omnipräsent ist wie früher, kann im Folgenden nachgelesen werden. Plus: Rosberg geht mit einem sehr konkreten Ziel in die kommende Saison - er will zumindest einmal auf dem Podium stehen...#w1#

Optische Details unter der Haube

Frage: "Nico, du hast den Williams-Toyota FW30 schon gesehen und auch getestet. Wie gefällt er dir denn rein optisch, ein schönes Auto?"
Rosberg: "Rein optisch finde ich ihn schön, ja - besonders wenn man unter die Haube guckt! Da kommen schon ein paar schöne Details zum Vorschein, das wirkt alles sehr sauber."

Frage: "Die erste Testwoche in Valencia war sehr viel versprechend, das Auto war immer in den Top 5. Und im vollen Qualifyingtrimm seid ihr ja nicht unterwegs gewesen, oder?"
Rosberg: "Nein, das stimmt."

Frage: "Wie schätzt du dann in diesem Kontext ein, wie es bisher gelaufen ist?"
Rosberg: "Ich glaube, es war sehr positiv. Generell sind wir in einer ähnlichen Position wie letztes Jahr beim ersten Rollout mit dem Auto, im Bereich von Renault und BMW. Das war schon mal ein positiver Anfang, aber jetzt müssen wir im Februar schauen, das beste Einstellungsfenster hinzukriegen, damit wir die bestmögliche Performance aus dem Auto herausholen können."

"Das war schon mal ein positiver Anfang." Nico Rosberg

Frage: "Gibt es irgendwelche Großbaustellen von der Zuverlässigkeit her? Die Kühlung ist da ja oft ein Klassiker in dieser Phase..."
Rosberg: "Nein. Ich glaube, die haben dieses Jahr echt einen guten Job gemacht - es sind kaum Probleme vorhanden. Wir hatten beim allerersten Test ein Bremsproblem, wodurch das Auto sehr schwierig zu fahren war, aber das ist auch gelöst, denn das war nur ein mechanisches Bauteil, das ausgewechselt werden musste. Das war aber auch schon das größte Problem bisher."

Frage: "Man muss bei den Testfahrten wegen des Gewichts immer vorsichtig sein, aber es sieht momentan so aus, als seien Ferrari und McLaren-Mercedes voran - und dann kommt eine ganze Gruppe. Wo siehst du euch da innerhalb dieser Gruppe?"
Rosberg: "Das ist jetzt Quatsch, da was rauszuziehen, denn wir haben gerade mal ein paar Tage getestet. Da muss man erst einmal den richtigen Weg finden. Es wäre unsinnig, da zu viel hineinzulesen. Man muss noch ein bisschen abwarten."

Rosberg auch technisch gereift

Frage: "Du hast einen neuen Teamkollegen, Kazuki Nakajima statt Alexander Wurz. Zu Wurz hattest du ein sehr gutes Verhältnis. Kann man es provokant so sagen: Wurz hat dem Team mit seiner Erfahrung mehr gebracht, aber Nakajima ist schneller?"
Rosberg: "Das ist natürlich der Fall, aber ich bin im technischen Bereich schon eine gute Stärke im Team, weil ich da sehr viel dazugelernt habe. Das ist eine meiner Stärken mittlerweile, wo ich dem Team viel weiterhelfen kann - und das wird auch ganz klar von mir verlangt. Kazuki ist von der Erfahrung her natürlich kein positiver Punkt, aber dafür ist er schnell. Das ist das, was für Punkte und Resultate letztendlich auch zählt."

Frage: "Glaubst du, dass du ihn trotzdem im Griff haben wirst?"
Rosberg: "Generell auf jeden Fall, aber natürlich kann er das eine oder andere Mal sehr nahe rankommen, denn vom Talent her ist er sehr schnell."

"Natürlich kann Kazuki das eine oder andere Mal sehr nahe rankommen." Nico Rosberg

Frage: "Bevor die Entscheidung über den zweiten Fahrer gefallen ist, hat dein Vater Keke gesagt, dass er als Teamchef mit Alexander Wurz statt Kazuki Nakajima weitergemacht hätte. Hättest du das auch besser gefunden?"
Rosberg: "Ja, aber leider hatte Alex eine Schwäche, denn im Qualifying hat es bei ihm einfach nicht hingehauen. Das war einfach zu schwach, um ihn zu behalten. Wenn er diese Schwäche im Qualifying wegbekommen hätte, dann wäre er natürlich der ideale Teamkollege bei Williams gewesen, aber die Schwäche war einfach zu groß. Nach solchen Qualifyings kommen halt selten Punkte dabei raus."

Frage: "Ihr habt auch einen neuen Testfahrer, Nico Hülkenberg, auch ein großes Talent mit wenig Erfahrung. Beim Testen hat er sich auch schon ein paar Mal gedreht. Wäre es da nicht klüger gewesen, einen erfahrenen Mann reinzusetzen?"
Rosberg: "Es waren ja nicht wirklich viele Kandidaten auf dem Markt. Wer wäre da eine Option gewesen?"

Frage: "Theoretisch hätte man mit Alexander Wurz sprechen können, bei Honda macht er jetzt ja auch weiter..."
Rosberg: "Kann ich nicht sagen. Aber es ist für die Zukunft des Teams auch wichtig, gute Fahrer aufzubauen, denn Frank (Williams; Anm. d. Red.) kann es sich nicht leisten, die besten Fahrer zu kaufen, also muss er sie selbst aufbauen - wie er es mit mir ja auch gemacht hat."

Frage: "Gutes Stichwort: Du hast deinen Vertrag bis Ende 2009 verlängert, was so früh viele überrascht hat. Was war deine Motivation, jetzt schon zu unterschreiben?"
Rosberg: "Erstens wollte mich Frank nie verkaufen, was beweist, dass sie daran glauben, mit mir nach vorne kommen zu können. Ich fühle mich sehr wohl im Team - und ich glaube, dass wir zusammen stark werden können. Das ist alles."

Mehr Geld mit neuem Vertrag

Frage: "Du wirst natürlich keine Zahlen nennen, aber ich gehe davon aus, dass du auch ein bisschen mehr Geld verdienst jetzt..."
Rosberg: "Ja, natürlich."

Frage: "Wie wichtig ist Geld für dich? Du fährst im dritten Jahr Formel 1, ein bisschen was wird schon zusammengekommen sein. Hast du dir schon mal einen Luxus geleistet abseits vom Motorhome, das du dir für die Europarennen gekauft hast?"
Rosberg: "Nein, ich bin da eher sparsam. Materielle Dinge habe ich mir noch kaum zugelegt. Wohnwagen, Auto - das war's."

Nico Rosberg

Nico Rosberg bei seinem ersten Test mit dem neuen FW30 in Valencia Zoom

Frage: "Kommen wir noch mal zum Vertrag zurück: Frank Williams hat nie überlegt, dich aus deinem Vertrag zu entlassen, aber hat es eine Kontaktaufnahme seitens McLaren-Mercedes gegeben, als du als Nachfolger von Fernando Alonso gehandelt wurdest? Im Nachhinein kannst du ja darüber sprechen..."
Rosberg: "Dazu möchte ich nichts sagen. Das ist gegessen. Aber wenn ich auf dem Markt gewesen wäre, wäre ich für McLaren - und McLaren für mich - sicher eine interessante Wahl gewesen."

Frage: "Dein Vater war 2007 nicht bei allzu vielen Rennen. Hat das einen bestimmten Grund?"
Rosberg: "Er war bei allen europäischen Rennen dabei, aber es ist abgesprochen zwischen uns, dass er sich ein bisschen mehr zurückzieht. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür, dass ich selber mehr machen kann, mehr Verantwortung übernehmen kann, und das macht mir auch Spaß. Es ist auch nicht schlecht, mal ein bisschen Abstand zu haben."

Frage: "Bleibt er dein Manager?"
Rosberg: "Wir haben entschieden, dass jetzt ein guter Zeitpunkt ist, dass er sich zurückzieht. Er ist nicht mehr mein Manager. Ich mache das jetzt gemeinsam mit meinem Assistenten Jukka Mildh selbst."

Verhältnis zu den Eltern verändert sich

Frage: "Du bist ja vor einem Jahr bei deinen Eltern in Monaco ausgezogen. Hat sich durch die eigene Wohnung das Verhältnis zu deinen Eltern geändert?"
Rosberg: "Natürlich verändert sich das Verhältnis zu den Eltern ein bisschen. Wenn man auszieht, sieht man sich noch weniger als sonst eh schon, fast gar nicht mehr. Das ist schon ein bisschen anders. Das ist aber normal, glaube ich."

Frage: "Siehst du diese Abnabelung positiv oder ist da auch ein wenig Melancholie dabei? Schließlich hast du einen Großteil deines Weges gemeinsam mit deinem Vater bestritten."
Rosberg: "Das ist schon positiv, ich möchte das auch. Ich will auf meinen eigenen Füßen stehen, denn mein Vater ist ja auch nicht immer da, um mir weiterzuhelfen. Das muss ich irgendwann schon selber hinkriegen."

"Mein Vater ist ja auch nicht immer da, um mir weiterzuhelfen." Nico Rosberg

Frage: "Zum Abschluss möchte ich dich noch fragen, was dein Saisonziel ist. Ein paar Podestplätze wären wahrscheinlich nicht schlecht, oder?"
Rosberg: "Das erste Podium wäre schön, aber das ist schon ein hohes Ziel. Ansonsten wollen wir noch ein Team mehr schlagen als 2007, BMW oder Renault. Dann wären wir Vierter in der Konstrukteurs-WM und ich ein wenig höher in der Fahrer-WM. Das ist das Ziel."

Frage: "Siehst du vorne wieder einen Zweikampf zwischen Ferrari und McLaren-Mercedes?"
Rosberg: "Ja, auf jeden Fall. Die werden das unter sich ausmachen, aber dahinter wird es eng. Ich hoffe, dass wir da stark mitmischen können. BMW hatte mit dem neuen Auto keinen so tollen Start - da haben wir die Hoffnung, dass wir sie überholen können. Ich will ja keine Schadenfreude haben, aber für uns wäre es natürlich positiv, wenn wir da aufschließen könnten."