Renault: Zwischen Viry und Enstone gibt es keinen Krieg

Renault stellt sich für die kommenden Jahre in der Formel 1 breit auf, 2018 sollen die ersten Podestplätze folgen - Hülkenberg "passt perfekt" ins "junge, hungrige" Team

(Motorsport-Total.com) - Das Renault-Team konnte 2016 kaum überzeugen. Kevin Magnussen und Jolyon Palmer holten in 21 Rennen insgesamt nur acht Zähler, womit man auf dem neunten Rang knapp vor Sauber und Manor in der Konstrukteurs-WM lag. Im ersten Jahr des Comebacks hat man sich aber nicht viel mehr erhofft, denn durch die rasche Übernahme von Lotus vor Saisonbeginn blieb keine Zeit, um einen konkurrenzfähigen Boliden zu entwickeln. Trotz des mageren Debüts glaubt Renault-Sportchef Cyril Abiteboul fest an seine Truppe.

Titel-Bild zur News: Kevin Magnussen

Renault hat 2018 die ersten Podestplätze im Visier, 2020 den WM-Titel Zoom

"Erstens kam die Frustration von der fehlenden Leistung. Wir alle sind Wettkämpfer und Racer und stehen unter großem Druck, immer abliefern zu müssen. Das erzeugt Spannung. Zweitens ist es keinem Team gelungen, sofort ihre exakte Struktur zu finden", kommentiert der Franzose die Gerüchte, wonach es interne Grabenkämpfe zwischen einzelnen Verantwortlichen gegeben habe. Auch eine gewisse Spannung zwischen der Motorenabteilung in Viry-Chatillon und der Teambasis in Enstone wurde vermutet.

"Man muss uns etwas Zeit geben und alleine lassen. Nach dieser Saison schauen wir uns an, was funktioniert hat und was nicht. Es gibt absolut keinen Konflikt zwischen einzelnen Personen", hält Abiteboul fest. Der späte Entschluss wieder als Hersteller in die Formel 1 zu kommen, habe Renault eine Saison gekostet. "Das wussten wir aber schon vom ersten Tag an." Allerdings glaubte man nicht, dass es so schwierig werden würde, tatsächlich konkurrenzfähig zu sein. Abiteboul nimmt sogar das Wort "naiv" in den Mund. "Ich glaube dennoch, dass Enstone der richtige Ausgangspunkt für unsere Reise, die jetzt erst begonnen hat, war."

"Müssen nicht mehr fragen, ob wir diesen Monat bezahlt werden"

In England und auch in Frankreich wird kräftig investiert, um den Fünfjahresplan einzuhalten. Mit Rob White als Operationsdirektor und Ciaron Pilbeam als Chefrenningenieur verzeichnet man außerdem zwei hochkarätige Neuzugänge in Enstone. In Großbritannien hat sich die Stimmungslage nach den Lotus-Pleitejahren wieder erfangen, was Renndirektor Alan Permane auf den Punkt bringt: "Ich bin stolz auf die Jungs und die gesamte Fabrik, ganz Enstone. Es ist jetzt einfacher, weil wir uns nicht immer fragen müssen, ob wir in diesem Monat noch bezahlt werden oder nicht."

Trotzdem wird es im kommenden Jahr noch nicht für Podestplätze reichen. "Nein, noch nicht. Das Ziel sind Podestplätze 2018. Wir wollen bis 2020 um die Weltmeisterschaft kämpfen können", erklärt Abiteboul. Außerdem möchte er festhalten: "Wir wollen eines der Top-Teams sein. Ich weiß, dass manche damit spekulieren, dass wir uns die Formel 1 nicht leisten können."


Fotostrecke: Renault-Meilensteine in der Formel 1

"Es geht dabei aber nicht um die Kosten. Es geht um den Wert. Derzeit liefert die Formel 1 einen bestimmten Wert, die Sponsoren sehen einen Wert. Daher haben wir ein gewisses Budget. Reicht das aus, um mit den Top-Teams mitzuhalten? Nein. Zuerst müssen wir vor Toro Rosso, Force India und allen anderen sein, die mit 40 Prozent weniger Budget arbeiten. Das ist der erste Schritt", erklärt er.

Antrieb 2016 "ein spürbarer Erfolg"

Kann Renault eine Leistungssteigerung über den Winter erzielen und bleibt das Kräfteverhältnis annähernd gleich, dann heißen die nächsten Konkurrenten Haas, Toro Rosso und McLaren. 2016 ging es erst darum, den Grundstein für eine langfristige Zukunft zu legen. Auch die Zusammenarbeit mit Viry-Chatillon, das sich nicht nur als Motorenlieferant, sondern vielmehr auch als Werkshersteller aufstellen musste, solle in Zukunft noch besser funktionieren. Auch die Mitarbeiteranzahl habe man in Frankreich erhöht, "um eine bessere Kontrolle über die Talente und Fähigkeiten zu haben".

Der Antrieb konnte sich im Vergleich zu den Vorjahren bereits deutlich steigern. "Einer der spürbaren Erfolge 2016 war die Verbesserung der Leistung und der Zuverlässigkeit unseres Antriebs und die Bestätigung unseres langfristigen Liefervertrags mit Red Bull und Toro Rosso unterstreicht diese Verbesserungen", freut sich Abiteboul.

Fernando Alonso

Japan 2008: Alonso holt den bisher letzten Sieg für das Renault-Werksteam Zoom

2017 gibt es für Renault die Gelegenheit, einen deutlichen Schritt vorwärts zu gehen - das weiß auch Teamchef Frederic Vasseur. "Die Regeländerungen könnten die Ordnung durchschütteln, außerdem könnten wir die Früchte der Expansion ernten. Wir haben schon sehr früh mit der Entwicklung des nächstjährigen Autos begonnen", verrät der Franzose.

Petronas & Mercedes als Vorbild

Hinzukommt die Verpflichtung von Nico Hülkenberg, der das Team anführen wird. "Er hat Erfahrung mit anderen Teams, auch jene, die wir im kommenden Jahr zu unseren Rivalen zählen. Außerdem bringt er viel Erfahrung mit, er ist jung und hungrig. Es passt perfekt", freut sich Vasseur auf seinen Neuzugang. Neben Hülkenberg wird Palmer seine zweite Formel-1-Saison bestreiten.

Noch nicht geklärt ist die Frage des Benzinherstellers. Red Bull hat bereits Anfang Dezember bekannt gegeben, dass man sich von Total trennt und ab sofort mit ExxonMobil zusammenarbeiten werde. Abiteboul unterstreicht, wie wichtig ein engagierter Spritpartner ist: "2015 haben wir uns, bevor wir uns zum Comeback als Team entschieden haben, die Schlüsselfaktoren von Mercedes ganz genau angesehen. Einer dieser Faktoren ist Petronas. Das haben viele Leute nicht realisiert, aber Petronas ist sehr engagiert in der Formel 1."

Ein Mineralölkonzern sollte finanziell und technologisch in der Lage sein, Renault zu unterstützen. "Wenn Total es möchte, dann bin ich sicher, dass sie die finanziellen Kapazitäten haben, um im Fußball und in der Formel 1 aktiv zu sein. Sie sollten bald eine Bekanntgabe tätigen", fordert Abiteboul.