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  • 26.07.2008 14:31

  • von Michael Noir Trawniczek & Alexander Zwickl

Moss: "Würde heute nicht fahren wollen"

Eine Autofahrt mit Sir Stirling Moss und seiner Frau Lady Suzie: "Heute ist es unmöglich, in einem Rennwagen getötet zu werden!"

(Motorsport-Total.com) - Alexander Zwickl nimmt mich mit auf den Flughafen Salzburg, dort holen wir niemand geringeren als Sir Stirling Moss (79) und seine Gattin Suzie Moss ab, um die beiden nach Gröbming zu bringen - das Paar gehört zu den absoluten Star- und auch Stammgästen der Ennstal Classic. Sie nehmen mit einem Mercedes-Benz 300 SL von an der 16. Ausgabe der Kultrallye teil. Auf der Fahrt soll ein Interview entstehen oder - viel besser - ein Gespräch. Zunächst gibt es ein bisschen Small Talk - als sich dieser rund um die Gesichtsnarbe von Alexander Zwickl dreht, drücke ich auf "Record" und versuche, das Gespräch zu starten...

Titel-Bild zur News:

Einmal Racer, immer Racer: Stirling Moss geht beim historischen Rennen in Spa an den Start

Frage: "Alexander hat seine Narbe im Gesicht - aber Sie haben eine dermaßen schlimme, oder besser gesagt eine dermaßen gefährliche Dekade des Rennsports überlebt. Wie ist da ihr Gefühl heute?"
Stirling Moss: "Meine Narben sieht man nicht - denn ich habe mir den Rücken, die Beine gebrochen und meine Nase. Alexander hatte einen einzigen Zwischenfall und hat weitaus mehr sichtbaren Schaden zu beklagen als ich. Aber meine Narben sieht man einfach nicht."#w1#

Die gute, alte Zeit...

Frage: "Aber haben sie vielleicht innere Narben? Auf ihrer Seele?"
Moss: "Nein, denn ich hatte große Freude am Rennsport, gerade weil er gefährlich war. Wenn du 18 oder 19 Jahre alt bist, fühlst du dich sehr tapfer und mutig, wenn du etwas Gefährliches machst. Da war eine der Verlockungen für mich, Rennfahrer zu werden."

Frage: "Heute jedoch..."
Moss: "Heute ist es anders..."

Frage: "Die heutige Formel 1 hätte ihnen wohl nicht diesen Kick gegeben, oder?"
Moss: "Nein, sicher nicht. Ich würde nicht fahren wollen. Ich würde auch nicht meine Ära gegen die heutige Ära tauschen wollen. Heute geht es nur noch um das Geschäft, es geht nicht mehr um den Sport. Die Formel 1 interessiert mich noch immer, aber sie ist nicht mehr so, wie sie früher einmal war."

"Es geht um die Befriedigung, Rennsport zu betreiben, wenn dieser eben lebensgefährlich ist." Sir Stirling Moss

Frage: "Die Formel 1 trägt nicht mehr dieses Risiko in sich..."
Moss: "Nein, überhaupt nicht. Heute ist es für einen Mann so gut wie unmöglich, in einem Rennwagen getötet zu werden - oder sagen wir in einem Formel-1-Rennwagen. Es war früher viel gefährlicher und daher auch viel aufregender für die Piloten."

Frage: "Meinen Sie damit auch das Adrenalin, das der Körper freisetzt, wenn man sich in eine potentielle Lebensgefahr begibt?"
Moss: "Ja, genau. Es geht um die Befriedigung, Rennsport zu betreiben, wenn dieser eben lebensgefährlich ist. Das gibt einem als Fahrer sehr viel mehr Befriedigung. Aber das gibt es heute nicht mehr, zumindest nicht in der Formel 1."

Die Gefahr für Leib und Leben

Frage: "Jedes Mal, wenn Sie jemanden überholt haben, dann haben Sie ihr Leben und das des Konkurrenten riskiert - der Rennsport hat damals quasi die Existenz gefährdet, mit jedem einzelnen Manöver..."
Moss: "Es entsprach viel mehr dem Kampf Mann gegen Mann. Für mich war das einfach nur wunderschön."

Frage: "Ging es dabei nicht auch um eine gewisse Verantwortung für den anderen Piloten?"
Moss: "Durchaus, man fuhr schon vorsichtiger als es heute der Fall ist."

Frage: "Gab es Ihrer Meinung auch mehr Fairness als heute?"
Moss: "Ja, es gab damals auch schon 'Dirty Driving', aber nicht in jenem Ausmaß, dass man damit das eigene oder das Leben der Konkurrenten riskiert hätte. Heute ist es ganz anders. Zudem ist heute die Technik wichtiger als der Fahrer. Davor war der Fahrer wichtiger als die Technik. Was mir viel besser gefallen hat."

"Ich denke, der beste Fahrer ist heute Lewis Hamilton." Sir Stirling Moss

Frage: "Bei Felipe Massa hat man den Eindruck, als würde er nur mit einem perfekten Auto brillieren können..."
Moss: "Wir haben es ja gesehen, er war sicherlich nicht besonders gut im Regen. Ich denke, der beste Fahrer ist heute Lewis Hamilton. Fernando Alonso und ein paar andere sind ebenfalls sehr gute Piloten, aber Hamilton ist der Beste."

Hamilton als neuer Superstar

Frage: "Warum ist Hamilton für sie der beste Pilot?"
Moss: "Es ist sehr aufregend, ihm zuzuschauen. Er bremst sehr spät, er überholt andere Fahrer - was viele andere Piloten heute nicht mehr tun. Er ist so aufregend anzusehen, weil er ein Racer ist - und nicht einfach nur ein Fahrer."

Frage: "Was ist ein Racer? Wie würden sie diesen Begriff definieren?"
Moss: "Ein Racer ist einer, der immer, bis zum Schwenken der Zielflagge versuchen wird, das Rennen zu gewinnen. Das ist ein Racer."

Frage: "Weil er auch gar nicht Zweiter werden kann? Weil es ihm wehtut, Zweiter zu werden?"
Moss: "Ja, manche würden sich mit dem zweiten Platz zufrieden geben - aber Hamilton, so glaube ich, würde das nicht tun. Er will immer das Rennen gewinnen. Und das ist ein wichtiger Unterschied, für mich erscheint dieser Unterschied immens wichtig. Viele achten heute nur noch auf die WM-Punkte und nicht auf den Rennsieg."

Mit einem 1962er Mercedes-Benz 300 SL bei der Ennstal-Classic: Sir Stirling Moss Zoom

Frage: "Sie wären 1958 Weltmeister geworden, wenn Sie sich nicht beim GP von Portugal für Ihren Konkurrenten Mike Hawthorn eingesetzt respektive ihm den Sieg überlassen hätten..."
Moss: "Ja, aber das hatte einen Grund: Weil Hawthorn bestraft werden sollte, weil er beim Start angeschoben wurde. Und so wollte ich einfach nicht gewinnen."

Frage: "Sie wollten auf die faire, direkte Art gewinnen?"
Moss: "Exakt. Sie wollten Mike disqualifizieren und mir den Titel geben. Aber für mich zählt der Titel nicht, für mich zählt nur das Rennen."

Frage: "Welcher von den heutigen Piloten hätte ihrer Meinung nach genauso gehandelt in einer solchen oder einer ähnlichen Situation?"
Moss: "Wahrscheinlich Hamilton. Vielleicht ist auch Alonso ein wirklicher Racer. Alonso hat zwar im Moment viele Probleme, aber für mich ist er ein Racer."

Kritik an Michael Schumacher?

Frage: "Wie schätzen sie Alex Wurz ein?"
Moss: "Das kann ich schwer beurteilen, er hat in letzter Zeit zu wenige Rennen bestritten, um hier etwas sagen zu können.
Suzie Moss: "Er trägt mittlerweile nicht mehr zwei verschiedenfärbige Schuhe."
Moss: "Vettel macht einen guten Job."

Frage: "Manche sprechen ja sogar vom neuen Schumacher..."
Moss: "Das Problem bei Michael Schumacher ist, dass wir nicht sagen können, wie gut er wirklich war, denn er hatte immer einen Nummer-Zwei-Piloten im Team, er musste sich nie dem Kampf gegen einen gleichberechtigten Teamkollegen stellen."

"Und das ist nun einmal der Weg, wie man feststellen kann, wie gut ein Mann wirklich ist - indem man ihn im Kampf gegen seinen Stallkollegen beobachtet. Heikki Kovalainen ist ein sehr guter Pilot - aber Lewis Hamilton ist schneller und auch besser. Oder wenn man Ferrari hernimmt: Für mich ist es interessant, dass Massa derzeit einen besseren Job erledigt als Kimi Räikkönen."

"Für mich ist es interessant, dass Massa derzeit einen besseren Job erledigt als Kimi Räikkönen." Sir Stirling Moss

Frage: "Glauben sie, dass Kimi keine Kraft mehr hat?"
Moss: "Nein, er ist einfach unregelmäßig, einmal stark, dann wieder nicht, wie Hawthorn."

Frage: "Wie ist es möglich, dass ein junger Bub wie Lewis Hamilton in die Formel 1 kommt und in seinem ersten Rennen gleich einmal besser als Alonso ist? Wäre das vor vierzig Jahren möglich gewesen, dass ein Rookie gekommen wäre und er schneller als du oder Fangio gewesen wäre? Ist Hamilton wirklich so gut oder hat er einfach nur das beste Auto?"
Moss: "Ich denke, er verfügt über ein enormes Talent, zugleich hatte er auch das beste Auto. Aber er ist ein wirklicher Racer und wenn du seinen Stil betrachtest - er würde überall überholen, an jedem Platz. Was er besonders gut kann: Er ist sehr gut auf der Bremse. Er bremst viel härter als andere und behält sein Auto trotzdem unter Kontrolle."
Suzie Moss: "Man hat es im Vorjahr gesehen, er hatte den gleichen Wagen wie Alonso. Jetzt hat er Heikki an seiner Seite. Im Vorjahr hat niemand etwas von Lewis erwartet, die haben einfach nur auf diesen großartigen jungen Piloten geschaut. In diesem Jahr wurde sehr viel mehr von ihm erwartet - und er hat sicherlich einen guten Teamkollegen."

McLaren-Mercedes-Pilot zu unerfahren?

Frage: "Oder ist ein modernes Formel-1-Auto so leicht zu fahren, dass ein Rookie gleich einmal einen Formel-1-Weltmeister schlagen kann?"
Moss: "Wenn man die Meinung anderer einholt, wie jene von Martin Brundle, der auch moderne Formel-1-Autos testet, muss man davon ausgehen, dass die modernen Autos relativ leicht zu fahren sind. Aber die Nummer eins zu sein, im Regen zu gewinnen, das ist immer noch schwierig. Im Regen erkennst du die wirklich guten Piloten."
Suzie Moss: "Ich denke, dass McLaren-Mercedes zu Beginn der Saison das Problem hatte, dass es keinen erfahrenen Piloten gab, der das Setup herausarbeiten hätte können. Die zwei jungen Fahrer kamen damit nicht so gut zurecht. Im Vorjahr hat Hamilton sehr viel von Alonso profitiert - von seinem Wissen, von seiner Abstimmungsarbeit."

Frage: "Und jetzt? Glauben sie, dass man jetzt etwas gefunden hat oder war Hamilton in den beiden vergangenen Rennen eher wegen dem Wetter so stark?"
Moss: "Ich denke, dass der McLaren derzeit das beste Auto ist. Nicht so viel besser als Ferrari, aber eben das beste Auto. Aber wenn es regnet, steigt der Unterschied zwischen den Spitzenpiloten und den weniger guten Piloten auf enorme Art und Weise. Im Trockenen liegen zwischen dem ersten und dem letzten Piloten ein oder zwei Sekunden, im Regen sprechen wir von fünf oder gar zehn Sekunden."

"Im Vorjahr hat Hamilton sehr viel von Alonso profitiert - von seinem Wissen, von seiner Abstimmungsarbeit." Lady Suzie Moss

"Ein Problem ist ja, dass die Autos im Trockenen eine derart gleiche Performance aufweisen. Auch Force India hat gute Leute und sie machen einen sehr guten Job. Ich denke, im nächsten Jahr wird es besser, weil die Aerodynamik noch weiter reduziert wird, die Fahrhilfen wurden ja bereits stark reduziert."

"Dass ein Massa sagen kann, dass es gefährlich sei, die Traktionskontrolle wegzulassen, ist lächerlich. Es ist lächerlich, so etwas zu sagen, einfach nur lächerlich. In England hat man ihn bereits mit einem 'Spin Dryer' verglichen, einer Maschine zum Trocknen von Kleidung."

"Zugleich bin ich überrascht, wie gut sich Massa schlägt - denn vor vier Jahren hätte ihm niemand ein Cockpit gegeben. Doch dann hat er mit Michael Schumacher zusammengearbeitet und er ist jetzt ein besserer Fahrer geworden."

Frage: "Wenn es nicht gerade regnet..."

Moss: "Ich habe ein Interview gesehen und da hat es geheißen, Massa sei ein sehr guter Regenpilot, nur in Silverstone habe er das halt nicht gezeigt."

Frage: "Sind sie gerne im Regen gefahren?"
Moss: "Ich habe den Regen sehr gemocht."

FIA: Auf dem Weg der Besserung

Frage: "Sie sind auch Rallyes gefahren, oder?"
Moss: "Ja, ich wurde einmal Zweiter bei der Monte-Carlo-Rallye. Die Rallyepiloten sind wirklich ganz besonders gut, einige von ihnen haben eine unglaubliche Fahrzeugbeherrschung. Aber wenn man sie in ein Formel-1-Auto setzen würde, dann würden sie mit Lewis Hamilton nicht mithalten können. Ich halte Hamilton für derart gut."

Frage: "Warum? Woran liegt das?"
Moss: "Er hat eine Menge im Kartsport gelernt. Über Jahre hinweg. Und er setzt sich in ein Formel-1-Auto und fährt es wie ein Kart."

Frage: "Aber die anderen Formel-1-Piloten waren auch im Kartsport..."
Moss: "Von den heutigen Piloten haben das alle getan. Hamilton glaubt, dass sein größter Konkurrent in Zukunft Robert Kubica sein wird. Denn er kennt ihn von den Kartrennen."

Frage: "Im kommenden Jahr wird die Aerodynamik stark reduziert - denken Sie, die Formel 1 entwickelt sich jetzt in eine gute Richtung?"
Moss: "Ja, es wird mit jedem Jahr besser."

Frage: "Warum hat man dann so viele Jahre den falschen Weg beschritten? Mit den Rillenreifen, mit den Fahrhilfen..."
Moss: "Weil es die FIA erlaubt hat. Die FIA ist dafür verantwortlich. Sie haben auch die Motoren von zwei auf 1,5 Liter reduziert, was keine gute Idee war. Aber sie treffen immer solche Maßnahmen. Jetzt scheinen sie endlich damit anzufangen, intelligente Dinge zu tun."

"Die FIA ist dafür verantwortlich. Sie haben auch die Motoren von zwei auf 1,5 Liter reduziert, was keine gute Idee war." Sir Stirling Moss

Frage: "Max Mosley wurde zuletzt vielfach dafür gelobt, dass er so viel für die Sicherheit getan hat, aber er hat zugleich auch sehr viele Fehlentscheidungen getroffen..."
Moss: "Ich denke, da wurde vieles von Komitees entschieden. Ich denke, die Hände von Max Mosley waren gebunden. Die Hersteller müssen allem zustimmen und es ist nicht leicht für Max Mosley."

Frage: "Ist Max Mosley ein Racer?"
Moss: "Er ist Rennen gefahren. Aber wenn er freie Hand hätte, würde er alles schwieriger gestalten."

Adrian Sutil ein kommender Star?

Frage: "Er scheint ein Freund des Komplizierten zu sein, die Fans jedoch mögen es nicht so kompliziert..."
Moss: "Er hat aber auch einige gute Entscheidungen getroffen und ich denke, es wird schwer werden, ihn als FIA-Präsidenten zu ersetzen. Mir fällt niemand ein, der ihn ersetzen könnte. Das Schlimmste wäre, wenn er von einem Komitee ersetzt werden würde. In England sagen wir: Wenn ein Komitee ein Pferd entwerfen soll, dann kommt dabei ein Kamel heraus."

Frage: "Das heißt man braucht einen..."
Moss: ...einen Diktator, ja. Es muss ein Diktator sein, vorausgesetzt man erwischt den richtigen."

Frage: "Welche Fahrer sehen sie im kommenden Jahr vorne?"
Moss: "Hamilton, Kubica, vielleicht Piquet (Nelson Piquet Jr.; Anm. d. Red.), Rosberg (Nico Rosberg; Anm. d. Red.)..."

"Es muss ein Diktator sein, vorausgesetzt man erwischt den richtigen." Sir Stirling Moss

Frage: "Sutil?"
Moss: "Ja, genau."

Frage: "Er ist sehr stark im Regen..."
Moss: "Ja, es ist zu früh zu sagen, wie gut er ist, so lange er noch kein konkurrenzfähiges Fahrzeug gefahren ist."

Frage: "Sie fahren ja selbst auch noch mit richtigen Rennautos, nicht wahr?"
Moss: "Ja, ich habe einen Rennwagen, mit dem ich - wenn ich ihn bis dahin fertig bekomme - im September in Spa-Francorchamps fahren werde."

Frage: "Und da geben sie Vollgas?"
Moss: "Oh yeah! Ich bin natürlich nicht mehr so schnell wie in meinen jungen Jahren. Im Regen habe ich einen Vorteil, weil ich über sehr viel Erfahrung im Regen verfüge. Wenn es trocken ist, fahre ich so schnell ich kann, gehe jedoch nicht das volle Risiko ein. Aber ich habe jetzt Verantwortung für meine Frau, meine Familie und ich riskiere nicht mehr mein Leben."

Formel 1 das Maß der Dinge

Frage: "Hatten Sie eigentlich niemals Angst?"
Moss: "Oh doch, ich hatte andauernd Angst, dass ich mich verletzten, dass ich mir wehtun würde. Aber diese Angst gehörte einfach dazu. Zugleich war jeder Pilot davon überzeugt, dass ihm nichts passieren würde."

Frage: "Kann man sagen, dass früher jeder Unfall den Tod bedeuten konnte und man daher im Vergleich zu heute nur zu 90 Prozent ans Limit gegangen ist, um noch Spielraum für Korrekturen zu haben?"
Moss: "Ganz genau so war es. Es war nicht so wie heute, wo die Fahrer 100 Prozent geben und auch Fahrfehler und Abflüge riskieren."

Frage: "Wie viele Ihrer Unfälle wurden von einem Fahrfehler ausgelöst?"
Moss: "Ich kann mich an keinen einzigen erinnern. Ich muss nachdenken, aber nein: Es war kein einziger. Fahrfehler waren früher einfach lebensgefährlich - das kann man sich heute gar nicht vorstellen."

"Ich hatte andauernd Angst, dass ich mich verletzten, dass ich mir wehtun würde." Sir Stirling Moss

Frage: "Wenn Sie jetzt ein junger Pilot wären, in welcher Rennserie würden Sie fahren wollen? In der Formel 1? Im Rallyesport?"
Moss: "Natürlich hätte ich auch in der Formel 1 fahren wollen, weil es eben die höchste Renklasse ist, aber ich wäre sicher auch in anderen Rennserien an den Start gegangen. Der beste Rennsport als solcher wird zum Teil in Amerika betrieben, in der IndyCar-Serie. Dort sind zwar die Piloten nicht so gut wie in Europa, aber der Rennsport an sich ist sehr gut."

Frage: "Sie würden sich also nicht auf die Formel 1 versteifen, sondern auch in anderen Rennserien fahren?"
Moss: "Mit Sicherheit."

Frage: "Die heutigen Piloten, wie Michael Schumacher, tun das nicht..."
Moss: "Ich denke, die Formel 1 würde ihnen das einfach nicht erlauben, auch in anderen Rennserien zu starten. Aber wenn du so gut bist, wie ein Michael Schumacher oder ein Lewis Hamilton, dann müsstest du eigentlich das Sagen haben und tun können, was du willst."

Formel-1- Stars als Werbefiguren

Frage: "Das sollte man meinen - aber sie nützen ihre Positionen nicht aus..."
Moss: "Nein, leider tun sie das nicht. Das Problem besteht wahrscheinlich darin, dass Leute wie Schumacher oder Hamilton so viele andere Verpflichtungen haben, gegenüber ihren Sponsoren und so weiter, sodass sie gar keine Zeit haben, in anderen Rennserien zu starten. Daher gibt es heute auch viel weniger Spaß als es früher der Fall war."

Frage: "Ein erfolgreicher Pilot wie Michael Schumacher hätte sich gegen das derzeit herrschende Promotion-Geplänkel auflehnen können, er hätte alles sagen können. Aber stattdessen hat er nur sein Team und seine Sponsoren gelobt..."
Moss: "Ja, das ist aber auch eine Frage der Persönlichkeit."

Frage: "Mir hat jemand erzählt, dass sich Michael Schumacher überhaupt nicht für Geschichte oder für Oldtimer interessieren würde - das sagt schon einiges aus über eine Person..."
Moss: "Das überrascht mich nicht, das war mir schon immer klar."

"Phill Hill wurde auf einem Ferrari Weltmeister und ich glaube, dass Schumacher nicht einmal wusste, wer dieser Mann war." Sir Stirling Moss

Frage: "Aber Schumacher hat sich dir gegenüber immer sehr respektvoll verhalten..."
Moss: "Ja, er hat sich immer sehr respektvoll verhalten, aber ich glaube nicht, dass er vor den alten Autos Respekt hat. Phill Hill wurde auf einem Ferrari Weltmeister und ich glaube, dass Schumacher nicht einmal wusste, wer dieser Mann war. Weil ihn Geschichte nicht interessiert."

Frage: "Als Lewis Hamilton in die Formel 1 kam und gleich dermaßen erfolgreich war, habe ich zunächst gedacht, dass er derjenige sein könnte, der aufsteht und sagt: 'Ich möchte kein PR-Gewäsch von mir geben, ich möchte sagen was ich will.' Aber heute gibt auch Hamilton nur noch diese Promotionstandradsätze von sich - als ob er einer Gehirnwäsche ausgesetzt worden wäre..."
Moss: "Ja, genau, das stimmt. Das ist ein Problem, denn die Fahrer müssen sich so verhalten. Ansonsten bekommen sie Probleme. McLaren würde den Piloten niemals erlauben, so zu sprechen, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Das ist ein sehr schlimmer Aspekt an der heutigen Formel 1."

Frage: "Für mich als Journalist ist das auch sehr schlimm. Helmut Zwickl hatte viele tolle Gespräche mit den Piloten, sie haben ihm alles erzählt, über ihre Erlebnisse im Grenzbereich und auch darüber, was im Team abläuft und so weiter. Die heutigen Reporter werden nur noch mit diesem PR-Gewäsch abgefertigt, die Fahrer sprechen nicht mehr Klartext."
Moss: "Ja, weil es ihnen verboten wurde. Für den Sport ist das wirklich schlimm."