Ralf Schumacher: "In Melbourne war Glück dabei"
Ralf Schumacher über die Entlassung von Mike Gascoyne, die bisherigen drei Rennen, sanfte Kritik am Wechsel zu Bridgestone und sein realistisches Gemüt
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Ralf, nach deinem dritten Platz in Australien wurde Mike Gascoyne von Toyota entlassen. Kam das für dich überraschend?"
Ralf Schumacher: "Ja und nein. Ich wurde informiert, es war halt so. In der Formel 1 passieren viele Dinge. Grundsätzlich ist eines klar: Wir haben uns für dieses Jahr Ziele gesetzt, die nicht in Erfüllung gegangen sind, und dann stehen eben Entscheidungen an - welcher Art auch immer. Man muss aber dazusagen, dass das eine beidseitige Entscheidung war."

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Ralf Schumacher ist es leid, ständig über Toyotas Probleme zu reden...
Frage: "Befürchtest du, dass die Trennung von Mike Gascoyne eine Schwächung für euch sein könnte?"
Schumacher: "Grundsätzlich sehe ich keine negativen Seiten, denn wir sind als Team sehr gut aufgestellt und haben eine gute Struktur, die eindeutig auch von Mike mit aufgebaut wurde. Ich sehe aber keine Probleme auf uns zukommen, die uns in irgendeiner Form einbremsen könnten. Alles Weitere wird die Zukunft zeigen."#w1#
Toyota wollte von Anfang an konkurrenzfähig sein
Frage: "Wenn du sagst, dass ihr eure Ziele nicht erreichen konntet: Bedeutet das, dass ihr die Saison 2006 schon abgeschrieben habt?"
Schumacher: "Nein, überhaupt nicht, aber nachdem wir letztes Jahr das eine oder andere Podium holen konnten, bin ich schon davon ausgegangen, dieses Jahr von Anfang an um die Podestplätze mitfahren zu können, das ist ganz klar. Unglücklicherweise war die Situation im ersten Rennen jedoch überhaupt nicht erfreulich, im zweiten waren dann zumindest die Rundenzeiten besser. Beim Podium in Melbourne war sicher auch Glück dabei. Das muss man ganz klar sagen."
Frage: "Spürst du als Fahrer selbst, wenn mit der Aerodynamik etwas nicht stimmt, oder stellt sich das erst in den Gesprächen mit den Ingenieuren heraus?"
Schumacher: "Das sieht man an den nackten Zahlen, ist nicht schwierig herauszufinden."
Frage: "In Melbourne hast du gesagt, dass ihr 90 Prozent der Zeit dafür aufwendet, das Auto verstehen zu lernen. Seid ihr damit inzwischen weitergekommen?"
Schumacher: "Wir sind auf einem guten Weg dorthin, aber grundsätzlich müssen wir erst noch verstehen, warum wir nicht so einen hohen Reifenverschleiß wie andere Teams haben. Speziell auch im Hinblick auf nächstes Jahr ist das eine Sache, die wir dringend bearbeiten müssen. Die Aerodynamik ist auch sehr komplex, denn da gibt es immer wieder Dinge, die man ändert und die man neu verstehen muss. Man muss sich ein hundertprozentiges Konzept erarbeiten, auf das man Jahr für Jahr aufbauen kann. Renault hat offenbar so ein funktionierendes Konzept, das sie verstehen und auf das sie aufbauen können."
Frage: "Ist die Reifenfrage momentan eure größte Baustelle oder schenkt sich das mit der Aerodynamik nichts?"
Schumacher: "Man kann erst Mitte bis Ende des Jahres abschätzen, wie groß die Baustelle tatsächlich war. Dann kann man erst sagen, ob die Probleme wirklich riesig waren oder nicht. Man lernt da immer wieder dazu."
Toyota setzt wieder auf sehr weiche Bridgestone-Reifen
Frage: "Welche Reifen habt ihr hier in Imola im Gepäck?"
Schumacher: "Es ist eine andere Strecke, aber wir haben sicher auch wieder Reifen, die jedes andere Team auch aussuchen hätte können. Wer genau welche Reifen hat, stellt sich immer erst nachher heraus."
Frage: "Was sind eigentlich die Gründe - allgemein gesprochen - für eure Krise?"
Schumacher: "In so einer Phase den Reifenhersteller zu wechseln, war sicherlich eine gewagte Entscheidung, ganz klar. Das dauert einfach. Jetzt kommen wir aber langsam zusammen, auch was das Auto angeht, denn wenn man sich Renault oder McLaren anschaut, dann ist das aerodynamisch ein großer Schritt, den wir noch machen können. Der Motor ist überhaupt kein Problem, ist standfest und den anderen Motoren, die es so im Fahrerlager gibt, ebenbürtig. Mechanisch sehe ich auch keine großen Schwächen bei uns."
Frage: "Siehst du für nächstes Jahr auf jene Teams Probleme zukommen, die dann zwangsweise von Michelin zu Bridgestone wechseln müssen?"
Schumacher: "Die Teams werden sicherlich auch eine Phase haben, in der sie dazulernen müssen, aber das wird ein bisschen vereinfacht, weil Bridgestone dann der einzige Reifenhersteller sein wird. Das ist sicherlich nicht vergleichbar mit dem Schritt, den wir machen mussten, aber es wird sicherlich für einige ein paar Monate dauern. Dieser Prozess sollte sich aber mit der Testphase abschließen lassen."
Frage: "Kommt bei dir eigentlich manchmal Frust auf, wenn es nicht einmal dazu reicht, um das Podium mitzufahren?"
Schumacher: "Nein. Dafür bin ich einfach zu realistisch. Es ist natürlich schön, wenn man um Siege mitfahren kann - leider durfte ich das erst sechsmal feststellen! Nichtsdestotrotz macht mir der Rennsport sehr viel Spaß, und es ist auch eine Herausforderung, ein Paket oder ein Auto dort hinzubringen, wo wir im Moment noch nicht sind. Damit müssen wir uns abfinden. In Melbourne haben wir uns sehr über den dritten Platz gefreut. Das wäre hier nicht anders."

