Neues Reglement: Fahrer geteilter Meinung
Michael Schumacher versteht die Aufregung nicht und Nico Rosberg findet es gut für die Show, aber nicht alle begrüßen das neue Reglement
(Motorsport-Total.com) - Auch nach dem ersten Freien Training in Melbourne ist nicht klar, wie sich die Neuerungen in dieser Saison auswirken werden. Pirelli-Reifen, verstellbarer Heckflügel, KERS - über den Winter wurden viele Punkte des neuen Reglements kritisiert, teilweise sogar von Weltmeister Sebastian Vettel. Vor allem der hohe Reifenverschleiß war in den vergangenen Wochen ein Thema.

© Red Bull
Mark Webber weiß nicht recht, was er von den neuen Regeln halten soll
"Du kannst es nicht verhindern. Ich habe einmal versucht, schonend mit dem Gaspedal umzugehen, aber das bringt nichts. Wenn die Reifen hinüber sind, sind sie hinüber", erklärt Witali Petrow, der sich allerdings vorstellen kann, dass sich die Situation an diesem Wochenende anders darstellen wird als bei den Wintertests, denn: "Hier haben wir einen schmutzigen Stadtkurs, der ganz anders ist als Barcelona. Vor dem Training kann niemand sagen, wie sich die Reifen entwickeln."
Am Freitagmorgen schienen tatsächlich mehrere schnelle Runden am Stück möglich zu sein - Vettel fuhr einmal sogar acht relativ konstante Umläufe hintereinander. Allerdings kam niemand über 30 Runden und einige wenige Piloten nahmen sogar schon einen zweiten Reifensatz in Anspruch. Doch jammern darf eigentlich niemand, schließlich war es ausdrücklicher Wunsch der Teams, dass die Reifen nicht mehr so unzerstörbar sein sollten wie zu Bridgestone-Zeiten.
Sauber vom Verschleiß überrascht
Aber: "Ich habe das nicht in dem Umfang realisiert, wie es jetzt ist", entgegnet Peter Sauber auf die Frage, ob das Abbauen der Reifen im Sinne der Show nicht das eigentliche Wunschszenario sei. Und er ergänzt: "Ich möchte die Reifen nicht beurteilen. Es ist ein neuer Reifen, ein neuer Reifenlieferant. Pirelli hat für die Zeit, die sie hatten, einen guten Job gemacht. Offensichtlich wurde gewünscht, dass die Reifen nicht lange halten, denn das ist etwas, was man schon feststellen kann."
Was den verstellbaren Heckflügel angeht, der von einigen sogar zum Sicherheitsrisiko erklärt wurde, so kann sich Mark Webber gut vorstellen, dass die Neuerung "für die Rennaction vielleicht gar nicht so schlecht" ist. Allerdings wundert er sich über die strengen Einsatzvorschriften der FIA: "Ich bin erstaunt, dass wir es im Qualifying immer nutzen dürfen, denn dort bringt es der Show gar nichts - im Qualifying wird ja nicht überholt!"
Ein Problem mit den vielen Knöpfen am Lenkrad sieht er nur bedingt: "Ich habe schon Formel-3000-Rennen in Monaco absolviert, als wir noch Handschaltung hatten. Wir können bestimmt einhändig fahren, das ist kein Problem", winkt Webber ab, räumt aber ein: "In einigen Kurven, wie zum Beispiel Eau Rouge in Spa-Francorchamps oder auch woanders, könnte es Probleme geben, wenn du dort plötzlich Grip verlierst. So würde man dort normalerweise nicht fahren."
¿pbvin|512|3551||0|1pb¿"Sogar Ayrton Senna hat in solchen Kurven das Lenkrad fest mit beiden Händen umklammert", glaubt der australische Red-Bull-Pilot. "Man muss reagieren können, man muss auf alle möglichen Reaktionen des Fahrzeugs gefasst sein. Wir werden sehen. Manchmal muss man sich an Neuheiten ganz einfach nur gewöhnen. Ich mag es ehrlich gesagt nicht sonderlich, werde aber damit zurechtkommen, wenn es sein muss."
Michael Schumacher versteht die Aufregung um den verstellbaren Heckflügel indes überhaupt nicht: "Dass ein Heckflügel im Rennen nur unter bestimmten Umständen aktiviert werden darf, ist doch nicht so schwierig zu verstehen und den Fans zu erklären. Das ist das Hauptthema", sagt er über die neuen Regeln. "Sonst haben wir neue Reifen und vielleicht andere Strategien, aber für uns sind das alles fantastische Werkzeuge und Zusatzfunktionen."
Einhändig durch Eau Rouge
"Im Vorjahr sind die Leute einhändig durch Eau Rouge gefahren", spielt der Mercedes-Pilot auf das inzwischen verbotene F-Schacht-System an. "Jetzt beschweren sich die gleichen Leute über die Sicherheit. Da halte ich den Jetzt-Zustand für sicherer." Auch Petrow fand die vielen Knöpfe schon "nach ein paar Tagen okay. Aber es ist eine Sache, damit zu testen, aber eine andere, damit auf einem engen Stadtkurs wie hier ein Rennen zu fahren."
"Der verstellbare Heckflügel", so der Russe, "bringt für das Überholen sehr viel, wenn auch vielleicht nicht auf dieser Strecke. Aber definitiv in Malaysia und Schanghai. Das Problem sehe ich nur im Qualifying, wenn sich der Flügel beim Anbremsen nicht zurückstellt. Da kannst du das Auto ganz schnell kaputt machen." Genau deswegen nutzten die Fahrer das erste Training in Melbourne, um sich mit dem verstellbaren Heckflügel vertraut zu machen.
Nico Rosberg ist übrigens ein Fan des Systems: "Es wird mehr Überholmanöver geben. Das ist gut für den Sport. Wenn der Heckflügel, die Reifen dazu beitragen, dann ist alles andere egal. Wir müssen nur aufpassen, dass die Rennen nicht chaotisch werden. Zu viele Boxenstopps wären verwirrend. Das ist meine einzige Sorge", analysiert der Deutsche und vermutet: "Das Rennen ist dieses Jahr ein bisschen wichtiger als im Vorjahr, als das Qualifying extrem wichtig war."
Bernie Ecclestones umstrittene Idee, die Strecken auch noch künstlich zu bewässern, kann die Mercedes-Piloten aber nicht begeistern: "Davon halte ich nichts", winkt Schumacher ab, während Rosberg erklärt: "Für den Moment würde das zu weit gehen. Wir haben ja schon einen großen Schritt gemacht, um die Rennen aufregender zu machen. Warten wir mal ab, wie das funktioniert, denn ich bin mir sicher, dass das viel bringen wird."

