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  • 29.05.2011 11:31

  • von Stefan Ziegler & Dieter Rencken

Rennstrategie in Monaco: Ein oder zwei Stopps?

Fahrer und Teams stehen beim Grand Prix in Monaco vor einigen Fragezeichen: Wie lange halten die Reifen und helfen die Neuerungen beim Überholen?

(Motorsport-Total.com) - Der Große Preis von Monaco zählt zu den Höhepunkten im Kalender der Formel 1, doch Überholen konnte man in den engen Straßen des Fürstentums noch nie besonders gut. In diesem Jahr stehen den Fahrern in KERS und im verstellbaren Heckflügel jedoch gleich zwei Hilfsmittel zur Verfügung, die Zweikämpfe zulassen könnten. Auch die Reifen spielen möglicherweise eine entscheidende Rolle.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Hinterherfahren ja, überholen nein? Die Zusatzsysteme helfen wohl nur bedingt

Dürfen sich die Fans also auf ein Rennen einstellen, in dem die Positionen munter getauscht werden? Die unmittelbar Beteiligten haben daran so ihre Zweifel. Nick Heidfeld (Renault), der von Platz 16 aus einige Konkurrenten einholen muss, um noch in die Punkte zu fahren, steht eine schwierige Aufgabe ins Haus. Hier in Monaco sei diesbezüglich "nicht so viel" möglich wie auf anderen Rennstrecken.

"Zumindest in Bezug auf das Überholen", meint der Deutsche. "Das wird hier mit dem verstellbaren Heckflügel 0,0 Prozent besser werden. Wenn es Überholmanöver gibt, dann liegt das vermutlich an den Reifen oder dass jemand einen Fehler macht. Vielleicht wird KERS eine kleine Hilfe sein. Möglicherweise kann man es taktisch einsetzen, wo es der andere nicht erwartet", sagt Heidfeld.

"Ansonsten ist es wie immer in Monaco: Es kommen vielleicht nicht alle an und es kann Safety-Car-Phasen geben. Man muss durchkommen, ein bisschen Grip haben und dann mal schauen", gibt der Renault-Fahrer zu Protokoll. Sebastian Vettel (Red Bull) hat indes ein ganz anderes Rennen vor sich, denn der WM-Spitzenreiter nimmt die Hatz im Fürstentum aus der Pole-Position aus in Angriff.

Überholen in Monaco: Es bleibt schwierig

Auch der Titelverteidiger ist jedoch davon überzeugt: "Die Reifen und die Strategie werden eine wichtige Rolle spielen. Es wird hier wieder ein bisschen gewürfelt. Lassen wir uns überraschen. Wir dürften aber gute Karten haben", hält Vettel fest. "Sicher ist nur: Überholen ist nicht einfach." Vor allem der verstellbare Heckflügel bringe in Monte Carlo nicht so viel wie auf anderen Rennkursen.

"Dort war Überholen ziemlich einfach und möglich, weil du auf einer anderen Reifenmischung fuhrst und der verstellbare Heckflügel eine Hilfe war. Hier dürfte der Effekt dieses Systems aber recht gering ausfallen", meint der Deutsche. "Die Überholzone ist ja gerade einmal halb so lang wie auf anderen Strecken." Möglicherweise spielen deshalb die Reifen die Hauptrolle auf dem Circuit de Monaco.

"Hier dürfte der Effekt dieses Systems recht gering ausfallen." Sebastian Vettel

"Wenn deine Reifen nachlassen oder du einen Vordermann hast, dessen Pneus in die Knie gehen, wird es schwierig, ein Manöver zu setzen. Das sahen wir schon", erläutert Vettel und merkt an: "Ich kann mich noch gut an das Rennen vor zwei Jahren erinnern, als meine Hinterreifen hinüber waren, ich aber trotzdem vorne bleiben konnte. Ich war bis zu fünf Sekunden langsamer und ohne Chance."¿pbvin|512|3728||0|1pb¿

Der Heckflügel ist keine große Hilfe...

"Schauen wir einmal. Am Sonntag werden wir eine Antwort auf diese Fragen erhalten", sagt Vettel. Fernando Alonso (Ferrari) sieht allerdings schon jetzt schwarz, was Positionswechsel angeht. Für den spanischen Rennfahrer macht der verstellbare Heckflügel in Monte Carlo keinen Unterschied. "Ich sehe keine klare Stelle auf dieser Rennbahn, wo man überholen könnte", gibt Alonso zu Protokoll.

"Am Sonntag können wir den Heckflügel nur auf der Zielgeraden aktivieren. Diese ist aber nicht lange genug, um wirklich überholen zu können. Die Strecke ist dort auch nicht breit genug", erklärt der zweimalige Weltmeister und fügt hinzu: "Wir Fahrer gaben das schon vorab zu bedenken. Es wollte jedoch niemand zuhören." Ein offenes Ohr ist seitens der Piloten im Rennen jedenfalls gefragt.

"Wir Fahrer gaben das schon vorab zu bedenken. Es wollte jedoch niemand zuhören." Fernando Alonso

Aufgrund der unklaren Reifensituation - hier in Monaco stehen die Mischungen superweich und weich zur Verfügung - könnten die Teams die Strategie kurzfristig anpassen. Einen genauen Monte-Carlo-Fahrplan gibt es jedenfalls nicht. "Es könnte drei oder vier Boxenstopps geben", meint Jenson Button (McLaren). "Das dürfte interessant werden. Es wird aber schwierig, dabei alles richtig zu machen."

Ist der Reifenverschleiß nicht gar so groß?

Laut Mercedes-Teamchef Ross Brawn liegt dies nicht zuletzt daran, dass niemand die genauen Verhältnisse des Renntags erahnen könne. "Es ist immer knifflig, die Reaktion des Reifens auf eine bestimmte Oberfläche abzuschätzen - und die Oberfläche wird am Sonntag wieder anders sein", erläutert der Brite. "Ich glaube, wir werden viel weniger Stopps als in den letzten Rennen sehen."

"Irgendwie ist das schade, denn hoher Verschleiß hätte viel Action im Rennen bedeutet", meint Brawn. Die beiden Pneuvarianten von Pirelli schlugen sich in den Trainings jedoch deutlich besser als erwartet. "Durch die Konstanz der Reifen wird der Unterschied zwischen sehr alten und neuen Reifen nicht so dramatisch sein. Gerade das hat aber zu vielen Überholmanövern geführt", sagt Brawn.

"Irgendwie ist das schade, denn hoher Verschleiß hätte viel Action im Rennen bedeutet." Ross Brawn

"Vielleicht werde ich am Sonntag widerlegt, aber ich glaube, das Reifensparen wird sich weniger auswirken als auf anderen Strecken", hält der Mercedes-Teamchef fest. Dies könnte die Teams zu einer "klassischen" Monaco-Taktik veranlassen: ein Boxenstopp. Sam Michael, Technischer Direktor bei Williams, kann sich gut vorstellen, dass eine solche Strategie den gewünschten Erfolg bringt.


Fotos: Großer Preis von Monaco


Zwei Stopps sind die schnellste Variante

Die Mehrheit der Piloten werde wohl "ein oder zwei Stopps" anstreben, sagt der Australier. "Rein vom Verschleiß her ist ein Stopp auf jeden Fall möglich, aber ob die Performance der Reifen dann auch lange genug hält, weiß ich nicht. Ich glaube, das liegt daran, dass es hier keine schnellen Kurven gibt", erklärt Michael und stellt klar: "Zwei Stopps sind im Rennen grundsätzlich schneller."

"Wenn du aber an die Box gehst und dann im Verkehr wieder herauskommst, musst du vielleicht auf einen Stopp umstellen", meint der Williams-Technikchef. Man dürfe gespannt sein. Auch, weil die Autos zu Rennbeginn besonders schwierig zu fahren seien - und das auf dem engen Monaco-Kurs, wo Fehler absolut tabu sind. "Mit vollen Tanks wird eben alles langsamer", bestätigt Michael.

"Wenn du an die Box gehst und dann im Verkehr wieder herauskommst, musst du vielleicht auf einen Stopp umstellen." Sam Michael

"Du bremst früher, das Auto ist träger. Dadurch wird das Fahren einfacher. Nick Heidfeld hat mir kürzlich allerdings gesagt, dass es jetzt viel weniger anstrengend ist, weil die Autos so langsam sind", berichtet der Australier. Was das für das Rennen bedeutet, weiß Michael nicht zu sagen. Am besten bringt es vermutlich Titelfavorit Vettel auf den Punkt: "Monaco ist halt ein großes Casino..."