• 03.09.2007 17:29

  • von Fabian Hust

Monza: Das Rennen der (roten) Emotionen

Ob Wendepunkt im Titelkampf 2000, das erste Rennen nach dem 11. September oder "Schumis" Rücktrittsbekanntgabe - Baldisserri verbindet mit Monza viel

(Motorsport-Total.com) - Für Ferrari steht mit Monza ein Rennen auf dem Programm, das in diesem Jahr nach der Streichung von San Marino das einzige Heimrennen des italienischen Rennstalls ist. Im Königlichen Park werden wie immer tausende Tifosi dem springenden Pferd die Daumen drücken, angesichts der Situation in der Weltmeisterschaft befindet man sich in diesem Jahr doppelt unter Druck.

Titel-Bild zur News: Fans in Italien

Die Fans werden wieder zu Tausenden nach Monza kommen

"Als ich zu Ferrari kam, war Monza für mich neu, denn als ich jünger war, versuchte ich immer über den Zaun zu springen, um in die Anlage von Imola zu kommen, was meine Heimstrecke war", so Chefingenieur Luca Baldisserri.#w1#

Doppelter Stress in diesem Jahr

"Ich bin seit 1989 bei Ferrari und ich denke, dass ich abgesehen vom ersten bei allen Großen Preisen von Italien dabei war. Bis zum vergangenen Jahr war Monza eine von zwei Heimrennen für uns in Italien, wohingegen in diesem Jahr, ohne die Benennung von Imola, es das einzige ist. Dies bedeutet, dass wir mehr Druck erwarten können als für gewöhnlich, da es nur eine Chance gibt, zu Hause ein gutes Ergebnis zu holen."

Der Italiener hat viele gemischte Erinnerungen an die Rennen der "Roten" in Monza: "Gute Erinnerungen habe ich an das Jahr 2000, als wir das Blatt in der Meisterschaft mit Michael wendeten. Damals waren noch vier Rennen zu fahren, und wir mussten sie alle gewinnen. Und das schafften wir."

2000 läutete man in Monza die Wende ein

"Monza war ein Schlüsselpunkt, da dies jenes Rennen war, in dem wir beginnen mussten, unsere Herangehensweise an die Abstimmung des Autos zu ändern, und das hat sich im Hinblick auf die Weltmeisterschaft bezahlt gemacht. Dann hatten wir im folgenden Jahr 2001 ein schlechtes Wochenende, es war das Wochenende direkt nach den Ereignissen des 11. Septembers und das Fahrerlager war voller Emotionen."

"Wenn wir noch weiter auf die Tage zurückblicken, als Jean Alesi und Gerhard Berger unsere Fahrer waren, da hatten wir immer ein wenig zu kämpfen und hatten für Monza nie ein gutes Auto. Wir konnten auf unserer Heimstrecke nie ein ordentliches Tempo anschlagen."

Schumacher wählte emotionalnen Ort

Michael Schumacher

Michael Schumacher verkündete in Monza 2006 seinen Rücktritt Zoom

"Im vergangenen Jahr hatten wir in Monza einen ebenfalls sehr emotionalen Renntag. Michael gewann das Rennen und es wurde dann bekannt gegeben, dass er zurücktritt. Er teilte dies dem gesamten Team über Funk mit, nachdem er die Flagge gesehen hatte, dass er Ende des Jahres zurücktreten wird."

"Um ehrlich zu sein, machten die Gerüchte schon seit einer Weile die Runde, aber für einige der Jungs war es eine große Überraschung und ich kann mich daran erinnern, dass einige der Mechaniker Tränen in ihren Augen hatten. Michael war zehn Jahre bei uns gewesen und es gab Leute im Team, die nie die Erfahrung gemacht hatten, ohne ihn zu arbeiten. Ihn als Fahrer zu haben, war eine normale Sache, er war Teil der Einrichtung."

"Dies war ein trauriger Moment, aber wir waren für ihn glücklich, dass er die richtige Balance gefunden hatte. Es war auch für ihn emotional. Er hat danach eine lange Rede gehalten und seine Rede war sehr langsam und voller Emotionen."

Optimistischer Blick nach vorn

Nun blickt Baldisserri jedoch wieder nach vorn: "Kimi ist für gewöhnlich in Monza ziemlich schnell, er stand dort im vergangenen Jahr auf der Pole, aber er war etwas leichter als uns und wir konnten uns ihn aus diesem Grund beim Boxenstopp schnappen."

Welche Erinnerungen er auch immer an das Rennen hat, an diesem Wochenende konzentriert sich der Chefingenieur wie immer auf die einzigartige Herausforderung, die Monza für alle Beteiligten darstellt: "Meiner Meinung nach ist Monza eine großartige Strecke, komplett anders im Vergleich zu allen anderen Veranstaltungen im Kalender. Sie erfordert eine spezielle aerodynamische Abstimmung, die wir ansonsten nirgendwo verwenden."

Gestutzte Flügel für den Königlichen Park

Felipe Massa

In Monza sind flage Flügel Pflicht, was das Fahren erschwert Zoom

"Sie hat zwei charakteristische, sehr lange Geraden und ist ein Kurs für wenig Abtrieb. Wir waren in der Lage, beim Monza-Test in der vergangenen Woche unser Setup auf diese besondere Konfiguration zu optimieren. Dazu in der Lage zu sein ist ziemlich wichtig, nicht nur für die Autos, sondern auch für die Fahrer, die es nicht gewohnt sind, solch hohe Geschwindigkeiten zu fahren, bevor sie für solch langsamen Kurven wie die Schikane bremsen."

"Dies bedeutet, dass sie sich selbst wie die Autos einstimmen müssen. Ich kann mich zum Beispiel daran erinnern, dass Eddie Irvine nicht in der Lage war, bei einem Monza-Test zu fahren, und im Verlauf des kommenden Rennwochenendes fiel es ihm schwer, sofort nach Beginn des Trainings eine ordentliche Geschwindigkeit zu fahren. In der Tat ist das Bremsen ein weiterer Aspekt des Pakets, das in Monza eine spezielle Aufmerksamkeit erfordert. Wir benötigen eine spezifische Kühlung und ein spezifisches Material für die Bremsen, da wir eine hohe Energie abbauen müssen."

Schikanen, die echte Schikanen sind

Die hohe Geschwindigkeit ist nicht das einzig Besondere an dieser Strecke: "Bis vor vier oder fünf Jahren hatten wir die Schikane mit sehr hohen Randsteinen, was dazu führte, dass es wichtig war, ein Auto zu besitzen, mit dem man die Randsteine abkürzen kann, da dies der Weg war, um die Rundenzeit zu reduzieren."

"Wir mussten das Setup verändern, um bei der Bodenfreiheit und Steifigkeit einen Kompromiss einzugehen, der es den Fahrern erlaubt, über die Randsteine abzukürzen und Zeit zu gewinnen. Mit den neuen Schikanen ist die erste Schikane nicht mehr länger so wichtig, aber die Randsteine in der 'Roggia', der zweiten Schikane, sind immer noch schwierig, wir müssen also weiterhin dafür besonders über ein spezielles Setup nachdenken."

Überholen fällt schwer

Ralf Schumacher Scott Speed

Das Überholen fällt auf dem Kurs von Monza nicht leicht Zoom

Trotz der langen Geraden und der anschließenden Schikanen ist das Überholen in Monza keine einfache Angelegenheit: "Wenn die Autos in Bezug auf ihre Leistung sehr ähnlich sind, wird das Überholen sehr schwierig. Wenn nicht jemand Probleme mit seinem Reifen bekommt, so dass er am Ausgang der zweiten 'Lesmo' oder der 'Parabolica' nicht ordentlich Druck machen kann, dann ist das Auto vor ihm schwer zu überholen."

"Dies bedeutet, dass man in Monza häufig einen Zug sieht. Es ist im Gegensatz zu Strecken wie zum Beispiel Ungarn, wo man selbst dann nicht überholen kann, wenn man mit seinem Auto im Vorteil ist, so, dass dir ein Vorteil beim Auto in Monza helfen kann. Wenn man ein gutes Auto hat, im Qualifying jedoch in Probleme kommt und von hinten starten muss, dann ist Monza ein Ort, an dem man immer noch Positionen gutmachen kann."

Drei Boxenstopps sind out

In der Vergangenheit gab es verschiedene Boxenstopp-Strategien, doch dies ist mittlerweile nicht mehr der Fall: "Aufgrund der Reduzierung des Geschwindigkeitslimits in der Boxengasse ist der Nachteil eines zusätzlichen Boxenstopps größer. Abhängig von der Konstanz der Reifen könnten wir also weniger Boxenstopps sehen. Drei Boxenstopps sind nicht mehr länger eine Variante."

"Der andere Weg, mit dem man zocken kann, ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Safety Car auf die Strecke kommt, welche durch die Tatsache erhöht ist, dass die Autos mit sehr wenig Abtrieb fahren und es ein paar große Randsteine gibt, welche die Chancen auf einen Unfall erhöhen."

Safety Car kann alles durcheinander würfeln

Safety Car

Wenn das Safety Car auf die Strecke kommt, heißt es, kühlen Kopf bewahren Zoom

"Am wahrscheinlichsten ist es, dass das Safety Car auf die Strecke kommt, direkt nach dem Start des Rennens, wenn die Fahrer um ihre Positionen oder um das Boxenstopp-Fenster kämpfen, wenn die Reifen älter sind oder jemand auf neuen Reifen mit jemandem auf alten Reifen kämpft."

Allerdings kommt die seit diesem Jahr geänderte Safety Car-Regel hinzu: Wenn man es dann nicht richtig hinbekommt, dann kann es zu einem Desaster werden, denn man kann nicht einfach an die Box kommen, wenn man dies tun möchte, Auftanken und die Strategie verändern. Ich denke also, dass dies dazu führen wird, dass die Leute mit dem Gedanken spielen, nur einen Stopp einzulegen."

Baldisserri drückt nun beiden Fahrern die Daumen

In den vergangenen Jahren drückte Baldisserri immer Michael Schumacher als sein Renningenieur die Daumen, in diesem Jahr drückt er beiden Fahrern die Daumen: "Heute bin ich einfach glücklich, wenn Ferrari gewinnt, als dass ich starke Gefühle für einen Fahrer habe. Aber ich sehe das Gesicht des verlierenden Renningenieurs, wenn das andere Auto gewonnen hat, und ich kann mich an dieses Gefühl erinnern! Nun ist das für mich anders, besonders im Moment, da wir versuchen, Punkte in der WM-Wertung gut zu machen und in jedem Rennen Erster und Zweiter zu werden."