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Mosley: "Niemand weiß, wie sich Reglement auswirkt"

Wieso Ex-FIA-Boss Max Mosley die Kritik am neuen Reglement nicht gelten lässt und warum nicht einmal die Regelmacher wissen, was in Melbourne passiert

(Motorsport-Total.com) - Fast zwei Jahrzehnte lang war Max Mosley als FIA-Boss der Mann an den Reglern der Formel 1. Er war es, der Regeländerungen durchgeboxt hat, viele davon - wie zum Beispiel die Rillenreifen - sind schon wieder aus der Formel 1 verschwunden. Jetzt gibt er gegenüber der 'Welt' zu, dass das erste Rennen selbst für die Architekten hinter einem neuen Reglement völlig unberechenbar ist: "Selbst die Leute, die sich die neuen Regeln ausgedacht haben, wissen nicht, wie sich das in der Praxis auswirkt."

Titel-Bild zur News: Max Mosley (FIA-Präsident)

Max Mosley verteidigt das neue "überholfreundliche" Formel-1-Reglement

"Allein bei McLaren arbeiten 130 Ingenieure, und die haben in den vergangenen Monaten nichts anderes getan, als auf der Grundlage der neuen Regeln die besten technischen Lösungen zu entwickeln", so Mosley. "Aber selbst die wissen auch nicht, was am Ende herauskommt."

Formel-1-Fahrer wie Kampfjet-Piloten

Die heftige Kritik am neuen Reglement, bei dem die Piloten bei Tempo 300 KERS und den verstellbaren Heckflügel aus dem Cockpit bedienen müssen, kann Mosley nicht nachvollziehen: "Die Idee mit den Flügeln halte ich für gut. Dass das Bedienen nicht einfach ist, leuchtet ein, aber Formel-1-Rennfahrer sind für ihren Job bestens vorbereitete und hochtalentierte Leute. Es sind Spezialisten ähnlich wie Kampfjet-Piloten, die in Sekundenbruchteilen viele Handlungsabläufe beherrschen können ohne die Übersicht zu verlieren."

Auch den Vorwurf einer möglichen Manipulation des Systems will der Brite nicht gelten lassen: "Das dürfte nur unterstellt werden, wenn den Fahrern vorgeschrieben wird, dass sie pro Runde oder Rennen nur einmal oder fünfmal überholen dürften. Es gilt eine Regel für alle, und alle müssen damit zu Recht kommen. Wir schreiben den Fahrern ja nicht vor, wie sie zu fahren haben. Das wäre Manipulation." Reifenhersteller Pirelli, der wegen der wenig haltbaren Reifen von vielen Fahrern und Teams kritisiert wurde, nimmt Mosley in Schutz: "Sie wissen, was sie tun."

Auch wenn in der Formel 1 derzeit viel Innovation passiert, darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass 2011 das vielleicht restriktivste Reglement der Geschichte zum Einsatz kommt. Sogar die Maße des Chassis' sind darin vorgegeben. Ginge es nach Mosley, dann würde in der Formel 1 eine technische Trendwende bevorstehen: "Ich bin für größere technische Freiheiten statt für Restriktionen, und ich bin für eine Kostenreduzierung. Das würde den Wettbewerb der Teams ankurbeln, die Attraktivität der Rennen erhöhen, ruinöse Budgets verhindern und das langfristige Überleben der Formel 1 garantieren."

Mosley für bewässterte Rennstrecken

Der Status quo sieht aber laut dem langjährigen FIA-Präsidenten anders aus: "Realität ist, dass wegen der reglementierten technischen Möglichkeiten die Teams viel zu viel in technische Kuriositäten wie im Vorjahr den F-Schacht investiert haben oder immer noch investieren, siehe den verstellbaren Heckflügel."

Mosley steht auch neuen Ideen durchaus offen gegenüber, darunter auch der umstrittene Vorschlag von Formel-1-Zampano Bernie Ecclestone, die Rennstrecken künstlich zu bewässern, um für spektakuläre Rennverläufe zu sorgen. "Warum nicht?", meint er. "Das haben Bernie und ich schon vor zehn Jahren angedacht."