• 28.08.2015 15:01

  • von Ryk Fechner

Red Bull vor Monza: Halbes Heimrennen und Motorenbürde

Auf Red Bull warten beim Grand Prix von Italien 2015 Rückversetzungen in der Startaufstellung - Die Fahrer versprühen dennoch Optimismus

(Motorsport-Total.com) - Bei Red Bull reiste man mit gemischten Gefühlen vom Formel-1-Grand-Prix in Belgien ab. Einerseits gelang Daniil Kwjat mit etwas Glück und einem spannenden Schlussspurt noch der Sprung auf Rang vier, andererseits rollte Daniel Ricciardo mit Elektronikproblemen in einer Position aus, in der ein Podestplatz zumindest rechnerisch möglich gewesen wäre. Mit ebenso gemischten Gefühlen wird das Team wohl auch nach Monza anreisen.

Titel-Bild zur News: Daniil Kwjat, Daniel Ricciardo

Auf Red Bull wartet in Monza eine Rückversetzung in der Startaufstellung Zoom

Denn während es für Kwjat, der acht Jahre seines Lebens in Italien verbrachte, und für Ricciardo, dessen Vater ursprünglich aus Sizilien kommt, so etwas wie einen halben Heim-Grand-Prix bedeutet, kassiert das Team strategische Motorenstrafen. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir bei beiden Autos neue Motoren einsetzen werden, wenn man sich anschaut, wie viele Rennen noch übrig sind", kommentiert Teamchef Christian Horner das Vorgehen Seitens Red Bull, die derzeit in der Konstrukteurs-WM auf Rang vier liegen und die Schwäche der eigenen Leistung bei Motorenpartner Renault sehen. Ob es 2016 weiter mit der einstigen Erfolgskombination geht, ist weiter offen.

In Singapur will man glänzen

Der Wechsel in Monza war dabei ein Schritt, den die Renault-Kundenteams Red Bull und Toro Rosso schon seit Monaten geplant hatten, da die Renaults-Hybridaggregate der Generation 2015 nicht nur von Zuverlässigkeitsproblemen geplagt sind, sondern auch in Sachen PS-Zahlen hinter Mercedes und Ferrari hinterherhinken. Durch den Highspeed-Charakter des Grand-Prix-Kurses von Monza geht man beim Team aus Milton Keynes davon aus, dass man im Windschattenduell von den restlichen Kontrahenten ohnehin geschluckt wird, zumal es im Gegensatz zu Spa-Francorchamps keinen kurvenreichen Sektor gibt, auf dem man über die Fahrwerksperformance Boden auf die Konkurrenz gutmachen kann.

Daniil Kwjat, Daniel Ricciardo

Grand Prix von Ungarn: Wenn es nicht auf PS ankommt, kann Red Bull zuschlagen Zoom

Hinzu kommt, dass es beim anschließenden Rennen in Singapur auf viel Abtrieb und weniger PS ankommt. Steht man dort also vorne in der Startaufstellung, ist man für ein zählbares Resultat gut, zumal beispielsweise Konkurrenten wie Williams oder Lotus einen umgekehrten Weg gehen dürften, da deren Mercedes-Motoren für Hochgeschwindigkeitskurse wie gemacht sind, jedoch deren Schwächen in der Chassiskonstruktion auf Kursen wie Ungarn oder Singapur regelmäßig zum Vorschein kommt.

"Strategisch ist das in Monza am sinnvollsten", bestätigt Horner die Rückversetzungen um jeweils zehn Plätze in der Startaufstellung: "Wir wollen nicht mit den alten Motoren oder irgendeinem Risiko nach Singapur gehen, denn dort haben wir unsere nächste Chance, um zu glänzen." Eine Einschätzung, mit der Horner richtig liegen könnte, denn beim Rennen in Ungarn, einer Strecke, die viel Abtrieb erfordert, glänzten Kwjat und Ricciardo - wenn auch glücklich - mit Podiumsplatzierungen.

Fahrspaß trotz veränderter Parabolica

Vorfreude auf das Rennen ist bei den Fahrern dennoch zu verspüren. "Monza ist meine Lieblingsstrecke. Einfach jede Kurve gibt dir das Gefühl, dass du etwas besonderes tust. Lesmo eins und zwei, Ascari, einfach jede Kurve", beschreibt der langjährige Wahlitaliener Kwjat die Fahrt mit wenig Abtrieb. "Leider haben sie die Parabolica etwas verändert. Diese Änderungen machen einen Unterschied", spielt der Russe darauf an, dass das ursprüngliche Kiesbett in der Mutkurve weiten, asphaltierten Auslaufzonen weichen musste.


Fotostrecke: Red-Bull-Junioren in der Formel 1

"Diese Änderungen machen einen Unterschied. Es ist nicht mehr dieselbe Erfahrung, die du dort machst. Man pusht immer noch sehr viel und man braucht immer noch viel Gefühl. Aber das Problem ist, dass dir vergeben wird, selbst wenn du einen Fehler machst. Das ist nicht mehr dasselbe. Aber alles in allem ist das immer noch eine atemberaubende Strecke", findet der 21-Jährige, der in seiner Nachwuchszeit sowohl in der Formel Renault 2.0 als auch in der GP3 Rennen in Monza gewinnen konnte. Seiner Nähe zu Italien ist Kwjat (fast) treu geblieben. Von seinem aktuellen Wohnort im Schweizerischen Lugano liegt Monza nur eine halbe Stunde mit dem Auto entfernt.

Nur nicht die Konzentration verlieren

" Im Vorjahr gab es in der Aufwärmrunde in Lesmo zwei diese riesigen roten Rauchschwaden." Daniel Ricciardo

Ebenso enthusiastisch ist Teamkollege Ricciardo: "Das ist das einzige Rennen, bei dem du erwartest, an Leuchtsignalen vorbeizufahren. Im Vorjahr gab es in der Aufwärmrunde in Lesmo zwei diese riesigen roten Rauchschwaden - das ist schon was anderes, aber ich mag das. Die italienischen Fans sind leidenschaftlich - manche würden vielleicht verrückt sagen - und du bekommst deinen Anteil an der Atmosphäre ab. Auch die Fahrerparade ist besonders. Alle haben sie (die Fans; Anm. d. Red.) ihre T-Shirts ausgezogen und schreien 'Forza Ferrari'. Das ist ein Spaß."

Fahrerisch gibt Monza den Piloten Gelegenheit zum Ausspannen. Denn statt kniffliger Kurvenpassagen wie in Spa oder auf dem Hungaroring warten lange Geraden auf die Fahrer: "Das ist ein bisschen problematisch, denn das ist keine Strecke, auf der du die Konzentration verlieren willst. Man kommt mit sehr hoher Geschwindigkeit auf die harten Bremszonen zu und kann es sich blockierende Vorderräder nicht leisten - genauso wenig wie zu früh zu bremsen."