Nach Kritik: Pirelli möchte Live-Reifendruck im TV

Reifenhersteller Pirelli wehrt sich gegen die Beschwerden der erhöhten Minimaldrücke und spielt den Ball zurück: Bald Live-Daten gegen Reifentrickser?

(Motorsport-Total.com) - Wie man es macht, macht man es falsch - Das muss sich Reifenhersteller Pirelli angesichts der jüngsten Kritik denken. Der Vorwurf: Die neuerlich erhöhten Vorgaben des Reifendrucks sorgen für wenig Grip und viele Ausflüge. Doch das lassen die Italiener nicht auf sich sitzen. Im ständigen Kampf zwischen dem Gewährleistung der Sicherheit und begrenzten Weiterentwicklungs-Möglichkeiten fordern sie nun eine Live-Überwachung der Reifen, damit sich Trickser nicht mehr rausreden können.

Titel-Bild zur News: Paul Hembery, Pirelli

Letzte Kontrollstation: Pirelli kann den Reifendruck nur vor dem Start prüfen Zoom

"Was vielleicht nicht ganz klar ist, ist dass unsere Druckvorgaben auf den Informationen basieren, die wir vom Reifendruck bei Rennstart haben", erklärt Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery. "Der letzte Moment in dem wir den Druck messen können, ist vor der Einführungsrunde. Der Druck, den die Teams dann wirklich beim Start haben, ist nur ein wenig höher als im vergangenen Jahr. Es entsteht der Eindruck, dass die Drücke wesentlich höher sind, aber in Realität ist das gar nicht der Fall. "

Dass es überhaupt zur Erhöhung des Minimal-Reifendrucks kam, war eine direkte Reaktion auf Reifenschäden im vergangen Jahr. Sebastian Vettel erwischte es beispielweise schlimm in Ungarn. Seither gab es auch Ärger mit der Einhaltung der Vorgaben. Abweichende Messungen brachten Mercedes und Williams bereits in Schwierigkeiten. Der Reifenhersteller hat nun eine Idee, wie dem entgegengewirkt werden kann.

"Einige haben einen Weg gefunden, den Druck nach dem Start wieder zu verringern oder zumindest einen veränderten Druck zu dem zu haben, den wir vor der Einführungsrunde sehen. Andere Teams haben noch nicht herausgefunden, wie das geht. Und wir wollen auch nicht, das Geld dafür ausgegeben wird, das zu erforschen, um sich dann einen Vorteil zu verschaffen. Die richtige Lösung wäre daher eine Live-Übertragung der Reifendrücke zu bekommen, damit wir zu jeder Zeit sehen können, wie hoch der Minimaldruck ist. Daran sind wir sehr interessiert, damit wir diese Grauzonen ausschließen können."

Eine solche Datenübertragung, ähnlich wie der des Spritverbrauchs, könnte laut Hembery bereits in dieser Saison möglich sein, sollte aber spätestens im kommenden Jahr zur Verfügung stehen. "Das wäre dann auch fairer für jeden. Denn einiges Team sind vielleicht nicht in der Lage, Geld oder Energie in so etwas zu investieren."


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Schwere Reifenschäden hat es seit der Druckerhöhung zumindest vom Reifen verursacht nicht mehr gegeben. Dass es Performance-Beschwerden gibt kann Pirelli nicht ändern. "Die Autos und Rundenzeiten werden ja trotzdem schneller und das wirkt sich auch auf den Reifen aus", so Hembery. "Wir konnten den aktuellen Reifen seit drei Jahren quasi nicht weiterentwickeln. Deswegen sind auch wir an einem Punkt, wo wir nichts mehr machen können. Die einzigen Faktoren, die wir beeinflussen können, sind Druck und Sturz."

Hoffnungen werden daher auf die neue Generation der Formel-1-Reifen gesetzt. Für die für 2017 geplanten breiteren und schwereren Autos werden auch dementsprechend angepasste Reifen gebaut. Dafür wurden dem Hersteller gerade erst mehrere Testtage zugestanden. Für ihre Windkanal-Modelle stehen den Teams bereits Prototypen der neuen Pneus zur Verfügung


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"Mit den neuen Reifen wollen wir die Drücke wieder senken", verspricht Hembery. "Und der optimale Druck wird auf den Bedingungen basieren, die wir jetzt sehen können. Aber je mehr Traglast auf den Reifen ausgeübt wird, desto größer wird natürlich auch die Aufstandsfläche. Es gibt aber auch einen Punkt, an dem der Reifen überbelastet wird. An diesem Punkt sind wir wahrscheinlich gerade. Und je mehr der Reifen überladen wird, desto weniger Performance bekommt man aus ihm herraus."

Ein Ausstieg Pirellis ist trotz der anhaltenden Kritik seit der Testbestätigung vom Tisch. Damit hatte der Reifenhersteller gedroht, wenn er nicht nie nötige Vorbereitungszeit auf die gewünschte Neuentwicklung bekommen hätte.


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"Es hat natürlich eine schöne Schlagzeile gegeben", erklärt Hembery, warum man zu der Drohung greifen musste. "Aber die Realität ist doch: Was hätten wir machen sollen? Das war keine Verhandlungstaktik, sondern Realität. Wenn wir gebeten werden, diese Änderungen vorzunehmen, aber nicht daran arbeiten dürfen ist es doch klar, dass wir nicht weitermachen können." Erste Tests für 2017 fanden nun am heutigen Montag in Fiorano mit Jean-Eric Vergne am Steuer des Ferrari F14-T.

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