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Neel Jani: Bin "ziemlich kampfstark und nervenstark"

Nach dem Verkauf von Sauber hat die Schweiz vor allem ein Eisen im Formel-1-Feuer: Red-Bull-Junior Neel Jani im Interview mit 'F1Total.com'

(Motorsport-Total.com) - In der Sauber-Hospitality, in der es noch bis Ende 2005 jeden Morgen das weltberühmte Bircher-Müsli gibt, werden ab kommender Saison vor allem die Münchner Weißwürste von BMW Einzug halten, und auch das Schweizer Formel-1-Aushängeschild Peter Sauber wird dem Rennstall nur noch beratend zur Verfügung stehen. Dennoch sind unsere eidgenössischen Nachbarn nicht ganz ohne aktives Eisen im Formel-1-Feuer: Neel Jani, 21 Jahre alt und derzeit Gesamtachter der GP2-Serie, ist Teil des viel versprechenden Nachwuchskaders von Red Bull. Im Rahmen des 'Festivals of Speed' in Goodwood, wo er heute einen aktuellen Red-Bull-Cosworth fahren durfte, stand er 'F1Total.com' Rede und Antwort.

Titel-Bild zur News: Neel Jani

Im Moment muss der Schweizer Neel Jani den Formel-1-Stars noch zuschauen...

Frage: "Neel, du bist eben aus dem Auto gestiegen. Wie gefällt es dir beim 'Festival of Speed' und was tut sich von den Leuten her?"
Neel Jani: "Heute sind 40.000 Leute da. Es ist ausverkauft. Morgen sollen auch 40.000 kommen. Gestern waren ein bisschen weniger da - um die 20.000 bis 30.000 würde ich sagen."#w1#

"Für jeden, der Motorsport liebt, ist das ein Traum"

Frage: "Es ist als Fahrer sicher aufregend, einmal bei so einer Veranstaltung mitzuwirken, aber sicher auch eine gute Gelegenheit zum Kontakte knüpfen, nicht wahr?"
Jani: "Für mich ist es das erste Mal in Goodwood. Es ist wirklich ein Riesenfestival. Für jeden, der Motorsport liebt, ist das ein Traum. Man hört überall Motorensound und sieht überall ein anderes Auto und ein anderes Motorrad. Das ist sicherlich ein unglaubliches Erlebnis. Dann auch noch selbst ein Formel-1-Auto fahren und die Burnouts oben auf dem Hügel machen zu dürfen, ist super, und es kommt auch eine Ehre dazu, denn man spricht hier zum Beispiel mit Leuten wie Fittipaldi, die man sonst einfach nicht treffen würde. Das ist sicherlich ganz schön."

Frage: "Die Formel 1 ist das Ziel eines jeden Rennfahrers. Hast du dir einen Zeitrahmen gesetzt, bis wann du dieses Ziel erreichen möchtest?"
Jani: "So früh wie möglich wäre das Schönste! Aber dieses Jahr hat ganz klar die GP2 Priorität für mich. Leider gibt es ja auch keinen Grand Prix der Schweiz, wo man sonst Freitagstestfahrten machen könnte. Man kann es aber bei dem belassen, dass mein Ziel ist, einfach so früh wie möglich in die Formel 1 zu kommen."

Frage: "Was sagt dir dein Gefühl: Wie nahe dran bist du schon?"
Jani: "Das hängt immer von vielen Faktoren ab. Mann kann einmal sehr nahe sein, aber es geht doch nicht, und dann kann man umgekehrt auch weit entfernt sein und es geht plötzlich alles sehr schnell. Das ist schwer zu beurteilen. Ich bin Testfahrer bei Red Bull Racing und ich komme auch ab und zu zum Einsatz. Man muss schauen. Man kann das nicht in dem Sinn beurteilen, wie nah man dran ist."

Jani hat "schon einige Erfahrungen" im Formel-1-Auto

Frage: "Du hast ja auch schon für Red Bull getestet, heute bist du auch wieder im Auto..."
Jani: "Letzte Woche habe ich zum Beispiel den Motor für Indianapolis getestet. Von daher habe ich schon einige Erfahrungen im Auto."

Frage: "Ich nehme einfach mal an, dass Red Bull momentan deine erste und auch einzige Anlaufstelle in der Formel 1 ist, nicht wahr?"
Jani: "Sagen wir es so: Ich habe einen Vertrag mit dem Red-Bull-Juniorteam und daher ist es für Red Bull auch das Logischste, dass sie mich mit ihrem eigenen Team in Verbindung bringen. Alles andere müsste man Red Bull fragen. Die machen das für mich."

Frage: "Du warst 2003 und 2004 Testfahrer des Sauber-Teams, bist aber relativ wenig zum Einsatz gekommen. Bist du darüber im Nachhinein enttäuscht?"
Jani: "In zwei Jahren zweieinhalb Tage sind nicht wirklich viel. Da bin ich bei Red Bull von September bis heute auf der Piste mehr gefahren - nicht bei Anlässen wie heute, sondern ich meine wirklich auf einer Rennstrecke. Es war also sicherlich nicht viel. Es war eine gute Möglichkeit, alles einmal kennen zu lernen, aber sicherlich hätte ich mir mehr erwünscht."

Kein konkreter Kontakt mehr zu Peter Sauber

Frage: "Hast du noch Kontakt zu Peter Sauber?"
Jani: "Wenn ich ihn treffe, dann natürlich schon, aber sonst nicht direkt. Es wird das Sauber-Team aber in Zukunft nicht mehr geben, wie ich diese Woche mitbekommen habe."

Frage: "Wenn du es schon ansprichst: Was hältst du als Schweizer davon, dass BMW jetzt bei Sauber einsteigt?"
Jani: "Peter Sauber wird schon wissen, wieso er verkaufen will. Schlussendlich bleibt der Standort Hinwil bestehen und die Mechaniker werden bleiben. Für das Team ist das sicherlich eine gute Sache."

Frage: "Wie groß ist denn das Interesse der Schweizer an der Formel 1 und wie leicht ist es dir gefallen, für deine Rennfahrerkarriere Sponsoren zu finden?"
Jani: "Sagen wir mal so: Bis 2004 war ich eigentlich immer auf mehr oder weniger privater Ebene unterwegs. Ich hatte sozusagen einen Gönner, sehr lange auch meine Eltern, die mich unterstützt haben, und nachher einige kleinere Sponsoren. 'Daltec' unterstützt mich zum Beispiel auf persönlicher Ebene auch jetzt in der GP2. Ansonsten sind Sponsoren aber sehr schwierig zu finden - wenn nicht sogar fast unmöglich..."

Kann Jani vom Verkauf des Sauber-Teams an BMW profitieren?

Frage: "Bisher hat sich das Interesse in der Schweiz zum Großteil auf das Sauber-Team konzentriert. Glaubst du, dass sich dass jetzt mit dem Verkauf des Teams an BMW zu deinen Gunsten verändern könnte?"
Jani: "Das ist eine schwierige Frage. Das muss man abwarten. Schwer zu beurteilen. Dazu kann ich noch nicht wirklich etwas sagen."

Frage: "Es gibt in der Schweiz dieses leidige Rennverbot. Wie kommt man als junger Schweizer eigentlich zum Motorsport?"
Jani: "Durch meinen Papa, der mir zum fünften Geburtstag ein Go-Kart geschenkt hat. Drei oder vier Kilometer von da, wo ich lebe, ist eine Kartbahn, wo ich zu fahren begonnen habe. So hat das angefangen. Wo ich inzwischen damit hingekommen bin, damit bin ich sehr glücklich bis jetzt."

Frage: "Du fährst dieses Jahr in der GP2-Serie, in der viele Nachwuchsfahrer mit Formel-1-Verbindungen unterwegs sind. Glaubst du, dass das momentan die stärkste Formelklasse außerhalb der Formel 1 ist?"
Jani: "Schwer zu sagen, denn ich kann nicht beurteilen, was beispielsweise in Amerika läuft. In Europa ist es aber von den Nachwuchsklassen her schon so, denke ich. Es gibt zehn oder 15 der besten Fahrer, die schon Verträge mit Formel-1-Teams haben. Insofern kann ich zustimmen, ja. Es gibt wie gesagt so um die 15 Fahrer in der GP2, die in ihrer Karriere schon relativ viel erreicht haben."

GP2-Serie: "Ich schaue positiv in die Zukunft"

Frage: "Bis jetzt gab es für dich in dieser Saison Hochs und Tiefs. Was ist da noch drin?"
Jani: "Am Anfang waren wir sicherlich nicht schlecht - gut im Rennen, aber immer schlecht im Qualifying. Da waren wir einfach zu langsam. Jetzt werden wir schneller, aber dafür haben wir mehr technische Probleme. Das letzte Rennen habe ich bis zwei Runden vor Schluss angeführt, aber dann hatte ich ein Problem. Beim vorletzten Rennen war ich Dritter, bis ich ein Problem hatte. Von dem her glaube ich, dass es besser wird. Ich würde generell sagen, dass man in der zweiten Saisonhälfte der GP2 wirklich sehen wird, wer wo ist, denn es muss erst einmal alles aussortiert werden - die technischen Probleme vor allem. Ich schaue positiv in die Zukunft, denn wir haben einen Schritt gemacht und wir haben daraus gelernt, was bis jetzt schief gelaufen ist."

Frage: "Wenn du dich schriftlich bei einem Formel-1-Teamchef bewerben müsstest, was würdest schreiben?"
Jani: "Nach dem letzten Rennen kann man sicherlich sagen: ziemlich kampfstark und nervenstark. Das Rennen am Nürburgring war ziemlich spannend. Das Auto war wirklich nicht optimal, aber ich konnte mich trotzdem vorne halten. Es ist schwierig, über sich selbst etwas zu sagen. Das mit der Kampfstärke ist mir eigentlich auch nur durch das letzte Rennen eingefallen jetzt. In einem Satz würde ich sagen: Um zu glauben, was ich kann, muss man mich zuerst sehen! Belassen wir es dabei."