• 01.03.2015 18:29

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Pirelli-Reifen: Nicht langsamer, aber langsamer nicht schnell

An welchen Stellschrauben der Reifenzulieferer im Winter gedreht hat und welche Leistungsunterschiede es zwischen den Mischungen es geben wird

(Motorsport-Total.com) - Die Pirelli-Pneus sind längst nicht mehr der große Formel-1-Zankapfel, der sie in der Vergangenheit waren. Trotzdem regte sich 2014 Kritik an den Italienern und ihren Entscheidungen bezüglich der Mischungen für die einzelnen Rennwochenenden, worauf reagiert wurde. Mit den Erkenntnissen der Testfahrten ist Reifenchef Mario Isola zufrieden: "Wir haben für die Hinterachse eine neue Konstruktion, die den Reifenverschleiß besser verteilt. Unsere Erwartungen haben sich erfüllt."

Titel-Bild zur News: Weicher Pirelli-Reifen

Auf den neuen Pirelli-Reifen sollen die Teams noch mehr bauen können als 2014 Zoom

Pirelli setzte Prototypen schon beim Abu-Dhabi-Test unmittelbar nach dem Grand Prix ein und spricht in diesem Zusammenhang von repräsentativen Bedingungen, die die Wintertestfahrten nicht boten - das lag allen voran an den niedrigen Temperaturen. Trotzdem zeigten sich zahlreiche Parallelen, was Isola als ermutigend wertet. Nur was den neuen superweichen Pneu angeht, erkennt er Fragezeichen: "Richtig getestet haben wir ihn nicht. Jerez und Barcelona passen nicht zu diesem Reifen."

Trotzdem werden erste Resultate einer besseren Temperaturverteilung deutlich: Das aktuelle Modell ist nicht schneller, bietet aber mehr Widerstandsfähigkeit gegen Körnen und Bläschenbildung. Isola erwartet nicht, dass sich bei Rundenzeiten nach Beginn des Rennbetriebs ein großer Unterschied zur nächsthärteren Mischung, dem Soft, einstellt. "Wir haben Differenz von zwei, drei Zehntelsekunden beobachtet. Um Leistung ging es nicht, sondern um eine gleichmäßigere Temperaturverteilung", stellt er klar.

Betriebsausflug nach Sotschi

Den großen Leistungssprung gibt es eher zwischen dem Soft und dem Medium. Isola spricht von 1,2 bis 1,3 Sekunden. Bezüglich des harten Reifen erlaubt er sich hingegen keine Prognose. Für alle Mischungen gilt, dass sie bessere Traktion am Kurvenausgang versprechen. "Die Fahrer werden in der Lage sein, etwas früher auf das Gaspedal zu treten. Das ist der Hauptunterschied", untermauert der Italiener Einschätzungen, nach denen die Rundenzeiten im Jahr 2015 nochmals deutlich sinken werden.


Fotos: Testfahrten in Barcelona


Pirelli empfiehlt bei niedrigen Außentemperaturen (wie sie im europäischen Sommer wieder drohen könnten) den Medium-Reifen, der weniger körnt und beständiger ist. Am Ziel der Entwicklung und dem Leitmotiv für die Auswahl von Mischungen für die Grands Prix hat sich nichts geändert: "Wir wollen zwei bis drei Boxenstopps, aber wir haben vier Mischungen für 20 verschiedene Strecken und ganz unterschiedliche Autos", klagt Isola über den Drahtseilakt, der Pirelli zuletzt nicht immer gelang.

Die Bandbreite ist für die unterschiedlichen Strecken nicht groß genug, um immer ein perfektes Ergebnis zu erhalten: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir in Monaco mit Supersoft und Soft drei Boxenstopps sehen. Aber wir können ja auch nicht speziell dafür Reifen produzieren. Wir müssen Kompromisse eingehen", so Isola. Aus dem Dauerlutschen von Sotschi will er dagegen gelernt haben: "Der Asphalt war neu und seltsam, der mechanische Grip merkwürdigerweise sehr hoch. Wir reisen dort im Frühling an und messen nochmals."