• 28.05.2005 15:10

Nach mehr als elf Jahren: Senna-Prozess beendet

Freispruch für Konstrukteur Adrian Newey, Verfahren gegen Patrick Head eingestellt - Senna-Prozess ist endgültig durchgestanden

(Motorsport-Total.com/sid) - Mehr als elf Jahre nach dem Tod von Ayrton Senna in Imola fiel in Bologna das vorerst letzte Urteil in dem Prozess um Ursache, Schuld und Verantwortung für den Unfall des dreimaligen Formel-1-Weltmeisters am 1. Mai 1994. Ein Freispruch für den damaligen WilliamsF1 Designer Adrian Newey, "weil er als Designer nicht für spätere Veränderungen am Auto verantwortlich gemacht werden kann".

Titel-Bild zur News: Mauer in der Tamburello-Kurve

Die Mauer in der Tamburello-Kurve nach Sennas Unfall 1994

Bei Technikchef Patrick Head sieht die Sache etwas anders aus: Zwar wurde das Verfahren gegen ihn wegen Verjährung eingestellt, allerdings mit der Feststellung, dass er die Verantwortung für unsachgemäße Modifikationen an der Lenksäule von Sennas Williams trage, die deshalb gebrochen sei.#w1#

Im Prinzip war vieles in diesem schier endlosen Prozess von Anfang an eine Farce. Worum es eigentlich ging, die Unfallursache zu klären, das war eigentlich schon in der ersten Runde 1997 erreicht worden. Und das, obwohl die Formel-1-Szene von Anfang an mauerte. Bernie Ecclestone, als Zeuge vorgeladen, erschien im Mai 1997 gar nicht erst, seine Vorstellungen sahen die Formel 1 als quasi rechtsfreien Raum, in dem ordentliche Gerichte nichts zu suchen haben.

Andere kamen zwar, blockten aber gewaltig ab, erinnerten sich an nichts mehr, wie Damon Hill, oder machten wie David Coulthard sehr zweifelhafte Aussagen. An einer Aufklärung schien in der Formel-1-Szene offenbar niemand ernsthaft interessiert. "WilliamsF1 hat sich von Anfang an sehr unkooperativ verhalten", sagte der ehemalige Formel-1- und heutige Audi-Pilot Emanuele Pirro, Mitglied der offiziellen Untersuchungskommission, die ja schon den Bruch der Lenksäule als Unfallursache ermittelt hatte.

Staatsanwalt Maurizio Passarini gelang es damals trotzdem, mit Hilfe von Gutachten und elektronisch leicht bearbeiteten Aufnahmen aus der Inboard-Kamera aus Sennas Cockpit genau diesen Fakt sehr schlüssig zu untermauern - und auch zu zeigen, dass offensichtlich schlampig gearbeitet worden war.

Seine Strafanträge richteten sich gegen die verantwortlichen WilliamsF1 Techniker Patrick Head und Adrian Newey, für die er je ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung forderte, "weil von Technikern ihrer Qualifikation verantwortungsbewusstes Arbeiten verlangt werden muss, auch wenn sie vielleicht unter Druck standen, weil Senna selbst Modifikationen gefordert hat".

Am 16. Dezember 1997 wurden die ersten Urteile gesprochen: Freisprüche - aber zweiter Klasse. In der Urteilsbegründung stand eindeutig, dass ein Bruch der Lenksäule am Williams die Ursache für den Senna-Unfall gewesen sein musste. Dass es damals zu keiner Verurteilung der WilliamsF1 Spitze kam, lag lediglich daran, dass keine eindeutige persönliche Schuldzuweisung an die Technikchefs Patrick Head und Adrian Newey möglich war. Der Bruch der Lenksäule sei die einzig logische und schlüssige Erklärung für den Unfall, betonte Richter Antonio Costanzo.

Doch in einem Berufungsverfahren, 1999 dann plötzlich innerhalb weniger Wochen ohne weitere Anhörungen von einem übergeordneten, bisher mit der Angelegenheit nicht befassten Gericht durchgezogen, wurde dann selbst diese Feststellung weiter abgeschwächt. Der Fall schien abgeschlossen, bis der oberste italienische Gerichtshof dann 2004 entschied, das Verfahren noch einmal aufzunehmen - offiziell wegen Formfehlern.

In höheren italienischen Justizkreisen war Unmut aufgekommen, dass offenbar auf Grund des politischen Drucks in der Berufung alle vorher vorliegenden Fakten völlig unter den Tisch gekehrt wurden. Jetzt wurden zumindest diese Tatsachen wieder klargestellt und die Verantwortung von Patrick Head - auch ohne Strafe - aufgezeigt. Woraufhin Heads Anwalt jetzt in Italien erklärte, man werde die schriftliche Urteilsbegründung abwarten.