• 17.04.2011 16:37

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Renault selbstkritisch: Ursachenforschung bis Istanbul

Teamchef Eric Boullier will aus dem verkorksten Rennwochenende in Schanghai Lehren ziehen und ab Istanbul wieder auf Top-6-Niveau sein

(Motorsport-Total.com) - Nach zwei Podestplätzen in den ersten zwei Rennen musste sich das Renault-Team heute mit zwei Punkten zufrieden geben. Witali Petrow verbesserte sich in Schanghai vom zehnten auf den neunten, Nick Heidfeld vom 16. auf den zwölften Platz. "Es war kein ideales Wochenende", lautet daher die Bilanz von Teamchef Eric Boullier.

Titel-Bild zur News: Eric Boullier

Eric Boullier will Schanghai selbstkritisch analysieren und daraus Lehren ziehen

"Wir brauchen aber ein perfektes Wochenende. Wenn du mit den großen Jungs mitspielen und von ihren Fehlern profitieren willst, muss alles passen", weiß der Franzose. "Wir brauchen mit beiden Autos gute Qualifyings. Ich verbuche das hier als Erfahrung, aus der wir lernen müssen, damit es nicht wieder passieren kann. Wir hatten gestern einen schwierigen Tag, aber wir konnten heute nicht ideal darauf reagieren."

Begonnen hat alles schon mit den zwei überflüssigen Fahrfehlern von Heidfeld am Freitag, durch die der Deutsche auf die neueste Ausbaustufe des Frontflügels verzichten musste. In Q2 am Samstag rollte dann Petrow mit einem technischen Defekt aus. Besonders bitter: Heidfeld, der bis dahin noch keine gezeitete Runde absolviert hatte, konnte sich in den verbleibenden 2:02 Minuten nach der Unterbrechung nicht mehr für das Top-10-Finale qualifizieren.

Petrows Qualifying-Problem geklärt

Boullier spricht von einem "Dominoeffekt", weiß aber inzwischen zumindest Petrows Motorenproblem geklärt: "Wenn du im Quali-Mapping eine In-Lap fährst, können heiße Gase in die Airbox weichen. Dadurch kann es in der Airbox zu einem Verbrennungsvorgang kommen. Das ist bei Witali passiert", erläutert er. "Das Problem lag nicht in unserem Bereich, aber wir hätten den Fahrer besser briefen können, damit er da durchkommt. Das wurde versäumt."

"Im Rennen war es das Gleiche", zeigt sich Boullier selbstkritisch und verweist auf die erfolgreichen Strategien anderer Teams: "Von den Startplätzen zehn und 16 hätten wir vielleicht auf strategischer Seite aggressiver sein können. Da haben wir eindeutig Untersuchungsbedarf. Rosberg hat ja vorgezeigt, wie es geht: Vor dem ersten Boxenstopp war er sechs Sekunden hinten, danach auf einmal fünf Sekunden vor allen anderen."


Fotos: Renault, Großer Preis von China, Sonntag


Auch Lewis Hamiltons Strategie könnte in Zukunft als Vorbild dienen: "Wenn du wie Hamilton im Qualifying einen Reifensatz sparen kannst, ist das ein sehr guter Schachzug. Denn sobald du an die Box kommst, kannst du in den nächsten drei Runden fünf bis acht Sekunden herausfahren. Das ändert viel. Noch dazu hast du dann freie Runden, in denen du davonziehen kannst, denn wenn du im Verkehr steckst, kostet das Tempo", sagt der Renault-Teamchef.

Dass man allerdings auch im Verkehr ein tolles Rennen zeigen kann, hat heute Mark Webber bewiesen, der vom 18. auf den dritten Platz nach vorne fuhr. Eines seiner Geheimnisse war, dass er nach dem Ausscheiden bereits in Q1 noch drei frische Sätze Pirelli-Options zur Verfügung hatte. Nun stellt sich die Frage, ob man ein Qualifying auch absichtlich so anlegen könnte. Boullier verneint: "Glaube ich nicht. Wenn du Rennen gewinnen willst, musst du vorne stehen."

Erste vier Startreihen als Ziel

"Unsere Pace ist da. Das Auto ist gut genug für die Top 6. Wir bekommen für die Türkei ein weiteres Upgrade. Aber wenn das Auto schnell genug für die Top 6 ist, was sehr ehrgeizig ist, dann müssen wir auch in den Top 6 sein", fordert er. "Wir sind besser aufgestellt als vergangenes Jahr, denn das Auto ist eindeutig gut genug, um mit beiden Autos in den Top 8 zu sein. Aber wir sind noch nicht gut genug, um regelmäßig auf das Podium zu fahren."

Michael Schumacher und Nick Heidfeld

Nick Heidfeld im Fight mit Michael Schumacher und Fernando Alonso Zoom

"Witalis Pace in Q2 zeigt, wo wir sein sollten", stellt Boullier klar. Petrow hatte gestern Platz vier erreicht, konnte an Q3 wegen seines Defekts aber nicht mehr teilnehmen und wurde daher auf den zehnten Rang zurückgereiht. Doch all diese kleinen Nachlässigkeiten beweisen: Der Renault R31 ist nicht konzeptionell zu langsam, sondern es ist dem Team bisher einfach nicht gelungen, immer das Optimum herauszuholen.

Für den Europa-Auftakt in Istanbul nimmt sich das Team mit Sitz im britischen Enstone viel vor. Geplant sind auch einige neue Teile: "Wir haben drei Wochen Zeit. Da sollte ein großes Upgrade kommen. Wir müssen unsere Position halten. Wenn wir im Qualifying um die Plätze vier bis sechs kämpfen wollen, brauchen wir einen guten Schritt", unterstreicht Boullier und kündigt an: "Ich hoffe, unsere Pace wird wieder gut genug sein, um vor Ferrari zu stehen."