• 25.09.2008 17:29

Red-Bull-Piloten in Erklärungsnot

Mark Webber und David Coulthard über die Niederlage gegen das eigene B-Team und die Aussichten für die restlichen Saisonrennen

(Motorsport-Total.com) - Als wäre der sensationelle Sieg von Sebastian Vettel aus Monza nicht schon Story genug gewesen. Die Red-Bull-Familie hat sich mit dem großartigen Erfolg nicht nur reich beschenkt, sondern gleichzeitig auch die gesamte Hackordnung in der Familie durcheinander gewirbelt. Plötzlich steht Toro Rosso in der Konstrukteurs-Wertung vor Red Bull Racing. Ob dieser Tatsache kamen die beiden Red-Bull-Piloten Mark Webber und David Coulthard heute in der Pressekonferenz in Singapur in leichte Erklärungsnöte.

Titel-Bild zur News: Mark Webber

Mark Webber hat bisher den Löwenanteil der Punkte für Red Bull geholt

Frage: "Mark, wie schätzt du eure Chancen in den kommenden Grands Prix ein, nachdem seit Monza klar ist, dass ihr ein Siegerauto habt?"
Mark Webber: "Wir haben bis Valencia eine Durststrecke gehabt und haben wenigstens in Spa und Monza je einen Punkt holen können. Wir kommen zuversichtlich hierher. Wir haben einige kleine Verbesserungen am Auto, aber das dürfte bei fast allen Teams der Fall sein. Es ist eine neue Strecke und es gibt für uns alle Möglichkeiten, hier erfolgreich zu sein. Darauf müssen wir uns konzentrieren. Ich weiß, das klingt etwas klischeehaft. Wir müssen die Saison so gut wie möglich zu Ende bringen."#w1#

"Toro Rosso hat zurzeit einen guten Lauf und sie sind in der Konstrukteurs-Meisterschaft unser direkter Gegner. Das ist nicht ideal, aber die Punktetabelle lügt nun einmal nicht. Renault und Toyota sind schon etwas weiter entfernt. Wir werden uns auf jede einzelne Session konzentrieren, jedes Qualifying, jedes Rennen. So muss es laufen. Wir haben es in unserer Hand und werden versuchen, unser Bestes zu geben."

Frage: "David, wie siehst du die verbleibenden vier Rennen und gibt es schon konkrete Pläne, was du dann den Rest deines Lebens tun wirst?"
David Coulthard: "Ich muss mich nun nicht für den Rest meines Lebens festlegen, ich hoffe dass es ein langes Leben sein wird. Ich möchte auf jeden Fall noch mehr Punkte holen als es mir bisher in dieser Saison gelungen ist. Diesbezüglich hat Mark eigentlich allein das Team über Wasser gehalten. Ich war bisher nur ein einziges Mal in den Punkten, das ist natürlich enttäuschend. Es gibt aber vier weitere Möglichkeiten und ich nehme diese Gelegenheiten so wie sie kommen."

"Wir sehen das nicht als Countdown und ich bereue auch nichts oder dergleichen. Ich genieße es genauso jetzt hier zu sein, wie ich es genießen werde, wenn wir wieder in Melbourne sind, oder wo auch immer die kommende Saison startet. Es ist dann eben nur eine andere Sichtweise. Das ist der normale Lauf des Lebens. Alle, die so lange wie ich in der Formel 1 waren, haben eine Evolution durchschritten. Ich denke, dass viele Leute sogar viel länger in der Formel 1 beschäftigt sind als ich."


Fotos: Großer Preis von Singapur, Pre-Events


Frage: "Wie viel Kopfzerbrechen bereitet es euch beiden, wenn ihr euch die Leistung von Toro Rosso - mit dem gleichen Auto als deutlich schlechter finanziertes Team - anschaut und dann mit eurer Leistung vergleicht?
Coulthard: "Ich glaube, das mit den Ressourcen wird falsch wahrgenommen..."
Webber: "Ja, genau so ist es."
Coulthard: "Ich kenne das genaue Budget von Red Bull nicht, genauso wenig kenne ich das genaue Budget von Toro Rosso. Aber einer der größten Kostenpunkte in einem Team ist auf jeden Fall das Design, die Forschung und die Entwicklung, die in den Bau eines Rennfahrzeuges einfließen. All dies wird von Red Bull Technology erledigt, die von Red Bull bezahlt werden. Red Bull Racing wird von Red Bull finanziert und Toro Rosso wird auch von Red Bull finanziert. Toro Rosso entwickelt sich gerade von einem kleinen Rennteam zu einem zukünftigen Konstrukteur. Ich glaube, dass ihr alle sehr gern noch das Bild von Minardi vor Augen habt, als ein Team, welches hinten fährt, nie finanzielle Mittel hatte und nie ein wirklich gutes Auto besaß. Ich denke, das müsst ihr einfach vergessen."

David Coulthard

David Coulthard sieht die Suceria Toro Rosso nun auf einer Höhe mit Red Bull Zoom

"Fakt ist, dass sie das gleiche Auto haben wie wir. Sie haben natürlich andere Piloten und einen anderen Motor. Sie haben aber genügend Leute, um das Auto zu bauen, sie haben die Werkstätten dafür und setzen das Auto ein. Wenn man sich die Szene in der GP2 mal anschaut, dann hast du dort Teams, die das gleiche Material haben. Manchmal holt aber einer an einem Wochenende mehr heraus als die anderen. Wenn man das einmal aus dieser Warte betrachtet, dann kann man sagen, dass sie in den vergangenen Wochen einfach etwas mehr aus dem Paket herausgeholt haben. Aber zu denken, sie seien ein Miniteam und hätten kaum das Geld für Reifen, entspricht nicht der Realität."

Frage: "Aber sie haben nicht die gleichen Ressourcen wie Red Bull..."
Webber: "Brauchen sie ja auch nicht, mein Freund."
Coulthard: "Sie müssen kein eigenes Auto entwerfen. Das tun wir für sie."

Frage: "Ist das dann nicht sogar noch erschreckender?"
Coulthard: "Natürlich würden wir als Red Bull lieber der siegende Teil der Mannschaft sein, das ist natürlich als Team unser Ziel. Sie haben das eben vor uns erreicht, aber das bringt uns in keinerlei Verlegenheit. Vor vier Jahren begannen wir damit, das damalige Jaguar-Team zu einem Sieganwärter zu formen und es zu einem Team zu machen, welches in Zukunft um Titel mitfahren kann. Nach vier Jahren kann man sagen, dass der erste Teil dieses Traums in Erfüllung gegangen ist, einfach nur mit einer anderen Abteilung der Red-Bull-Familie."

"Wir müssen das nun einfach hinnehmen und realisieren, dass wir unser Paket verbessern müssen. Wir können die Unterschiede wenigstens erkennen. Es ist nicht so wie zum Beispiel bei McLaren, die den konkreten Unterschied bei Ferrari eventuell nicht ausmachen können. Der Unterschied zwischen McLaren und Ferrari ist an einem Wochenende in etwa so, wie zwischen uns und Toro Rosso. Wenn McLaren geschlagen wird, dann ist das nicht peinlich. Die werden sofort darauf fokussiert sein, ihren Job besser zu machen. Für Ferrari würde umgekehrt das gleiche gelten. Wir müssen einfach aus den gegebenen Werkzeugen etwas besseres formen."