Nach dem Protest von Red Bull: Warum die Formel 1 Reformen braucht

Red Bulls Protest gegen George Russell in Kanada hat ein Problem der aktuellen Regelhütung aufgezeigt, das vor allem für Fans unbefriedigend ist

(Motorsport-Total.com) - Red Bulls Entscheidung, das Ergebnis des Großen Preises von Kanada anzufechten, hat breite Kritik ausgelöst. Mercedes-Teamchef Toto Wolff bezeichnete sie als "kleinlich" und "peinlich", und auch die lange Verzögerung bei der Bestätigung des Rennergebnisses stieß bei Fans und Medien gleichermaßen auf Unverständnis.

Titel-Bild zur News: George Russell (Mercedes W16) vor Max Verstappen (Red Bull RB21) beim Formel-1-Rennen in Kanada 2025

Vom Sieg George Russells erfuhren die Fans 3 Uhr in der Nacht Zoom

Es dauerte mehr als fünfeinhalb Stunden, bis der Sieg von George Russell von der FIA offiziell bestätigt wurde, nachdem die Rennkommissare ihn von jeglichem Fehlverhalten freigesprochen hatten. Zu diesem Zeitpunkt hatte Max Verstappen bereits kanadischen Boden verlassen - er wartete gar nicht erst darauf, ob ihm der Sieg noch am Grünen Tisch zugesprochen werden könnte.

Der Protest von Red Bull konzentrierte sich darauf, dass Russell hinter dem Safety-Car "unberechenbar" gefahren sei und sein starkes Abbremsen als "unsportliches Verhalten" gewertet werden müsse. Beide Argumente wurden von den Rennkommissaren zurückgewiesen.

Das eigentliche Problem war allerdings die enorme Verzögerung, und genau diese wirft Fragen zur Protestregelung bei Rennergebnissen auf.

Wolff kritisierte bei der Premiere des F1-Films in New York die zeitliche Gestaltung des Protests und sagte gegenüber Sky Sports: "Es vergingen zwei Stunden, bevor Red Bull den Protest einreichte - das haben sie selbst zu verantworten. Das ist so kleinlich. Sie kommen mit irgendwelchen seltsamen Klauseln an. Die FIA muss das anschauen, denn es war so weit hergeholt, dass der Protest abgewiesen wurde."

Wenig überraschend verteidigte Red-Bull-Teamchef Christian Horner die Maßnahme und sagte gegenüber demselben Sender: "Jedes Team hat das Recht dazu. Man kann es den Rennkommissaren vorlegen, und genau das haben wir getan. Ich habe absolut keine Reue."

Wer ist schuld?

Teams haben das Recht, ein Ergebnis anzufechten, wenn sie der Meinung sind, dass ein sportliches Reglement verletzt wurde oder neue Beweise vorliegen, die die Rennkommissare übersehen haben.

Horner räumte ein, dass der Protest 2.000 Euro gekostet habe, und gestand, dass er überrascht gewesen sei, dass die Fahrweise von Russell nicht automatisch untersucht wurde.

Es war auch nicht Red Bulls erster Protest der Saison. Bereits beim Miami-Grand-Prix im Mai hatte das Team Russell vorgeworfen, bei Gelb zu wenig verlangsamt zu haben - auch das wurde zurückgewiesen. Red Bull wollte laut Horner nur Klarheit in der Regelauslegung schaffen.


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Solche Proteste werfen allerdings grundsätzliche Fragen zur Protestregelung auf. Die Gebühr von 2.000 Euro schreckt nicht ab. Wer also ein Zeichen setzen oder die Regeln hinterfragen will, kann das leicht tun - auch wenn es dafür andere, weniger zeitaufwändige Kanäle gäbe.

Würde diese Gebühr deutlich erhöht und beispielsweise auf die Budgetobergrenze angerechnet, könnten leichtfertige Proteste unterbleiben.

Ein höherer finanzieller Aufwand würde dazu führen, dass nur gut begründete Proteste eingereicht werden und der Prozess insgesamt beschleunigt wird.

Eine Frage der Ressourcen

In Kanada wurde die Situation auch durch die Vielzahl der zu prüfenden Zwischenfälle kompliziert. Die Regel besagt: Die Proteste werden der Reihe nach abgearbeitet. Red Bulls Protest, der erst zwei Stunden nach der Zieldurchfahrt eingereicht worden war, landete daher ans Ende der Schlange.

Vor Russell mussten die Kommissare Zwischenfälle mit Oliver Bearman, Lando Norris und Esteban Ocon prüfen - gefolgt von sieben weiteren angeblichen Safety-Car-Verstößen.


Die langen Wartezeiten frustrierten alle Beteiligten. Die Fans vor Ort verließen die Strecke ohne Klarheit, und viele Zuschauer in Europa gingen zu Bett, ohne zu wissen, wer das Rennen tatsächlich gewonnen hatte. Das war kein gutes Bild für eine Serie, die ihre Popularität in Nordamerika steigern will.

Eine mögliche Lösung wäre, dass das Remote Operations Centre in Genf die weniger schweren Verstöße parallel prüft und die Kommissare an der Strecke entlastet. Das würde die Entscheidungsprozesse beschleunigen. Eine andere Möglichkeit wäre es, die Zahl der Rennkommissare zu erhöhen - die FIA arbeitet bereits daran, mehr qualifiziertes Personal zu gewinnen.

Eines ist sicher: Die langen Verzögerungen bei der Bestätigung der Rennergebnisse müssen dringend adressiert werden. Sollte es zur Regel werden, wäre das für alle Beteiligten ein schlechtes Zeichen.