• 17.11.2012 17:57

  • von Fabian Hust

Probleme bei Mercedes: Wurz hat die Kultur im Verdacht

Alexander Wurz über die Probleme von Mercedes und die Frage, ob Lewis Hamilton der Richtige für das Team ist

(Motorsport-Total.com) - Alexander Wurz gilt als ein Fahrer, der technisch sehr versiert ist. Kein Wunder, dass der Österreicher für das Williams-Team als Fahrermentor tätig ist. Und natürlich beobachtet der ehemalige Formel-1-Pilot auch, was bei der Konkurrenz passiert, zum Beispiel bei Mercedes: "Da stagnieren sie seit drei Jahren - und das ist und kann nicht befriedigend sein", so Wurz gegenüber der 'Sportwoche'.

Titel-Bild zur News: Alexander Wurz

Alexander Wurz ist gespannt, wie sich Lewis Hamilton bei Mercedes integriert

Dass Mercedes in der ersten Saisonhälfte - vor allem bei Nico Rosbergs Sieg in China - so erfolgreich war, ist für den 38-Jährigen logisch, denn der Mercedes neigt zu starkem Abbau der Hinterreifen. Deswegen "waren sie in einem Rennen, China, dominant - weil dort nur die Vorderreifen abbauen": "Das war ideal für sie."

Auffällig sei, dass danach "kein einziges Upgrade" mehr "funktioniert" habe: "Da geht es hauptsächlich um die Aerodynamik, aber sie müssten sich auch mechanisch orientieren, weil sie das einzige Team sind, das immer mit den Hinterreifen Probleme hat."

Die Ursache dieser Probleme ortet Wurz in der Vergangenheit des Rennstalls. Schon zu Tyrrell- und BAR-Zeiten habe man einen folgenschweren Fehler begangen: "Sie haben in der verrückten Zeit, als alle so viel getestet haben, zwar genauso viel getestet, aber das Wissen von damals nicht richtig dokumentiert und in die Kultur, in das Denken der einzelnen Mitarbeiter, reingebracht. Und als die dann weg waren, dann war es weg."

Jeder Chef habe mit seinen Mitarbeitern nur über ein Detail des Autos geredet: "Das war seine Arbeitsplatzabsicherung. Er saugt alles auf, gibt nichts weiter. Ist er weg, versteht keiner mehr das Ganze in seinen Zusammenhängen. Und ich glaube eben, dass Mercedes in seinen einzelnen Segmenten so eine Kultur noch drinnen hat."

Nichtsdestotrotz sei es von Mercedes ein guter Schachzug gewesen, das Team zu übernehmen, auch wenn zunächst Ross Brawn so schlau war, nach dem Honda-Rückzug zuzuschlagen: "Mercedes hat es dann ein Jahr später immer noch zu einem Spottpreis übernommen, weil die dortige Hardware bei weitem teurer ist. Also hat sich der Deal kaufmännisch als gut erwiesen."

Eine ganz andere Kultur könnte das Verhältnis von Lewis Hamilton - der ab kommendem Jahr für Mercedes startet - und McLaren zerstört haben: "McLaren hat ja sehr viel 'Human Engineering' gemacht, um ihn und seine Eskapaden zu kontrollieren. Aber vielleicht haben sie das ja auch überzogen. Und das führte zu einer Entfremdung, wie wenn einer die Pubertät durchlebt."

Alexander Wurz ist aus diesem Grund schon ganz gespannt, wie die "Ehe" mit dem britisch-schwäbischen Rennstall funktionieren wird, wie er gegenüber der 'Sportwoche' weiter erklärt: "Er ist schon ein Fighter. Er kann Auto fahren wie wenige." Und vielleicht schafft es Mercedes ja doch noch, ein dauerhaft siegfähiges Auto auf die Beine zu stellen.