Räikkönen: "Würde gerne nebenbei Rallyes fahren"

Wie sich Kimi Räikkönen die Freigabe für Rallyes erarbeiten will, wieso er sich nach Hunts Zeiten sehnt und warum die Eislutscher-Episode ein Missverständnis war

(Motorsport-Total.com) - Kimi Räikkönen und Ferrari - das war eine Partnerschaft mit einer seltsamen Chronologie. Der Finne sicherte sich völlig überraschend in seinem Debütjahr 2007 den Titel, entfremdete sich dann aber zusehends von seinem Rennstall, ehe ihm schließlich mit einer ordentlichen Abfindung nahe gelegt wurde, ein Jahr vor Ende seiner Vertrags-Laufzeit für Fernando Alonso Platz zu machen. Dem Finnen wurde damals vorgeworfen, das Team nicht zu führen, nicht mehr motiviert zu sein und - wie es Teamchef Stefano Domenicali nannte - "auf seinem eigenen Planeten" zu leben.

Titel-Bild zur News: Kimi Räikkönen

Doch wie kann Räikkönens neuer Teamchef Eric Boullier verhindern, dass sich die Geschichte wiederholt? Der Franzose betont bereits jetzt bei jeder Gelegenheit, dass man dem "Iceman" bei Lotus die Freiheiten gibt, die er braucht. Auch mangelnde Führungsqualitäten sieht er nicht als Problem, denn man benötige ohnehin keinen Fahrer, der dem Team sage, was zu tun sei. Zudem gibt Räikkönen laut Technikchef James Allison sehr präzise Aussagen.

Räikkönen will nicht auf Partys verzichten

Räikkönen stellt gegenüber dem 'Telegraph' klar, dass er nach wie vor ein Freigeist ist: "Ich mache, was ich will." Es ist bekannt, dass der nunmehrige Lotus-Pilot eine Schwäche für Hochprozentiges hat - laut eigenen Angaben ist seine Abendgestaltung bei seinem neuen Team aber kein Thema. "Wenn ich ausgehen und Spaß mit meinen Freunden haben will, dann kann ich das tun. Es gibt niemanden, der mir sagt, dass ich das nicht tun darf. Solange man seine Arbeit 100-prozentig erledigt, dann sehe ich kein Problem."

Doch in der heutigen Formel 1 kann man es sich als Fahrer nur bedingt erlauben, seine Freiheit auszuleben. Darauf nahm auch Räikkönens Kumpel Sebastian Vettel kürzlich Bezug, als er meinte, dass es für Schlagzeilen sorgen würde, wenn er mit anderen Fahrern am Samstagabend vor dem Rennen gemütlich ein Bier trinken würde - vor allem, wenn einem der Piloten am Sonntag im Rennen ein Fehler unterläuft.

"Wenn ich ausgehen und Spaß mit meinen Freunden haben will, dann kann ich das tun." Kimi Räikkönen

Die Wahrheit über den Eislutscher von Sepang

Oft reicht bereits viel weniger, um für Aufregung zu sorgen: Man erinnere sich an den Grand Prix von Malaysia in Sepang 2009, als das Rennen wegen heftigen Regens abgebrochen wurde und die Piloten auf einen Restart warteten. Räikkönen war zu diesem Zeitpunkt längst in Bermuda-Shorts gekleidet und schleckte in der Box an einem Magnum-Eislutscher.

Ein Zeichen für mangelnde Disziplin? "Das Lustige ist, dass ein paar Leute daraus eine große Story macht und mir mangelnde Motivation unterstellten", erinnert sich Räikkönen. "Aber wenn das Team dir sagt, dass du mit dem Auto nicht mehr fahren darfst, weil es kaputt ist und es wegen des Wassers und KERS zu gefährlich ist...", rechtfertigt er seine Handlungen - und ärgert sich: "Manchmal versuchen die Leute, eine schlechte Story aus einer Sache zu machen, die ganz normal ist. Aber so läuft das eben."

Sehnsucht nach den wilden Jahren

Für Räikkönen stimmt der Satz: Früher war alles besser. Einen Hinweis, dass er die "wilden Jahre" des Sports der sterilen Gegenwart vorziehen würde, gab er, als er unter dem Pseudonym James Hunt bei einem Snowmobil-Rennen antrat.


Fotos: Großer Preis von Australien


Der Brite war als Playboy und Lebemann bekannt - es gibt die Mär, dass er einmal seinen McLaren bei einem Test neben der Strecke abstellte und ein Nickerchen machte, weil er am Vorabend einen über den Durst getrunken hatte. "Damals war die Formel 1 etwas anderes", findet Räikkönen. "Das Leben geht weiter - alles verändert sich. Aber damals, als er fuhr, war es mit Sicherheit etwas lustiger."

"Damals, als James Hunt fuhr, war es mit Sicherheit etwas lustiger." Kimi Räikkönen

Rallye-Einsätze bei Lotus tabu?

Und auch wenn ihm sein Team viele Freiheiten gibt, ist ein Thema durch die nähere Vergangenheit klar vorbelastet: der Rallyesport. Zur Erinnerung: Robert Kubica, um den Teamchef Boullier mühsam ein Team aufbaute, verunglückte vor einem Jahr bei einem Rallye-Gaststart schwer - ob er je wieder Formel 1 fahren kann, ist ungewiss. Das Team aus Enstone wurde daraufhin kritisiert, warum man seinem Piloten überhaupt die Erlaubnis gegeben hat.

Daher zeigt sich Räikkönen keineswegs verwundert, dass Rallye-Start in seinem Vertrag untersagt sind. "Das ist normal in der Formel 1 - sie wollen alles verbieten", zuckt er mit den Schultern. "Es ist traurig, was im Vorjahr mit Robert passiert ist - aber selbst davor stand das bereits in den Verträgen."

Dennoch hat er es noch nicht ganz aufgegeben, die eine oder andere Rallye zu bestreiten. "Ich liebe es nach wie vor. Wenn ich es dieses Jahr neben der Formel 1 tun könnte, würde ich es tun", stellt er klar. "Ich finde, dass es ein gutes Training ist und dass es Spaß macht. Wenn ich ein paar gute Ergebnisse einfahre, dann bekomme ich in Zukunft vielleicht eine Freigabe."