• 14.03.2014 12:39

  • von Dominik Sharaf

Renault schiebt weiter Frust: "Vorbereitung inakzeptabel"

Mit der Zuverlässigkeit und der Fahrbarkeit plagen die Motorenhersteller zum Auftakt zwei Problemfelder - Allerdings lässt sich eines nur auf Kosten des anderen lösen

(Motorsport-Total.com) - Nicht nur Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn war sich am Vorabend des Freien Trainings zum Australien-Grand-Prix sicher, dass der Antriebsstrang im Heck der Boliden die Hackordnung beim Formel-1- Saisonauftakt bestimmt. Pustekuchen! Im Gesamtergebnis des Freitag war Mercedes mit seinem Werksteam und dessen beiden Autos zwar wie erwartet vorne, auf den Rängen drei und vier folgten mit Fernando Alonso und Sebastian Vettel aber Vertreter aus der Ferrari- respektive Renault-Fraktion.

Titel-Bild zur News: Valtteri Bottas

Valtteri Bottas scheint mit Mercedes-Power ein gutes Los gezogen zu haben Zoom

Stefano Domenicali warnt davor, die silberne Übermacht als gegeben hinzunehmen. Dem Teamchef der Scuderia ist auch nicht wohl dabei, die Franzosen abzuschreiben: "Ich sehe, dass viele die Hackordnung schon in Stein gemeißelt haben", erklärt er und will es nicht als Erfolg verstanden wissen, dass der große Rückstand der Tests in Bahrain zusammengeschmolzen ist. "Man hebt schnell ab, aber wir bleiben vorsichtig. Die Basis stimmt." Denn für Mercedes spricht weiterhin die Bandbreite guter Leistungen.

Unter den Top 10 befanden sich sechs Autos mit Motor aus Brixworth, darunter Fahrzeuge von allen vier belieferten Teams. In diese Phalanx brach die Konkurrenz nur mit dem Ferrari-Werksteam und Erste-Klasse-Renault-Kunde Red Bull ein. Dem französischen Economy-Fluggast Toro Rosso mangelt es trotz viel Fahrpraxis an Tempo, Lotus und Caterham rückten kaum aus der Box aus und verpulverten ihre Joker. Bei Pastor Maldonado mussten infolge eines defekten Kabelbaums die Batterien, die MGU-H, die MGU-K und zwei Steuergeräte gewechselt werden, bei Marcus Ericsson nach einem Hydraulikproblem die Batterien, die MGU-K und ein Steuergerät.

Renault-Teams verpulvern Joker

Zu häufig dürfen sich das die Formel-1-Teams nicht erlauben, schließlich stehen für die sechs Komponenten des Antriebsstrangs (Motor, Turbolader, MGU-H, MGU-K, Batterien und die acht Steuereinheiten) im Saisonverlauf nur fünf Ersatzteile zur Verfügung. Wer mehr benötigt, wird in der Startaufstellung um bis zu zehn Plätze zurückversetzt. Dazu werden Lotus und Caterham in der Nacht von Freitag auf Samstag die allgemeine Sperrstunde brechen. Auch das ist nur sechsmal erlaubt, ehe es Sanktionen hagelt.


Fotostrecke: Fünf Gründe pro und contra Vettel

Glück im Unglück: Der Motorwechsel an Kamui Kobayashis Caterham infolge eines Benzinlecks wurde noch vor dem formalen Beginn des Grand Prix vollzogen und von den Kommissaren daher nicht notiert. Angesichts der Bedeutung, den die Zuverlässigkeit mit dem neuen Reglement gewonnen hat, fällt das Urteil bei Renault hart und schonungslos aus: "Wir sind hinter unseren eigenen Zielen zurück, unabhängig von unserer Konkurrenzfähigkeit", räumt Technikchef Rob White zerknirscht ein. Der Brite sieht noch weitere Baustellen, denen er sich widmen muss.

"Wir müssen bei Verbesserungen ganz vorsichtig sein." Stefano Domenicali

Denn neben der Zuverlässigkeit geht es auch um die Fahrbarkeit. Die war 2013 noch die große Stärke der Produkte aus Viry und insbesondere im Regen die Achillesferse von Mercedes, doch die Zeiten scheinen sich geändert zu haben. Eines der Hauptprobleme bei Renault liegt darin, dass die Kraft einfach nicht in dem Maße von den Reifen auf den Asphalt übertragen wird, wie es sich die Franzosen wünschen. White legt nach: "Es ist absolut inakzeptabel, so unvorbereitet wie wir es sind, zum ersten Rennen zu kommen."

Aus einem Elektro- ein Rennauto machen

Doch am Antriebsstrang zu tüfteln ist schwierig, schließlich kann angesichts der Komplexität der neuen Kraftwerke jede Änderung gravierende Konsequenzen haben. Domenicali weiß: "Wir müssen vorsichtig sein, sollten wir uns zum Beispiel dem Motor widmen. Es geht eher um die allgemeine Effizienz des Autos." Ferrari würde sich ein Eigentor schießen, sollten sie aus dem 1,6-Liter-V6 jedes PS kratzen, dafür aber den Spritverbrauch so in die Höhe treiben, dass der Bolide die halbe Renndistanz nur noch im Schneckentempo tuckern kann. Schließlich ist der Sprit auf 100 Kilogramm limitiert.

Der Italiener folgert: "Es geht um die Balance. Wir müssen am gesamten Auto arbeiten." Renault will den Piloten die Lenkradarbeit so angenehm wie möglich gestalten. "Diese Autos sind schneller mit weniger Sprit", meint White und fühlt sich an einen normalen Pkw erinnert. "Da gibt es so viel, was wir an ein Rennauto anpassen und für den Piloten so gestalten müssen, dass es sich anders anfühlt als das, was es eigentlich ist. Da gibt es keine Zauberei." Obwohl kein großer Problemherd identifiziert ist, bleibt also der Rückstand der Tests.

Natürlich wird White mit seinem Team auch an der Zuverlässigkeit arbeiten, die für Domenicali das großes Fragezeichen bei allen Herstellern ausmacht. Das größte bei Renault? "Dieses Jahr erwartet uns eine besondere Zitterpartie", sagt White und fordert eine durchdachte Herangehensweise, insbesondere bei der Optimierung der sensiblen Elemente zur Rückgewinnung von Energie. "Wir dürfen es nicht übertreiben, aber um dabei zu sein, muss man das Limit suchen." Ein schmaler Grat.