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  • 27.02.2013 09:53

  • von Dominik Sharaf

Neale erklärt Lowe-Abgang: "Gehälter wie Telefonnummern"

Jeder Kopf hat seinen Preis: Der McLaren-Geschäftsführer sieht seine Personalstrategie geadelt - Brawn offenbar keine Option - Button lobt Nachfolger Goss

(Motorsport-Total.com) - Als Lewis Hamilton im vergangenen Herbst seinen Abschied von McLaren bekanntgab, rieben sich viele Fans verwundert die Augen. Ein Urgestein, dass seine Zelte in Woking abbricht? Das konnte nicht sein. Jetzt wiederholt sich Geschichte binnen weniger Monate, der Protagonist heißt diesmal Paddy Lowe. Der Technikchef verlässt die "Chrompfeile" 2014 nach dann 20 Jahren, mutmaßlich in Richtung Mercedes. "Ich sehe es nicht als Managementpanne", kommentiert Geschäftsführer Jonathan Neale.

Titel-Bild zur News: Jonathan Neale

Geschäftsführer, der zwei prominente Abgänge zu verkraften hatte: Neale

Vielmehr sei das Scheckbuch eines Formel-1-Konkurrenten zu groß gewesen für die Möglichkeiten McLarens. "Es überrascht mich nicht, dass Leute an das Team herantreten und bereit sind, exotische Summen für Personal auszugeben, auf das sie zwölf Monate warten müssen", so Neale weiter. Der oberste Buchführer in Woking lässt das offen, ob er das als Kritik an der gängigen Praxis verstanden wissen will. Lieber fühlt er sich durch Abwerbungsversuche geadelt und seine Personalpolitik bestätigt.

Verträge sind nicht wasserdicht

Neale glaubt, einfach die richtigen Leute richtig ausgebildet zu haben: "Ich wäre enttäuscht, würde man uns nicht als Anlaufstation sehen, um gute Mitarbeiter zu akquirieren - sonst würde ich meinen Job nicht machen", so der 50-Jährige, der offenbar der Meinung ist, dass die üppigen Saläre in der Königsklasse die Grenze des guten Geschmacks erreicht haben: "Du hast ein Team und willst dir schnell Know-how kaufen, dann kannst du hingehen und Gehälter wie Telefonnummern zahlen", hadert er.

Dass Handschläge immer weniger zu sagen haben, ist nicht nur in der Formel 1 oder im Sport generell der Fall. Neale allerdings glaubt, dass auch Tinte längst nicht die Ultima Ratio ist: "Sogar wenn man glaubt, einen wasserdichten Vertrag zu haben, sieht die Realität so aus: Jemand schlägt am Montag auf und sagt, dass er nicht gerne hier wäre, dass er deine Art nicht leiden könne, dass er nicht genug Geld bekäme." Eine solche Person wollte dann kein Teamchef unter seinen Fittichen haben.

Goss würdiger Nachfolger

Immerhin scheint McLaren einen würdigen Nachfolger gefunden zu haben. Tim Goss ist ebenfalls ein Urgestein der Truppe, er arbeitet seit 23 Jahren in Woking und gilt als Spezialist auf dem Gebiet der Turbotechnologie. Für seine Promotion forschte der Brite an solchen Aggregaten. Jenson Button glaubt, dass der richtige Mann verpflichtet wurde. "In dieser Rolle ist er fantastisch, der Junge ist außergewöhnlich", frohlockt der Ex-Weltmeister. "Er hat das 2012er Auto entworfen und es hat sieben Rennen gewonnen."

Neale vergleicht die Personalrochade mit dem Abgang Adrian Neweys, der sich 2006 Red Bull anschloss. "Als er bei uns war gab es auch Saisons voller Erfolge und magere Jahre. Es gibt keine Einzelperson, die ein Wundermittel wäre", so der Geschäftsführer, der auch den Erfolg des österreichischen Branchenprimus nicht alleine auf die Personalie Newey zurückführen will. Auch Button betont, dass McLaren mehr ist als die Summe seiner einzelnen Entscheidungsträger und Führungspersönlichkeiten.


Fotos: McLaren, Testfahrten in Barcelona


Absage an Brawn-Wechsel

Das obligatorische Lob an das Team nach einem Grand-Prix-Sieg ist für den Mann aus Frome keine Floskel: "Ich kam nicht hierher, weil Paddy oder Lewis hier waren. Ich kam, weil Tradition und Geschichte hier sind", so Button, der in diversen Bekundungen mehr sieht als den bloßen Versuch der Moralerhaltung: "Wir reden immer von der Stärke in der Tiefe. Paddy verlässt uns, aber das ist Teil des Sports. Leute kommen und gehen, aber diese Mannschaft wird auch in der Zukunft wieder Erfolg haben."

Martin Whitmarsh (Teamchef), Ross Brawn (Teamchef)

Whitmarsh und Brawn werden künftig nicht die selben Farben vertreten Zoom

Und das mit Ross Brawn, dessen Zukunft bei Mercedes nach der jüngsten Personalrochade nicht mehr in Stein gemeißelt scheint? Neale tastet sich vor, wenn es um das einstige "Superhirn" der Formel 1 geht: "Ross würde selbst sagen, dass er in den vergangenen Jahren nicht das erreicht hat, was er sich vorgestellt hat. Er wird in der Szene als große Führungspersönlichkeit und Techniker angesehen." Offenbar ist er für McLaren derzeit kein Thema: "Es geht aber um die Chemie und die Harmonie."

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