Michelin-Motorsportdirektor Pierre Dupasquier im Interview

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Wie gut waren die härteren Michelin-Formel-1-Pneus, die der Sieger Ralf Schumacher in Montreal benutzt hat?"
Dupasquier: "Nun, das lässt sich jetzt, nach dem Rennen, einfacher bestimmen als vor dem Start - sie waren perfekt, da sehr konstant und schnell genug. Ralf war offensichtlich in seinem BMW-Williams stets schneller als Michael im Ferrari, mehr kann ich nicht sagen. Wieviel Prozent der Überlegenheit auf das Konto des Fahrers, des Motors, des Chassis, der Aerodynamik oder des Reifens geht, das lässt sich kaum beziffern."

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Pierre Dupasquier ist auch im Falle des Erfolges selbstkritisch

Frage: "Ist es ein Zufall, dass Michelin mit Montreal und Imola zwei Mal auf Strecken mit langen Geraden und vielen Schikanen gewonnen hat?"
Dupasquier: "Unter diesen Umständen scheint unser Paket Fahrer-Auto-Reifen sehr gut zu arbeiten."

Frage: "Um wieviel müssen Sie auf anderen Strecken noch besser werden?"
Dupasquier: "Wir waren auch in Australien, Brasilien und in Monte Carlo schnell. Also - abwarten."

Frage: "Haben Sie den Sieg in Kanada mehr genossen als jenen in Imola?"
Dupasquier: "Ja, der erste Sieg war ein bisschen glücklich, da Michael Schumacher und Bridgestone in Imola verwachst hatten. In Kanada aber schöpfte Ferrari 100 Prozent seines Potenzials aus, aber wir hatten mehr zu bieten."

Frage: "Und die Unternehmensleitung von Michelin war jeweils vor Ort..."
Dupasquier: "Wenn uns die Anwesenheit von Edouard Michelin hilft, dann kommt er bestimmt zu jedem Rennen. Ich glaube, er wäre darüber ganz froh..."

Frage: "Nach der ersten Saisonhälfte: Sind Sie zufrieden mit dem Erreichten?
Dupasquier: "Nein, zufrieden sind wir aus Prinzip nie. Wir wollen uns immer weiter entwickeln, noch mehr verstehen. Jedes Rennen stellt für uns eine neue Herausforderung dar, wir lernen stets dazu und sammeln weitere wichtige Daten.

Frage: "Wie stark werden die Reifen im Laufe der Saison fortentwickelt?"
Dupasquier: "Alle zwei Rennen präsentieren wir völlig neue Laufflächenmischungen und Konstruktionen. Das Problem ist nur: Wenn wir im Rahmen eines Grand Prix nicht den A- und B-Typ ausprobieren können, dann bringt uns das nicht viel weiter. Wir testen sie auf jeden Fall in der darauf folgenden Woche, teilweise auf fünf verschiedenen Strecken weltweit - verrückt, nicht? Aber nur so können wir wichtige neue Dinge entdecken."

Frage: "Der Konkurrenzkampf mit Bridgestone ist ziemlich hart, oder?"
Dupasquier: "Darauf achten wir gar nicht. Wir sehen uns nicht im direkten Wettbewerb, denn Bridgestone beliefert McLaren und Ferrari, und damit besitzen sie uns gegenüber noch einen klaren Vorteil. Also lassen sich die Ergebnisse auch nicht sinnvoll vergleichen."

Frage: "Was sagten die Sportkommissare nach dem Monte-Carlo-Rennen zu den Hinterreifen, auf denen kaum noch die vorgeschriebenen Rillen zu sehen waren?"
Dupasquier: "Das betraf nicht nur die von uns ausgerüsteten Teams, auf unseren Autos war dieser Effekt nur deutlicher zu sehen. Wir haben herausgefunden, dass dies eventuell mit der Traktionskontrolle zusammenhängen kann: Die Elektronik erlaubt ein geringfügiges Durchdrehen der Räder, wodurch der Verschleiß rapide steigt. Ohne Traktionskontrolle geht der Fahrer vorsichtiger mit dem Gaspedal um, damit er das Auto nicht verliert."

Frage: "Erlauben die Reifen schnellere Rundenzeiten, wenn das vorgeschriebene Profil heruntergefahren ist?"
Dupasquier: "Das war es, worauf auch die FIA ihren Augenmerk richtete. Da die Performance aber nicht besser wurde, hat sie das Thema nicht weiter verfolgt - eine gute Entscheidung."