Monza-Steilkurven: Könnte die Formel 1 darauf fahren?

Der Mythos der Steilkurven in Monza: Warum es heute aus technischer Sicht nicht mehr möglich wäre, dort jenseits der 300 km/h Formel 1 zu fahren

(Motorsport-Total.com) - Nirgendwo sonst kann man die Historie und Tradition der Formel 1 so intensiv spüren wie im Autodromo Nazionale di Monza. Und das liegt nicht nur an den euphorisierten Ferrari-Tifosi, den wahrscheinlich leidenschaftlichsten Fans der Welt, sondern auch an der malerischen Umgebung im Parco di Monza mit der berühmten Villa Reale und wunderschönen Alleen.

Titel-Bild zur News: Phil Hill in der Steilkurve, Monza 1961

Phil Hill gewann 1961 den letzten Grand Prix mit den legendären Steilkurven in Monza Zoom

Irgendwo versteckt in dieser Idylle halten sich zwei fast vergessene Monumente der Motorsport-Geschickte versteckt, nämlich die berühmten Steilkurven des Autodroms. Deren fast mythische Aura ist vergleichbar nur mit der alten Nürburgring-Nordschleife, mit der Senke Eau Rouge in Spa-Francorchamps, dem "Brickyard" in Indianapolis, der Berliner AVUS, den Porsche-Kurven in Le Mans oder dem Snaefell Mountain Course auf der Isle of Man.

Die Formel 1 ist 1961 zum letzten Mal auf den Steilkurven gefahren. In jenem Rennen hätte Wolfgang Reichsgraf Berghe von Trips nur Dritter werden müssen, um sich als erster Deutscher die Fahrer-WM zu sichern. Stattdessen flog er nach einer Kollision mit dem Lotus von Jim Clark in der Parabolica-Kurve in die Streckenbegrenzung und verunglückte tödlich. Bei dem Unfall kamen auch 15 Zuschauer ums Leben.

Steilkurven wäre keine Herausforderung mehr

Obwohl er sich nicht auf den Ovalpassagen ereignet hatte, stuften die Verantwortlichen die durch die Steilkurven ermöglichten Geschwindigkeiten als zu gefährlich ein. Heute wäre es "wahrscheinlich eine ziemlich öde Angelegenheit", mit aktuellen Formel-1-Boliden dort zu fahren, glaubt Lotus-Technikchef Nick Chester. "Durch den hohen Anpressdruck der heutigen Autos würden diese wie auf Schienen liegen und ohne jedes Rutschen auf der Straße kleben."

Praktisch wäre es inzwischen sowieso fast unmöglich, über die vor sich hin alternden Steilkurven zu donnern. "Sie sind wirklich uneben. Ich glaube, das waren sie schon damals, als sie noch befahren wurden", erklärt Chester. "Die Federn sind damals regelmäßig kaputt gegangen. Ein modernes Formel-1-Auto würde das fahrwerksdynamisch gar nicht mehr überleben." Zumindest nicht im Renntempo, jenseits der 300 km/h.


Fotostrecke: Die sieben Motorsport-Weltwunder

Spektakuläre Aktion von Max Papis

Bis 1969 fanden auf dem Oval noch die 1.000 Kilometer von Monza statt. Heute wird es nur noch einmal im Jahr genutzt, bei der Monza-Rallye-Show. Eine spektakuläre Aktion gab es im Jahr 2011, als Max Papis die alte Strecke mit den Steilkurven mit einem NASCAR abgefahren ist. Was lange undenkbar galt: Auch die Nürburgring-Nordschleife wurde 2007 noch einmal reaktiviert, als Nick Heidfeld mit einem aktuellen BMW-Sauber drei Showrunden drehte.

Ein Formel-1-Rennen auf den alten Monza-Steilkurven wird es alleine schon aus Sicherheitsgründen nie wieder geben. Beinahe wären die beiden Monumente, die von Motorsport-Fans aus aller Welt wie Denkmäler verehrt werden, Ende der 1990er-Jahre abgerissen worden. Doch die Steilkurven haben das ebenso überstanden wie den Zweiten Weltkrieg, obwohl das Autodromo Nazionale di Monza damals von den Alliierten als Panzer-Testgelände genutzt wurde.


Max Papis: Monza-Steilkurven im NASCAR

Umbau zum heutigen Streckenlayout im Jahr 1954

Nach dem Krieg kehrte der Grand Prix im Jahr 1948 auf die bereits 1922 eröffnete Rennstrecke zurück. 1954 begann dann der Umbau zur modernen Rennstrecke, sodass im Wesentlichen das heutige Streckenlayout entstand, und auch das Oval wurde saniert und die ursprünglichen Steilkurven noch stärker überhöht. In jener Ära wurden Rundkurs und Oval teilweise sogar kombiniert genutzt, was eine insgesamt mehr als zehn Kilometer lange Strecke ergab.

Geschichte geschrieben wurde auf den Steilkurven in den Jahren zum Beispiel 1957 und 1958, als beim "Rennen zweier Welten" Formel-1- und IndyCar-Teams aufeinandertrafen. Der Sieg ging beide Male an die Amerikaner: 1957 an Jimmy Bryan, 1958 an Jim Rathman. Und 1966 wurden die Monza-Steilkurven im legendären Film "Grand Prix" von John Frankenheimer verewigt, mit James Garner in der Hauptrolle.


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