• 07.02.2004 09:19

Michelin-Teams profitieren vom großen Informationspool

Während Bridgestone nur ein Top-Team unter Vertrag hat, können die Michelin-Teams auf deutlich mehr Informationen zurückgreifen

(Motorsport-Total.com) - Knapp einen Monat vor dem Start der Formel-1-Saison 2004 im australischen Melbourne laufen die Vorbereitungen der Teams auf Hochtouren. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Reifenentwicklung. Ohne Fleiß kein Preis: Derzeit spulen die Teams der Königsklasse des Motorsports scheinbar unermüdlich Testkilometer um Testkilometer ab, damit sie am ersten März-Wochenende bestmöglich vorbereitet in die mit Spannung erwartete Saison zu starten. Gerade in dieser Phase der Vorbereitung kommt den Reifentests besondere Bedeutung zu.

Titel-Bild zur News: Michelin-Reifen

Bei den Testfahrten dreht sich alles um die Reifen

Die einzelnen Monoposti für die neue Saison verfügen im Vergleich zu ihren Vorgängern über eine teilweise grundlegend veränderte Aerodynamik, die wiederum das Fahrverhalten der Boliden beeinflusst. Entsprechend geht es für die Teams darum, Reifen und Handling optimal aufeinander abzustimmen.#w1#

Renault beispielsweise nahm während der ersten Februar-Woche diese Evaluierung mit einer klar definierten Arbeitsteilung seiner Piloten vor: Während Fernando Alonso vergangenen Mittwoch auf dem 'Circuit de Catalunya' bei Barcelona verschiedene Vorderreifen-Konstruktionen ausprobierte, verglich Franck Montagny neu entwickelte Laufflächen-Mischungen. "Anhand der Ergebnisse selektieren wir", so Pat Symonds, Leiter der Entwicklungsabteilung bei Renault. "Die ausgewählten Pneus werden dabei immer wieder miteinander verglichen, bis wir schließlich unsere endgültige Wahl treffen."

BMW-Williams, McLaren-Mercedes, Renault, Toyota, Jaguar und BAR-Honda dürfen sich als Michelin-Partner in diesem Zusammenhang über eine "Win-Win"-Situation freuen: "Bei den Reifentests profitiert jedes Team von den Erfahrungen, die die anderen Teams mit unseren Reifen gemacht haben", beschreibt Michelin Motorsport-Direktor Pierre Dupasquier die Arbeitsweise des französischen Herstellers. Bridgestone hingegen kann mit Ferrari auf nur ein Top-Team zurückgreifen.

"Sie haben über uns somit Zugang zu einem sehr großen Informations-Pool. Dabei können sich alle Beteiligten selbstverständlich darauf verlassen, dass wir sensible Informationen sehr vertrauensvoll behandeln. Wir verraten keine Geheimnisse ? niemals", so der Franzose weiter.

Doch wie genau sieht diese Arbeitsweise aus? Dupasquier gibt ein einfaches Beispiel: "Angenommen Team A fragt bei unseren Ingenieuren nach, warum sich bereits nach zwölf Runden deutlicher Reifenverschleiß bemerkbar macht. Dann können wir antworten, dass Team B mit den gleichen Reifen problemlos 25 Runden und mehr absolviert. Die Ingenieure wissen dann: Die Lösung für das Problem müssen sie an ihrem Auto suchen ? und nicht bei den Reifen. Auf diese Weise können wir jedem helfen, ohne Einzelheiten der anderen preiszugeben.?

Dr. Ian Pocock, Leiter der Entwicklungsabteilung von Jaguar Racing, weiß die Zusammenarbeit zu schätzen: "In der vergangenen Saison ist unser Auto zu aggressiv mit den Reifen umgegangen", analysiert der 45-Jährige. "Wir haben es leider nicht verstanden, dieses Manko des R4 zu beheben. Während der Winterpause haben wir deshalb sehr intensiv mit Michelin gearbeitet. In Clermont-Ferrand haben wir gemeinsam gründlich nach den Ursachen gesucht. Unser neuer Jaguar R5 profitiert von dieser Grundlagenarbeit und zeigt in punkto Reifenverschleiß deutliche Fortschritte.?

Fortschritte, die sich unter anderem auch an den Zeitentabellen der Testfahrten ablesen lassen: Ob Barcelona, Valencia oder Jerez ? die Michelin-Partner beeindruckten in den vergangenen Wochen mit äußerst guten Vorstellungen. So sorgte beispielsweise BAR-Honda ? seit dieser Saison auf Michelin-Reifen unterwegs ? für zahlreiche positive Schlagzeilen.

Unter anderem unterbot das britisch-japanische Team auf dem anspruchsvollen Kurs bei Barcelona bislang gleich zwei Mal den Rundenrekord. Teamchef David Richards führt den Aufstieg vom Mittelfeld der Formel 1 in die Spitzengruppe zu einem großen Teil auf die Reifen zurück: "Seit unserem Wechsel zu Michelin als Reifenpartner haben wir mit den neuen Pneus rund 10.000 Kilometer abgespult und ausschließlich positive Erfahrungen gemacht."

Auch wenn die erzielten Zeiten bei den Testfahrten erfahrungsgemäß mit einer gewissen Vorsicht zu genießen sind ? sie führen zu großer Zuversicht bei den Michelin-Partnern: "Um wie viel die Michelin-Reifen schneller sind als die Produkte des Mitbewerbers lässt sich schwer sagen ? aber dass sie schneller sind, steht außer Frage", fasst Renault-Pilot Jarno Trulli diesen Optimismus zusammen. Die Michelin-Ingenieure ruhen sich jedoch nicht auf den Lorbeeren aus. Mit dem klar formulierten Ziel Titelgewinn arbeiten sie auch in den kommenden Wochen weiter an der Reifenentwicklung, um beim Saisonstart optimal vorbereitet zu sein.