Politiker fordern Teams zu Bahrain-Boykott auf

Weil sie am 30. Oktober einen "Tag des Zorns" im Rahmen der Formel 1 befürchten, rufen Politiker zu einem Boykott des Bahrain-Grand-Prix auf

(Motorsport-Total.com) - Die FIA hat sich mit ihrer Entscheidung, den Grand Prix von Bahrain am 30. Oktober nachzuholen, womöglich ein Eigentor geschossen. Denn der Aufschrei, der zunächst vor allem durch die (verhältnismäßig unbedeutenden) Motorsportmedien ging, weitet sich nun immer weiter aus. Inzwischen fordern auch hochrangige europäische Politiker einen Boykott des Rennens.

Titel-Bild zur News: Guy Verhofstadt

Der liberale Politiker Guy Verhofstadt fordert die Teams zum Handeln auf

"Es darf keine Situation geben, in der die Politik den Sport überholt", warnt etwa der britische Sportminister Hugh Robertson im 'Telegraph' und befürchtet, dass der Renntag mit seiner weltweiten TV-Übertragung für politische Zwecke missbraucht werden könnte: "Wenn das passiert, dann kommt es zur Katastrophe. Man kann verstehen, warum oppositionelle Gruppen wollen, dass das Rennen stattfindet, wenn sie Proteste planen. Das ist eine Gefahr."

Droht ein "Tag des Zorns"?

In internationalen Nachrichtenmedien ist, basierend auf Ankündigungen von schiitischen Aktivisten, von einem "Tag des Zorns" die Rede. Demnach könnte die Opposition die internationale Bühne der Formel 1 nutzen, um der Welt zu zeigen, wie sie vom sunnitischen Regime unterdrückt wird. Zuletzt hatte sich bekanntlich große Verwunderung darüber breitgemacht, dass die Oppositionspartei Al Wefaq vor der FIA-Entscheidung für einen Nachholtermin des Grand Prix plädierte.

Der liberale Europaparlamentarier und ehemalige belgische Premierminister Guy Verhofstadt fordert ebenfalls einen Bahrain-Boykott: "Zu erlauben, dass der Bahrain-Grand-Prix stattfindet, obwohl das Regime die friedlichen Proteste brutal niedergeschlagen hat, sendet die falsche Botschaft an diejenigen, die bereit sind, im Arabischen Frühling aufzustehen und ihr Leben für Demokratie und Menschenrechte zu riskieren. Wir können in Bahrain nicht zum Alltag übergehen."

¿pbvin|512|3769||0|1pb¿Außerdem kritisiert er, dass das Regime so weit gegangen ist, Truppen aus Saudi-Arabien ins Land zu holen, um die Proteste der Schiiten niederzuschlagen. Und: "Protestanten wurden ermordet, gefoltert und inhaftiert. Das muss sorgfältig untersucht und darf nicht unter den Teppich gekehrt werden. Solange das nicht der Fall ist, finde ich, dass der Grand Prix nicht nach Bahrain zurückkehren sollte. Ich fordere die Teams dazu auf, das Rennen zu boykottieren!"

Übergriffe gehen weiter

Indes sickern weitere Berichte von gewalttätigen Übergriffen der Polizei nach Europa durch. Obwohl der Ausnahmezustand seit 1. Juni beendet ist, soll es am Sonntag im Zuge eines religiösen Festes erneut zur Niederschlagung von Menschenansammlungen gekommen sein. 'Reuters' berichtet unter Berufung auf Augenzeugenberichte, dass die Polizisten dabei Tränengas, Gummigeschosse, Geräuschgranaten und Vogelschrot gegen die Bevölkerung eingesetzt haben.

Was die umstrittene Entscheidung des FIA-Motorsport-Weltrats angeht, so nehmen Gerüchte Fahrt auf, wonach das Abstimmungsergebnis doch nicht einstimmig gewesen sein soll, wie die FIA mittels Presseaussendung behauptet hat. Ausgerechnet Bernie Ecclestone wird nachgesagt, dass er das Rennen wegen des immensen Drucks seitens der Teams lieber abgesagt hätte. Er und andere Bahrain-Gegner haben sich jedoch der Stimme enthalten, heißt es.


Fotos: Bandini-Trophäe für Nico Rosberg


Laut Informationen des 'Telegraph' soll neben dem FIA-CIK-Präsidenten Scheich Abdullah Isa bin Al Chalifa auch Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali für einen Nachholtermin noch in dieser Saison gestimmt haben. Ferrari hat bei wichtigen Anlässen als wichtigstes Formel-1-Team einen Sitz im 26 Stimmen umfassenden Weltrat. Ob dieses Abstimmungsverhalten mit der Teamvereinigung FOTA besprochen war, entzieht sich unserer Kenntnis.