Reifenpoker: Wer wagt ein Zweistopp-Rennen?

Plötzlicher Regen und die enorme Hitze sorgen bei den Reifenspezialisten in Sepang für rauchende Köpfe - Sogar bei Lotus ist man skeptisch, ob zwei Stopps möglich sind

(Motorsport-Total.com) - Hohe Außentemperaturen über 30 Grad, Asphalttemperaturen sogar über 40 Grad, Sonnenschein - der erste Trainingstag in Sepang lieferte den Teams die heißersehnten Erfahrungen, die man bei den Wintertests und beim Saisonauftakt in Melbourne nicht machen konnte. Dazu kam im zweiten Training etwas Regen - eine perfekte Vorbereitung auf den Grand Prix am Sonntag, bei dem ähnliche Bedingungen erwartet werden.

Titel-Bild zur News: Sergio Perez

Die Reifen stehen wie jedes Jahr auf dem Sepang-Kurs im Blickpunkt Zoom

Nach den Mischungen Supersoft und Medium "Down Under" lieferte Pirelli diesmal die härtesten Reifenmischungen, also Medium und Hard (die silberne wurde durch eine orange Markierung ersetzt), um für die Hitze und den rauen Asphalt des Sepang International Circuit gerüstet zu sein.

"Die Teams fuhren unsere Reifen das erste Mal in diesem Jahr bei so hohen Temperaturen", erklärt Pirellis Motorsportchef Paul Hembery. "Sie sammelten somit sehr hilfreiche Informationen, denn das Wetter soll auch den Rest des Wochenendes so bleiben. Diese Vorhersage beinhaltet allerdings auch das hohe Regenrisiko, wie wir es schon während des zweiten Freien Trainings erlebten."

Verschleiß laut Pirelli "im Rahmen"

Während in Australien zwei bis drei Stopps pro Pilot die Regeln waren, muss man in Malaysia mit mehr Stopps rechnen. "Wie erwartet beobachteten wir heute eine recht hohe Verschleißrate", bestätigt Hembery. "Ein Grund dafür ist das weichere Gummi der Reifengeneration für 2013. Der Schwerpunkt dieser Slicks liegt mehr bei der Performance." Dazu kommen die Bedingungen, die für einen höheren Verschleiß sorgen - dieser bewegt sich aber laut dem Briten "im erwarteten Rahmen".

"Wir registrierten auch Unterschiede in der Art und Weise, wie die Teams die Mischungen einsetzten", fällt Hembery auf. "Bei einigen Piloten hielten die harten Slicks 15 Runden, bei anderen 21 Runden und mehr." Daher darf man von einem Rennen mit zwei bis vier Boxenstopps ausgehen.

Drei bis vier Stopps wahrscheinlich

Das bestätigen auch die Technikchefs von Ferrari und Lotus, Pat Fry und James Allison. Der Verantwortliche der "Scuderia" wollte sich die Zahlen noch einmal genau anschauen, um die Situation besser zu verstehen: "Ich bin nicht ganz sicher, ob es eher die Frage ist, ob wir drei bis vier Stopps, oder zwei bis drei Stopps sehen werden."

Seine Unsicherheit hat auch damit zu tun, dass es im zweiten Training, wo die meisten Teams ihre Longruns durchführten, teilweise regnete, was eine genaue Analyse erschwert: "Ich bin noch unschlüssig, was den Abbau angeht. Das heutige Training wurde durch den Regen in den Kurven 6 und 7 etwas durcheinander gebracht. Hoffentlich haben wir den Abbau bald unter Kontrolle."

Pirelli, Reifen, hard

Dieses Jahr ist der harte Pirelli-Reifen erstmals orange markiert Zoom

Die Experten in diesem Bereich stammen aus Enstone. Das hat Räikkönen in Melbourne mit tollen Rundenzeiten und einer Zweistopp-Strategie bewiesen. "Ich würde gerne sehen, dass es James am Sonntag versucht, mit zwei Stopps durchzukommen", spielt Fry Lotus-Technikchef Allison den Ball zu. Der gibt sich diesbezüglich pessimistisch: "Grundsätzlich machen wir auf dieser Strecke einen Stopp mehr als in Melbourne, das wäre also etwas mutig." Interessant ist, dass die Fahrer auf den Verschleiß nur bedingt einwirken können - das beobachtete zumindest "Reifenflüsterer" Jenson Button: "Wenn man langsam fährt, hilft das den Reifen überhaupt nicht. So gesehen bringt es nichts, die Reifen zu schonen."

Mischwetter: Auf der Suche nach dem "Crossover-Punkt"

Den Regen konnten die Teams aber dazu nutzen, um herauszufinden, bei welcher Nässe man den Intermediate-Reifen den Slicks vorzieht. Keine leichte Entscheidung, wie sich herausstellte. "Wir haben eine gewisse Ahnung, was den Crossover-Punkt angeht, aber das hängt natürlich davon ab, ob die komplette Strecke nass ist oder nur ein paar Kurven", erklärt Sebastian Vettel.

Der Red-Bull-Pilot spricht heute von "ungewöhnlichen Bedingungen" auf der Strecke. "Ein Teil der Strecke war recht nass, der Rest nahezu trocken. Da es recht heiß war, trocknete der Asphalt im nassen Teil schnell ab, vor allem wenn man die Menge Regen berücksichtigt." Diese Situation könnte auch am Sonntag für rauchende Köpfe an der Boxenmauer und in den Cockpits sorgen - ein turbulentes Rennen ist also nicht auszuschließen.