• 18.04.2013 20:03

  • von Dieter Rencken

Perez: "Bemerkenswert, dass ich so stark kritisiert werde"

Wie Sergio Perez auf die Kritik von Teamchef Martin Whitmarsh reagiert, wieso ihn die China-Performance verwirrt und weshalb er von Siegen weiter überzeugt ist

(Motorsport-Total.com) - Nach einem verheerenden Wochenende in China wurde McLaren-Neuzugang Sergio Perez von Teamchef Martin Whitmarsh kritisiert, er könne mit seiner Leistung in Schanghai nicht zufrieden sein. In der Medienrunde am Donnerstag vor dem Bahrain-Wochenende wurde der Mexikaner mit Whitmarsh Aussagen konfrontiert, rechtfertigte sich und wunderte sich über die negative Wahrnehmung, schließlich war er mit den ersten zwei Rennen hochzufrieden.

Titel-Bild zur News: Sergio Perez

Sergio Perez spürt, wie dünn die Luft bei den Topteams der Formel 1 ist Zoom

Frage: "Sergio, China war für dich ein schwieriges Wochenende. Danach hat dein Teamchef gemeint, du musst dich etwas steigern. Wie hast du darauf reagiert?"
Sergio Perez: "Ich denke, dass das normal ist. Wir hatten ein wirklich schlechtes Wochenende, und ich war enttäuscht über unsere Performance. Ich sehe es positiv. Im Team weiß man, dass ich eine gute Leistung gebracht habe. Wir haben jetzt drei Rennen hinter uns, und es war mein erstes wirklich schlechtes Wochenende mit einem schwierigen Auto. Wenn wir zum Australien-Grand-Prix zurückblicken, dann kann man sagen, dass ich so ziemlich das Maximum aus dem Auto herausgeholt habe."

"Das Qualifying war wegen der Reifenwahl ziemlich schlecht, und dann ist es mir gelungen, ein gutes Rennen mit einem sehr guten Tempo zu fahren. In Malaysia hatten wir ein Problem mit der Vorderradaufhängung. Das hat uns daran gehindert, unser wahres Potenzial zu zeigen - im Qualifying und im Rennen. Schanghai war für mich ein harter Lernprozess über das gesamte Wochenende hinweg. Wir - das Team und auch ich selbst - haben wirklich viel gelernt. Jetzt beginnt ein neues Wochenende."

Frage: "Wie würdest du persönlich deine bisherige McLaren-Saison bewerten?"
Perez: "Ich hätte mir sehr viel mehr erwartet. Wir haben uns mehr erwartet. Bislang hatte ich zwei gute Wochenenden und ein sehr schlechtes Wochenende."

Frage: "Dein letzter Stint in Schanghai war ein bisschen besser als die Stints davor. Was war der Grund?"
Perez: "Wir wissen es nicht. Das sind die Fragezeichen, die wir für unser restliches Leben haben werden. Die Reifen sind sehr schwierig, wir hatten auch ein paar Schäden am Auto - der Frontflügel, der hintere Teil des Unterbodens. Es ist sehr schwer zu verstehen. Ich habe keine Antwort auf diese Frage."

Fehlt die Aggressivität?

Frage: "Martin hat vorgeschlagen, dass du auf der Rennstrecke etwas aggressiver sein musst. Stimmst du ihm zu?"
Perez: "Wir haben darüber gesprochen. Es ist schwer zu beurteilen, wann man aggressiv sein kann und wann nicht. Derzeit ist es schwierig, sehr aggressiv zu sein. Wenn man nämlich zu aggressiv ist, dann verliert man Zeit. Mit unserer Strategie ging es in Schanghai nur darum, die Reifen zu schonen, damit sie bis zum Ende halten. Wenn ich also aggressiver gefahren wäre, dann wäre der Verschleiß höher gewesen. Daher ist es schwierig, die richtige Balance zu finden. Es gibt Leute, die auf einer anderen Strategie unterwegs sind. Wenn sie auf den gleichen Reifen sind, dann sind sie drei bis vier Sekunden schneller als du. Da ist es unmöglich, sie aufzuhalten."

" Wenn ich also aggressiver gefahren wäre, dann wäre der Verschleiß höher gewesen." Sergio Perez

Frage: "War das eine faire Beurteilung von Martin?"
Perez: "Auf eine gewisse Art und Weise... Es hängt davon ab, wie man etwas beurteilt und zu welchem Zeitpunkt des Rennens. Meiner Meinung nach - und das ist meine Meinung - muss man beurteilen, wann man aggressiv sein kann und wann man gar nichts machen kann."

Frage: "Wie schwierig ist es nach einem Wochenende wie China, den Reset-Knopf zu drücken und wieder neu anzufangen?"
Perez: "Es ist einfach. Nach so einem Wochenende ist es schön, wieder zurück zu sein. Glücklicherweise fahren wir so rasch wieder ein Rennen."

Frage: "Warum war das China-Wochenende so hart für dich? Lag es an der Setup-Richtung, in die du gegangen bist?"
Perez: "So ziemlich. Es ist schwierig, diese Frage zu beantworten. Diese Reifen sind so schwierig. In meinem ersten Stint habe ich so viel Zeit verloren. Wir haben dann geplant, die Strategie zu reparieren und auf drei Stopps umzusatteln. Aber es ist schwierig, diese Entscheidungen zu treffen. Wir hatten im ersten Stint große Probleme und verstehen nicht wirklich, was schiefgelaufen ist. Durch eine Kollision mit Kimi gab es ein paar Beschädigungen, aber die letzten zwei Stints waren dann ziemlich konkurrenzfähig. Die Frage war also, was schiefgelaufen ist. Wir haben das sehr genau analysiert und glauben, eine Richtung gefunden zu haben."

Verwunderung über Kritik

Frage: "Das Auto macht es derzeit sehr schwierig, aber wie groß ist der Druck bei so einem Team wie McLaren für dich? Du hast ja gesagt, dass du dich gut schlagen willst, dass du Weltmeister werden willst..."
Perez: "Natürlich gibt es Druck. Bei McLaren schaut jeder auf dich und auf deine Performance. Jedes Training, jedes Rennen. Ich finde es bemerkenswert, dass ich nach drei Wochenenden, wo ich bei zwei das Maximum herausgeholt habe, so stark kritisiert werde. Ich denke aber, dass das bei einem Team wie McLaren ziemlich normal ist."

Frage: "Hast du damit gerechnet, als du hier hergekommen bist?"
Perez: "Darüber habe ich nie nachgedacht. Wenn ich absolut ehrlich bin, dann muss ich sagen, dass mich das nicht kümmert. Ich bin hier, um meine Arbeit zu machen, und ich werde an diesem Wochenende mein Bestes geben. Es liegen noch 16 Wochenenden vor uns - ich werde an diesen 16 Wochenenden mein Bestes geben."

"Wenn ich absolut ehrlich bin, dann muss ich sagen, dass mich die Kritik nicht kümmert." Sergio Perez

Frage: "Wie groß ist die Belastung und die Herausforderung, mit einem Teamkollegen verglichen zu werden, der Weltmeister ist?"
Perez: "Nun ja, ich muss sagen, dass es extrem schwierig ist, Jenson zu schlagen. Ich habe in diesen ersten Rennen sehr viel gelernt. In China war ich weit weg von ihm und bin nie in seine Nähe gekommen. Er war das gesamte Wochenende über sehr stark. Er liefert eine sehr solide Leistung ab. Mit dem Auto, das wir derzeit zur Verfügung haben, leistet er sehr gut Arbeit. Hoffentlich kann ich an diesem Wochenende wieder auf seinem Niveau sein."

Frage: "Hast du das Gefühl, dass du Jenson schlagen muss, damit dein McLaren-Abenteuer zum Erfolg wird?"
Perez: "Ich will jeden schlagen, nicht nur Jenson. Wenn man Erfolg haben will, dann muss man gewinnen - egal, unter welchen Umständen. Am Ende will ich gewinnen, und dazu sind wir derzeit nicht imstande."

Perez von Erfolgen bei McLaren überzeugt

Frage: "Du befindest dich dieses Jahr in einem ganz anderen Umfeld als im Vorjahr. Was muss passieren, damit du wieder diese grandiosen Auftritte hinlegst wie vor allem zu Beginn des Vorjahres?"
Perez: "Zuerst bräuchten wir ein Auto, das dazu in der Lage ist. Derzeit sind wir weit davon entfernt, aber wir näher uns an. Für mich ist es aber am wichtigsten, das Potenzial des Autos zu maximieren. Das ist an diesem Wochenende mein größtes Ziel."

Jenson Button, Sergio Perez

Sinnbild bei McLaren: Button hat gut Lachen, Perez mit ernster Miene Zoom

Frage: "Bist du noch dabei, das Team kennenzulernen und dich hier einzufinden?"
Perez: "Nein, ich habe das Gefühl, dass ich mich ziemlich gewöhnt habe. Natürlich betreibt man nach jedem Rennen eine Art Feinabstimmung. Da haben wir viel gefunden. Und gerade durch die schlechten Wochenenden lernt man viel. An den guten Wochenenden lernt man nur wenig."

Frage: "Du bist erst seit ein paar Monaten bei McLaren. Hast du das Gefühl, dass zu schnell zu viel von dir erwartet wurde?"
Perez: "Nein, ich denke, dass das bei McLaren ganz normal ist. Man rechnet damit, dass man gewinnt. Diesen Druck lege ich mir selbst auf. Ich bin der erste, der hungrig nach Erfolg und nach Siegen ist. Das ist einfach so - und McLaren ist ein sehr ambitioniertes Team. Diese Ambitionen müssen wir nun mit den Ressourcen kombinieren - und früher oder später werde ich mit diesem Team viel Erfolg haben."

Frage: "Es ist unglaublich, wie ein schlechter Freitag ein gesamtes Wochenende beeinflussen kann. Das sah doch nach einem Wochenende zum Vergessen aus."
Perez: "Ja, auf jeden Fall. Das sind die richtigen Worte: ein Wochenende zum Vergessen. So ordne ich es auch ein. Ich habe auf jeden Fall viel Positives von diesem Wochenende mitgenommen. Ich habe viel gelernt, und das gilt auch für das Team. Das war das schlechteste von bisher drei Wochenenden."

Reifen sorgen für Frust

Frage: "Was hast du gelernt - kannst du uns ein Beispiel nennen?"
Perez: "Da gibt es ziemlich viele Dinge - vor allem, was das Reifenmanagement und die Reifenstrategie angeht. Da muss auch das Timing stimmen."

Frage: "Das Rennen war sicher schwierig, denn du warst in Zweikämpfe verwickelt, und es sah so aus, als hättest du gar nicht gegen sie gekämpft, aber man muss gleichzeitig auf die Reifen achten. Wie bekommst man diesen Spagat hin?"
Perez: "Es ist sehr schwierig, denn die Reifen sind sehr schwach, und es ist sehr schwierig, irgendetwas mit alten Reifen auszurichten, wenn die Strategien unterschiedlich sind - wenn andere auf drei Stopps setzten und du auf zwei Stopps. Dann sollte man sich nicht um sie kümmern, denn wenn man gegen sie kämpft, dann werden sie einen ohnehin in der nächsten Kurve überholen. Deine Reifen werden dann aber überhitzen."

Frage: "Ist das nicht frustrierend? Du bist einer der besten Fahrer da draußen und kannst es nicht zeigen..."
Perez: "Genau. Das macht die Situation sehr schwierig. Sobald das Rennen beginnt, muss man auf die Reifen achten, hat Verkehr. Das macht es schwierig."

Frage: "Was ist dein Plan an diesem Wochenende?"
Perez: "Der Plan ist, das Potenzial des Autos abzurufen. Wir rechnen mit einem ziemlich schwierigen Wochenende."

Frage: "Die Probleme aus dem Vorjahr in Bahrain sind dieses Jahr kaum spürbar. Ast du auch das Gefühl?"
Perez: "Ja, bisher scheint alles in Ordnung zu sein. Wir konzentrieren uns auf den Rennsport."

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