Renault-Teams schonen Reifen: Liegt es an den Motoren?
Während die Renault-Teams die Reifen schonen, kämpfen die Mercedes-Teams mit massiven Problemen - Bestimmen die Motoren den Reifenpoker?
(Motorsport-Total.com) - In der Formel 1 ist seit Jahren bekannt, dass das Mercedes-Aggregat der Kraftprotz unter den Motoren ist. Das ist der Grund, warum Red Bull zu Zeiten des Durchbruchs alle Hebel in Bewegung setzte, um an das Triebwerk aus Brixworth heranzukommen, doch die Konzernführung aus Stuttgart blieb damals hart und ließ das österreichische Team mit Sitz in Milton Keynes abblitzen.

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Red Bull und Lotus profitieren enorm von der perfekten Fahrbarkeit des Motors
Inzwischen ist man dort darüber aber gar nicht mehr so unglücklich. Der Renault-Motor ist durch die Motoreneinfrierung zwar nach wie vor nicht gerade für seine Leistung bekannt, doch die Fahrbarkeit ist einsame Klasse. Das weiß man natürlich in Viry, wo die französischen Motoren hergestellt werden. Remi Taffin - Einsatzleiter der Motorenabteilung - versprach daher schon vor der Saison 2012: "Die Fahrbarkeit und Agilität unseres RS27, die sich im vergangenen Jahr als einer der Schlüssel für den Gewinn beider WM-Titel entpuppte, ist auch in dieser Saison gegeben."
Die Fahrbarkeit ist die Trumpfkarte der Franzosen. Darauf legt man seit Jahren besonders viel Augenmerk. Dass man in punkto Leistung nicht mit Mercedes mithalten kann, gibt Renault-Geschäftsführer Jean-Francois Caubet unumwunden zu: "Ich denke, wir haben nicht die stärksten Aggregate. Mercedes dürfte 20 bis 22 PS mehr auf die Straße bringen, doch im Hinblick auf Benzinverbrauch, Fahrbarkeit, Drehmoment und auch den Service sind wir durchaus vorne dabei."
Pirelli-Einstieg stärkte Renault
2011 dürfte den Red-Bull-Ingenieuren bewusst geworden sein, dass man mit dem Renault-Aggregat ein wahres Ass im Ärmel hatte. Denn durch die unberechenbaren und sensiblen Pirelli-Reifen wurde der Aspekt der Fahrbarkeit zusätzlich aufgewertet. Beweis dafür ist das Klagelied von Routinier Rubens Barrichello aus dem Vorjahr.

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Das Team von Frank Williams fährt seit dem Renault-Wechsel wieder vorne mit Zoom
"Wie verlieren auch in Bereichen mit niedrigem Tempo, zum Beispiel bei der Fahrbarkeit", übte er Kritik an Motorenhersteller Cosworth, der schlicht und einfach nicht die Mittel hat, um Renault Konkurrenz zu machen. "Wir tun uns schwer damit, aufs Gas zu steigen, weil das Heck nicht sonderlich stabil ist. Deswegen hatten Pastor und ich schon ein paar Dreher. Wir kämpfen mit einem nervösen Heck."
Williams: Renault als Turbo
Kein Wunder also, dass Williams den Cosworth-Motor über Bord warf und die alte Erfolgsehe mit Renault wiederaufleben ließ. Die hervorragende Fahrbarkeit des Renault-Motors ist daran sicher nicht unbeteiligt, dass die Truppe aus Woking 2012 vom Hinterbänkler zum Siegerteam mutierte. Tatsächlich gilt der FW34 dieses Jahr als äußerst reifenschonendes Auto. Bei Pastor Maldonados Sieg in Barcelona wechselte Fernando Alonso beim letzten Stopp drei Runden nach dem Venezolaner auf die harte Mischung, doch der Lokalmatador profitierte zwar zunächst von den frischeren Gummis, musste dann aber seine Attacken abbrechen, denn die Hinterreifen gingen in die Knie.
Zudem hatte er Mühe, dem Williams in Sachen Traktion aus der langsamen Schikane heraus Konkurrenz zu machen - auch ein Zeichen der guten Fahrbarkeit. Das einzige Auto, das ebenfalls einen derartigen Ruf als Reifenflüsterer wie der FW34 hat, ist der Lotus E20. Auch hier setzt man auf ein Renault-Triebwerk.
Mercedes-Teams im Reifenchaos
Wie die Kollegen von 'auto motor und sport' berichten, wird den drei Mercedes-Teams Mercedes, McLaren und Force India inzwischen langsam bewusst, dass die Reifenprobleme, die man diese Saison hat, auf die mäßige Fahrbarkeit des Motors zurückzuführen sein könnten. McLaren kämpft seit Saisonbeginn mit den Gummis - man gibt zu, dass man das Reifenrätsel noch immer nicht geknackt hat. Beim Werksteam war die Lage vor allem zu Saisonbeginn katastrophal. Bereits das Vorjahresauto galt als wahrer Reifenfresser.

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Die Mercedes-Boliden kämpfen immer wieder mit Reifenproblemen Zoom
"Der Verschleiß der Reifen hängt sehr eng mit der Kraftübertragung und dem Durchdrehen der Räder zusammen", weißt Mercedes-Teamchef Ross Brawn. "Das spielt eine große Rolle. Nicht nur die Kurven gehen den Reifen an die Substanz, sondern auch das Bremsen und das Beschleunigen. Das ist eine sehr wichtige Geschichte."
Bei Mercedes dürfte man dem Problem bereits auf der Spur sein. "Wir stellen uns gerade in alle Richtungen kritische Fragen. Die machen auch vor der Motorcharakteristik nicht Halt", wird Norbert Haug von 'auto motor und sport' zitiert.

