• 20.01.2009 10:38

  • von Dieter Rencken aufgezeichnet

Piquet geht "entspannter in die zweite Saison"

Nelson Piquet glaubt zum Formel-1-Saisonstart 2009 an eine interne Chancengleichheit - nach einem Testtag nur grundlegende Erkenntnisse

(Motorsport-Total.com) - Nelson Piquet war es, der die Jungfernfahrt des neuen Renault R29 am Montag im portugiesischen Portimão unternehmen durfte. Anschließend berichtete der Brasilianer über seine ersten Eindrücke von Auto und Strecke, und gab darüber hinaus noch viele Einblicke über seine Ziele in der neuen Formel-1-Saison.

Titel-Bild zur News: Nelson Piquet Renault R29

Nelson Piquet auf seiner Jungfernfahrt mit dem neuen Renault R29

Frage: "Hast du schon versucht das Setup zu verändern?"
Nelson Piquet: "Nein. Am ersten Tag ging es darum, dass Auto aus der Garage heraus zu bringen. Zu sehen, ob der Motor genügend gekühlt wird, zu sehen, dass die Aufhängung das Chassis nicht berührt. All diese Kleinigkeiten sind die ersten Themen gewesen. Danach wollen wir uns mit dem KERS beschäftigen, mit dem Frontflügel und erst danach werden wir das Auto langsam zum Arbeiten bringen."#w1#

Frage: "Fühlt es sich komisch an, die neuen Autos zu fahren?"
Piquet: "Natürlich gibt es mit den neuen Regeln ein paar Funktionalitäten mehr. Aber als ich von der GP2 in die Formel 1 kam, hatte ich das Gefühl, drei Playstation-Konsolen auf einmal zu benutzen. Nun sind es deren fünf. Ich werde mich schon irgendwie daran gewöhnen."

Frage: "Mit wie viel mehr Selbstvertrauen gehst du in deine zweite Formel-1-Saison?"
Piquet: "Zwischen der ersten und zweiten Saison gibt es schon viele Unterschiede. Du kennst die Strecken, du bist etwas entspannter, denn immerhin hast du mittlerweile 18 Starts auf dem Buckel. Du kennst also das Prozedere."

Noch keine genauen Erkenntnisse über 2009

Fernando Alonso und Nelson Piquet

Fernando Alonso und Nelson Piquet - zumindest zum Saisonstart gleichgestellt Zoom

"Ich erinnere mich noch gut an mein erstes Rennen in Australien. Ich hatte in der Qualifikation ein Problem und startete von ganz hinten, war aber trotzdem sehr nervös. Nach all den Starts während der Saison ist es nun wesentlich entspannter. Ich kann nun an andere Dinge denken und mir keine Sorgen über die Dinge machen, die mich mit dem Auto nicht beschäftigen sollten. Die Saison sollte viel einfacher werden."

Frage: "Du hast heute nur Basisarbeit erledigt. War dein erster Eindruck nach dem Motto: 'Oje, das hat viel weniger Abtrieb'?"
Piquet: "Nein. Es regnete und die Strecke war neu. Wenn der Asphalt neu ist, dann hat es auch viel mehr Öl. Es ist sehr schwer etwas zu fühlen. Und wenn es dazu noch regnet, dann ist sowieso alles ganz unterschiedlich. Wenn das Auto morgen zwei Sekunden schneller ist, dann kann das nur bedeuten, dass es weniger geregnet hat. Der Regen ist niemals konstant, es ist nicht so wie im Trockenen. Im Regen ist es unmöglich, etwas zu fühlen."

Frage: "Was kannst du uns über die Unterscheide zwischen der Spezifikation 2009 und den Autos der Generation 2008 berichten?"
Piquet: "Noch einmal: Es war sehr rutschig. Wir sind aus der Box gefahren, haben fünf Runden gedreht und sind wieder an die Box gefahren. Mehr hat man nicht von mir verlangt. Wir haben nicht auf die Uhr geschaut. Wir wollen mit dem Auto Kilometer abspulen und zusehen, dass alles perfekt arbeitet. In Sachen Setup starten wir später, wenn es trocken ist, und beim zweiten Test."

Frage: "Nach einem Jahr - was ist das größte Problem, wenn man gemeinsam mit Fernando Alonso in einem Team ist?"
Piquet: "Im ersten Jahr war das nur gut für mich. Ich hatte einen sehr starken Teamkollegen und ich musste unheimlich hart pushen. Aber ich konnte feststellen, wo ich mich verbessern musste und wenn ich einmal schneller war, dann befand ich mich in einer sehr guten Situation."

Chancengleichheit mit Alonso

"Hoffentlich sind wir dazu in der Lage, beiden Fahrern das gleiche Testvolumen zu geben." Nelson Piquet

"Ich glaube im zweiten Jahr wird es noch schwieriger werden, denn jetzt kommt der Punkt, an dem das Team beiden Piloten die gleiche Chance geben wird. Und mit dem aktuellen Testsystem, in dem wir nur noch ein Auto und eine beschränkte Anzahl von Testtagen zur Verfügung haben werden, wird das schon schwer. Wie will man beurteilen, welche Tage für welchen Fahrer zur Verfügung stehen?"

"Hoffentlich sind wir dazu in der Lage, beiden Fahrern das gleiche Testvolumen zu geben. Und dann gibt es noch das Thema Strategie. 2008 war mein erstes Jahr und ich habe viel gelernt. Natürlich hat man ab und zu Fernando eine Priorität eingeräumt, denn er hatte eine bessere Siegchance oder war näher an der Spitze dran. Nun denke ich, dass das Team beiden Autos die gleichen Rahmenbedingungen geben sollte. Das zweite Jahr wird schwieriger."

Frage: "Ist die Sitzposition die Gleiche wie im Vorjahr?"
Piquet: "Es ist fast das Gleiche. Zwischen 2006 und 2007 gab es an der Front eine größere Veränderung und ich habe das nicht gefühlt. Dieses Jahr fühlte ich das auch nicht. Dieses Jahr ist das Cockpit um einen Hauch größer, deswegen gibt es auch ein bisschen mehr Platz. Ich fühle mich nun wesentlich wohler und ich habe auch eine bessere Sitzposition gefunden."

Frage: "Wie viele Lektionen hast du mit dem KERS schon gehabt? Im Sinne von: 'Was ist zu tun, was sollte man nicht tun, was besser nicht berühren', um auf der sicheren Seite zu sein?"
Piquet: "Es ist nicht so gefährlich wie viele behaupten. Wir hatten einen Unfall, aber alle Teams kommunizieren miteinander und helfen sich gegenseitig. Sie tauschen ihre Probleme aus, damit alle so sicher wie möglich sind. Wir bekamen bisher eine Lektion. 85 Prozent davon war, wie man KERS auf der Strecke benutzt, es ging weniger um die gefährlichen Dinge. Es gibt Grundregeln, wir müssen vorsichtig sein, aber da gibt es nichts Drastisches."

Frage: "Fernando hat die Messlatte ziemlich hoch gesetzt, indem er sagte, dass er um den Titel mitfahren will. Was sind deine persönlichen Ambitionen für 2009?"
Piquet: "Es geht immer darum, das herauszuholen, was in dem Auto steckt. Klar, wenn das Auto in der Lage dazu ist, um den Titel kämpfen zu können, dann will ich da auch mitmischen. Natürlich müssen wir optimistisch sein, aber wir wissen noch nicht, wie gut das Auto ist. Vielleicht haben wir ja in Australien eines der schnellsten Autos, das wäre natürlich toll. Aber realistisch gesehen fahren wir unter die Top 6. Wenn das Auto gewinnen kann - umso besser."

KERS als Strategieelement

"Ein paar Teams werden es sofort auf die Reihe bekommen, einige andere werden sehr holprig starten." Nelson Piquet

Frage: "Wie groß wird die Herausforderung werden, KERS während des Rennens zu benutzen?"
Piquet: "Die Ingenieure spielen dabei eine wichtige Rolle. Sie müssen alles kalkulieren und die Simulation in der Box benutzen, damit sie dem Fahrer mitteilen, wo der beste Ort ist, das System zu nutzen. Es wird also eine strategische Komponente sein. Leider haben wir selbst keinen Simulator, um damit herumzuspielen und uns daran zu gewöhnen, aber das werden wir sicher hinbekommen. Vielleicht werden in den ersten Rennen alle ein paar Anpassungsprobleme haben. Aber danach werden alle schnell dazulernen und alles geht in die gleiche Richtung."

Frage: "Denkst du, dass durch die neuen Regeln die Saison 2009 ausgeglichener gestaltet wird?"
Piquet: "Schwer zu sagen. Die Idee hinter den neuen Regeln war es, den Teams, die wie Renault früher Rennen gewonnen haben, die Möglichkeit zu geben, zurückzukommen und wieder zu siegen. Auch Teams wie Toyota, die zwar ein großes Budget haben, aber in falsche Projekte investiert haben, können nach vorne kommen und um Rennsiege kämpfen."

"Mit der aktuellen Krise müssen viele Teams in unterschiedlichen Bereichen sparen. Auch das könnte die Dinge verändern. Aber große Teams wie Ferrari oder McLaren werden so stark wie immer sein. Ich denke, die Idee war gut. Ich glaube, es wird ähnlich wie das vergangene Jahr sein. Ein paar Teams werden es sofort auf die Reihe bekommen, einige andere werden sehr holprig starten. Es hängt alles davon ab, ob man ein gutes Auto gebaut hat."

Frage: "Erwartest du in dieser Saison mehr Gegner überholen zu können?"
Piquet: "Hoffentlich hilft uns der große Frontflügel und der kleine Heckflügel dabei. Aber ich bin noch nicht hinter jemandem hergefahren, von daher weiß ich es nicht."

Frage: "Es sieht nicht so aus, als würde Rubens Barrichello in dieser Saison ein Cockpit bekommen. Was denkst du als Brasilianer darüber?"
Piquet: "David Coulthard hat seinen Rücktritt geplant. Er wusste, dass er aufhören wird und jeder hat ihm ein kleines Geschenk gegeben. Leider wollte Rubens weitermachen, aber dann kamen die schlechten Honda-Nachrichten und nun hört er nicht gerade unter den besten Umständen auf. Das tut mir schon leid, aber er hatte eine lange Karriere. Er hat viel erreicht, er hat viel gewonnen und er ist für ein paar richtig gute Teams gefahren."