• 14.06.2003 11:08

Ron Dennis: "Ohne Stabilität kein 'Fighting Fund'"

McLaren-Teamchef Ron Dennis wehrt sich gegen die Vorwürfe von Paul Stoddart, dass er den kleinen Teams nicht helfen möchte

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Minardi-Teamchef Paul Stoddart hat eine Pressemeldung herausgegeben, in der er nachhaltig die Einführung des 'Fighting Fund' für kleinere Teams fordert und ankündigt, dass er die Unterstützung für die Regeln des nächsten Jahres zurückzieht, wenn dieser Hilfsfond nicht entstehen und die Hersteller keine preiswerten Kundenmotoren anbieten sollten. Wie ist deine Position in dieser Sache?"
Ron Dennis: "Ich bin, ehrlich gesagt, von der Position von Paul enttäuscht. Ich habe wahrscheinlich mehr als jeder andere getan, um ihm zu helfen. Er bezog sich in seinem Statement darauf, dass ich die grundlegende Idee des 'Fighting Fund' einbrachte. Das ist wahr. Er hat einen Absatz eines Briefes verlesen, in dem dies stand. Auch das ist wahr, absolut, aber es wird nicht in Betracht gezogen, dass wir nicht die technische Stabilität für diesen Schritt besitzen. Er erwähnte auch nicht, dass Bernie Ecclestone die diskutierte Summe verdoppelten müsste, damit der 'Fighting Fund' eingeführt werden kann. Ich kann mich nur den Worten von Frank Williams anschließen: Dies ist nicht der richtige Schauplatz, um Lösungen für solche Probleme zu finden. Ich verstehe Paul, und ich empfinde Sympathie für ihn, aber seine Darstellung berücksichtigt nicht die komplexen Rahmenbedingungen, die beim Treffen am 15. Januar besprochen wurden. Dies war ein Treffen, dem ein kompliziertes Meeting mit der FIA vorausging, die viele Dinge änderte und uns große Kosten verursachte. Nach diesem Meeting haben wir mit der FIA eine gute Grundlage gefunden, eine Balance für die Zukunft der Formel 1 auszuarbeiten. Aber das ging nicht ohne Kosten, hohe Kosten. Aber dies ist der falsche Ort, um über solche Probleme zu sprechen, damit geraten Momente in Vergessenheit, in denen Frank und ich eingesprungen sind und geholfen haben. Ich möchte keine Details kennen. Paul weiß wovon ich rede. Ich werde nun attackiert, aber ich verstehe seine Haltung. Aber als jemand dargestellt zu werden, der keine Sympathie oder Unterstützung für die kleinen Teams übrig hat, ist einfach falsch. Ich gehe mit jedem hart ins Gericht, der sagt, dass ich mein Wort nicht halte, das ist grundlos und falsch. Ich hoffe nur Paul versteht, dass dies hier nicht zu einem verbalen Schlagaustausch führen sollte."

Titel-Bild zur News: Ron Dennis

Ron Dennis: "Wir besitzen nicht die technische Stabilität für diesen Schritt"

Die Formel 1 ist kein Wohlfahrtsverein

Frage: "Wie passen Menschenliebe und die Formel 1 zusammen? Was das Ziel einer unglaublichen starken Serie, wenn man den Gegnern hilft?"
Dennis: "Man könnte hier durch die Körpersprache den Eindruck gewinnen, dass die Formel 1 sich auf einem absteigenden Ast befindet. Ich persönlich glaube nicht daran. Wir haben in den letzten drei Monaten gesehen, dass sich die Gewinnung von neuen Sponsoren normalisiert hat. Wir selbst haben mir einigen neuen Sponsoren Gespräche, wir haben einige Verträge verlängert, und in den meisten Fällen bekommen wir dadurch mehr Geld. Die Einschaltquoten im Fernsehen sind nicht so toll wie früher, aber gegenüber anderen Sportarten stehen wir sehr gut da. Der Sport ist insgesamt am Boden, das Fernsehen auch, und mit Bernie haben wir neue Märkte mit Mittleren Osten und China gewonnen. Wir wissen, dass sich unsere Situation wieder erholen wird. Jedes Rennen schauen 388 Millionen Menschen. Die Demografie der Zuschauer ist besonders, denn wir bringen am Sonntag die ganze Familie vor den Fernseher. Große Marken kamen und gingen in der Formel 1: Brabham, Lotus und viele andere. Es ist ein unvermeidliches Auf und Ab, weil, wie Paul anmerkte, am Ende des Feldes ist es schwierig. Ein Almosen hat mir jedoch niemand gegeben. Aus einer bescheidenen Position heraus bin ich nun verantwortlich für ein konkurrenzfähiges Team. Auf diesem Weg kann ich mich an niemanden erinnern, der mir ein Almosen gab. Aber viel wichtiger ist, ich habe nie danach gefragt. Es ist ein harter Sport. Wenn man die Hitze nicht erträgt, dann muss man die Küche verlassen. Ich verstehe den Standpunkt von Paul, aber mit seinen Aktionen beschädigt er die von mir geliebte Formel 1. Ich bin daher nicht erfreut über das, was er sagte. Noch weniger erfreut bin ich darüber, dass er einige, inklusive meiner Person, bezichtigt, dass wir nicht Wort halten würden, was einfach nicht wahr ist. Die Formel 1 hat für jeden einen Platz, aber wir haben dennoch keine Wohlfahrtsküche."

Stabilität die Vorraussetzung des 'Fighting Fund'

Frage: "Du warst der Initiator des 'Fighting Fund'. Kannst du uns erklären, warum er bis jetzt noch nicht Realität ist? Wenn man etwas anregt, so glaubt man doch, dass es auch geschehen wird. Warum nicht auch in diesem Fall?"
Dennis: "Jeder in der Formel 1 möchte Stabilität. Um das zu erreichen müssen alle am selben Strick ziehen. Ich wollte mit dem 'Fighting Fund' in diesem und im nächsten Jahr für Stabilität sorgen. Nur so kann man mit einem Grand-Prix-Team Pläne machen. Wenn etwas auf der sportlichen oder der technischen Seite passiert, dann verursacht das wieder neue Kosten ? das war mein Antrieb. Natürlich auch, dass genügend Autos im Starterfeld verbleiben. Bei den Treffen der Teamchefs wurden viele Ideen diskutiert, die von verschiedenen Leuten eingebracht wurden. Bernie hat oft Teams unterstützt, damit sie durch eine schwierige Zeit kommen. In der Öffentlichkeit wird dies kaum beachtet, es ist nun einmal so im Grand-Prix-Sport. Paul hat einen Absatz verlesen, darin wird klar, dass eine Stabilität der Regeln eine Triebfeder beim Aufbau des Funds war. Wir hatten aber keine stabilen Regeln, dafür aber hohe Kosten, alle von uns. In Zukunft werden wir noch mehr Kosten tragen müssen. Wenn man nicht weiß, wo man finanziell steht, wie soll man dann Geld an eine Person oder ein Team geben? Beim Geschäft geht es doch darum, dass man Einnahmen und Ausgaben abwägt. Wenn man aber seine Ausgaben nicht kontrollieren kann, dann muss man sicherstellen, dass man einige Reserven hat. Es ist eine ökonomische Angelegenheit, und dieser Ort ist für solche Diskussionen völlig ungeeignet."

Frage: "Du hast einmal gesagt, dass die Formel 1 ein Geschäft sei. Und nur in der Zeit des Rennens sei sie sportlich..."
Dennis: "Ja, natürlich ist das der Fall, aber dies ist nicht der passende Ort, um die kommerziellen Belange der Formel 1 zu diskutieren. Ich hege für jeden Sympathie, der in Not geraten ist. Ich versuche das Leben für einige Leute einfacher zu machen, aber ich muss das nicht mit der ganzen Welt teilen. Es sind schwere Zeiten ? für alle von uns."

Frage: "Minardi ist als Team sehr beliebt, denn sie sind der Underdog. Jeder liebt Underdogs, egal ob sie gut oder schlecht sind. Wäre es nicht allein deswegen gut, wenn Minardi in der Formel 1 verbleibt?"
Dennis: "Absolut, ja."

Über Nacht werden keine Probleme gelöst

Frage: "Ihr seit Partner im gleichen Geschäft. Die zehn Teams versuchen doch als Partner den Sport aufzubauen."
Dennis: "Es ist ja bekannt, dass die Teams, zusammen mit der SLEC, Bernie und den Herstellern, hart daran arbeitet, um eine langfristige finanzielle und sportliche Stabilität zu gewährleisten. Das benötigt viel Zeit und viel Aufwand von einigen Leuten. Wenn wir unser Ziel erreichen, dann ist die finanzielle Stabilität der Teams, nicht nur der kleinen, wesentlich besser. Die Situation bei Minardi ist ja nicht über Nacht entstanden, und sie wird auch nicht über Nacht gelöst werden, auch nicht in diesem Raum."

Frage: "Ist der 'Fighting Fund' nun komplett auf Eis gelegt?"
Dennis: "Ich habe versucht etwas einzuführen und es schlug fehl. Wenn mich das als schlechten Kerl hinstellt, dann sei es eben so, aber ich habe es begonnen mit dem Grundsatz, dass stabile Regeln herrschen müssen. Diese haben wir aber nicht. Was jetzt passiert schadet der Komplexität der Situation und der Formel 1. Aber ich werde hier nicht ins Detail gehen. Wenn ich an den Pranger gestellt werde, weil ich jemandem helfen wollte, dann bitte, aber ich werde dann meine Position für die Zukunft anpassen."

Frage: "Nur um es klarzustellen. Ist der 'Fighting Fund' ist gescheitert, weil McLaren, Williams und Ferrari ihre Unterstützung zurückgezogen haben? Sieht das nicht so aus, als ob die großen Teams das kleine treten?"
Dennis: "Diese Einschätzung ist falsch. Ich werde sie hier nicht korrigieren, aber sie ist falsch."

Frage: "Du begrüßt den 'Fighting Fund' also weiterhin?"
Dennis: "Deine Ansicht der Situation ist komplett falsch. Wenn man etwas zurückblickt, dann wurde der 'Fighting Fund' auf der Basis angedacht, dass einige Dinge sich entwickeln müssen. Es gab einen Geldbetrag, darüber gab es eine Auseinandersetzung. Ziel war es, diesen Streit zu beenden, indem man die Regeln klarer fasste. Dieses Geld sollte, verdoppelt von Bernie, im Falle einer technischen Stabilität, in diesem und im nächsten Jahr, zwischen den beiden Teams (Minardi und Jordan; Anm. d. Red.) aufgeteilt werden. Aber einige Kriterien wurden nicht erfüllt. Dann begannen die Diskussionen, daraufhin sah Paul es als Versprechen an. Ein paar Stunden nach dem Treffen verabschiedete die FIA umfangreiche Änderungen. Und ob Bernie nun das Geld verdoppelt hätte oder nicht, es war kein fertiges Abkommen."

Unklarheit über die Arrows-Gelder

Frage: "Für die Aufteilung der TV-Gelder von Arrows besitzt Paul Stoddart jedoch bereits die Unterschriften von sechs Teams. Nur die von McLaren, Williams und Ferrari fehlen."
Dennis: "Minardi fordert in einem Dokument 16 Millionen US-Dollar ein, in Wahrheit sind es jedoch nur acht Millionen. Ich würde gerne wissen, woher die anderen acht Millionen kommen. Die Antwort ist die angedachte Verdopplung durch Bernie. Dieses Dokument ist nur ein Entwurf, es besitzt keine Relevanz. Drei Teams unterzeichneten dieses Papier nicht, weil wir nicht wissen, woher diese 16 Millionen Dollar kommen."

Frage: "Wenn Geld da ist, wäre es nicht das Beste, es den kleinen Teams zu geben? Sind wir hier zu dumm, dass wir das nicht verstehen? Kannst du es etwas näher erläutern?"
Dennis: "Ich werde das hier nicht diskutieren. Ich wurde hier hineingezogen, was ich tief bedaure, aber ich werde weder mein Geschäft, noch ein anderes Formel-1-Geschäft an diesem unpassenden Ort diskutieren."

Frage: "Die Führungsriege von Ferrari bleibt nun bis Ende 2006 erhalten. Was denkst du über diese Kombination in den nächsten drei Jahren?"
Dennis: "Wir lieben die Herausforderung, es ist großartig, dass alle bleiben. Warum auch nicht? Wenn du die Weltmeisterschaft gewinnen willst, warum nicht in einem starken Wettbewerb? Das ist die Formel 1. Wenn sie nicht da wären, und man würde die Weltmeisterschaft gewinnen, dann würde jeder sagen: 'Ja, aber wenn Ferrari dabei gewesen wäre...' Es ist großartig, dass Michael in der Formel 1 bleibt, es ist großartig, dass sie zusammenbleiben, und ich hoffe, dass wir das Team sind, welches sie schlagen wird ? und sie werden besiegt werden."