• 22.04.2002 14:54

  • von Fabian Hust

Michelin: Mit neuen Reifenkonstruktionen nach Spanien

Im spanischen Barcelona trifft Michelin auf eine Strecke, die die Reifen besonders hart beansprucht

(Motorsport-Total.com) - Der Große Preis von Spanien, fünfter Lauf der aktuellen Formel-1-Saison, stellt für fast alle Grand-Prix-Teams eine Art ?Heimrennen? dar: Das ganzjährig vorherrschende gute Klima und die technisch anspruchsvolle Streckenführung machen den unweit von Barcelona gelegenen 'Circuit de Catalunya' zu der meist gebuchten Teststrecke des Jahres. Für das Rennen auf dem Kurs nahe der Millionen-Metropole stellt Michelin seinen Partner-Teams Reifen mit neu entwickelten Mischungen und Konstruktionen zur Verfügung, die bei ausgiebigen Testfahrten sowohl im englischen Silverstone als auch im italienischen Mugello erfolgreich erprobt wurden.

Titel-Bild zur News: Michelin-Reifen

Michelin testete vergangene Woche zusammen mit McLaren in Mugello

Auch wenn die meisten Teams den 'Circuit de Catalunya' von zahlreichen Testfahrten vor und während der Saison wie ihre Westentasche kennen: Mit einer perfekten Abstimmung für ihre Boliden reist kaum ein Team zum Großen Preis von Spanien. Zu schnell schlägt das Wetter um, zudem weht der oftmals auffrischende Wind viel feinen Sand auf die Fahrbahn. Innerhalb einer Trainingssitzung kann der Kurs seine Charakteristik völlig ändern. "Da die äußeren Bedingungen häufig wechseln, müssen wir ständig das Setup anpassen", erläutert Ralf Schumacher, Pilot des BMW-Williams-Team.

Dabei stellt der 4,730 Kilometer lange Kurs mit seinem aggressiven Streckenbelag sowie den lang gezogenen und schnellen Kurven insbesondere den linken Vorderreifen auf eine harte Probe. Damit kommt einer perfekten Fahrzeugabstimmung und einer möglichst ausgewogenen Balance eine nochmals höhere Bedeutung zu.

In Insider-Kreisen gilt: Jene Formel-1-Autos, die in Barcelona optimal funktionieren, lassen sich auch auf nahezu jeder anderen Rennstrecke gut abstimmen. "Barcelona zeichnet sich insbesondere durch Hochgeschwindigkeitskurven aus, die nach viel aerodynamischem Abtrieb verlangen, sowie durch einen sehr verschleißfördernden Asphaltbelag", erläutert Pierre Dupasquier, der Motorsport-Direktor von Michelin. "Die beiden Reifenversionen, die wir mit nach Spanien nehmen, wurden speziell für diesen Kurs entwickelt."

Der atemlose Rhythmus der Formel 1 setzte sich auch vor dem Grand Prix von Spanien fort. Bereits zwei Tage nach dem Rennen in Imola traten die meisten Teams wieder zu Testfahrten an. Die Michelin-Partner absolvierten ihr Programm diesmal gleich auf zwei Strecken: BMW-Williams, Renault, Jaguar und Minardi drehten ihre Runden im britischen Silverstone, während McLaren-Mercedes und Toyota ins italienische Mugello reisten.

Bei BMW-Williams fuhr der momentane WM-Zweite Ralf Schumacher ausgiebige Reifentests, um Mischungen und Konstruktionen von Michelin gezielt im Hinblick auf das kommende Rennen in Barcelona auszusortieren. "Wir sind mit dem absolvierten Pneu-Programm sehr zufrieden und haben wichtige Erkenntnisse für den Grand Prix von Spanien gewonnen", so der Kerpener. Am Donnerstag simulierte der jüngere der Schumacher-Brüder ein komplettes Rennen und führte am Ende des Tages die Zeitenliste an.

Entsprechend zufrieden zeigte sich BMW Motorsport-Direktor Dr. Mario Theissen: "Die drei Tage verliefen sehr erfolgreich. Wir konnten sehr viele Kilometer zurücklegen und dabei auch noch die schnellste Zeit markieren. Neben der Arbeit an Abstimmung und Reifen haben wir uns auch um die Traktionskontrolle gekümmert. Zudem simulierten wir Startvorgänge, um unsere Start-Automatik zu optimieren."

Auch bei Renault lag der Schwerpunkt der Arbeit auf Reifentests für Michelin. Jenson Button, im WM-Zwischenklassement auf dem vierten Rang, drehte im neuen R202 mit der Chassisnummer 05 ohne Probleme seine Runden. Mike Gascoyne, Technischer Direktor des Teams: "Wir haben uns heute auf das Programm mit Michelin konzentriert. Jenson zeigte sich einmal mehr mit dem Auto sehr zufrieden und seine Rundenzeiten waren durchgehend sehr schnell ? ein wirklich produktiver Tag."

Im italienischen Mugello zogen derweil McLaren-Mercedes und Toyota ihre Bahnen. Für die Silberpfeile legte unter anderem Stammpilot Kimi Räikkönen 74 Runden zurück. Allan McNish, für das in Köln-Marsdorf ansässige Toyota-Team in Mugello unterwegs: "Wir haben an der Verbesserung der mechanischen Abstimmung des Autos gearbeitet und auch einen Reifentest für Michelin durchgeführt. Wir konnten einige Verbesserungen in Bezug auf das Setup erarbeiten. Der Wagen verhält sich jetzt konstanter. Von einigen Erfahrungen werden wir sofort profitieren, von anderen später."

Ralf Schumacher: Strapaziös für linken Vorderreifen
"Barcelona ist mit einer Kombination aus schnellen und langsamen Kurven eine interessante und anspruchsvolle Strecke. Die Reifenwahl kann dort problematisch sein. Der Circuit de Catalunya strapaziert den linken Vorderreifen besonders stark. Überraschungen in puncto Reifen dürften wir hier aber nicht erleben, da wir hier bei den Wintertests viele Erfahrungswerte sammeln konnten."

Pierre Dupasquier, Direktor der Motorsport-Abteilung von Michelin:
"Barcelona zeichnet sich insbesondere durch Hochgeschwindigkeitskurven aus, die nach viel aerodynamischem Abtrieb verlangen, sowie durch einen sehr verschleißfördernden Asphaltbelag. Die beiden Reifenversionen, die wir mit nach Spanien nehmen, wurden speziell für diesen Kurs entwickelt. Aber es bleibt spannend zu beobachten, ob die Ferrari auch in Barcelona in den schnellen Kurven so ruhig liegen wie in einigen Passagen von Imola."

Pascal Vasselon, Michelin-Formel 1-Projektleiter:
"Die vorrangigen Ziele für den Rest der Saison lauten, mehr Grip zu erreichen und zugleich die Reifen-Innentemperatur zu senken. Bei den Barcelona-Tests Ende März haben wir zudem das Abnutzungsverhalten erproben können, weil diese Strecke die Reifen am härtesten fordert."

Sam Michael, Chef-Ingenieur des BMW-Willams-Team:
"Während der dreitägigen Testfahrten erprobten wir zum einen einige viel versprechende Modifikationen am BMW-Motor als auch neue Aufhängungsteile, die uns in den nächsten Rennen noch ein bisschen schneller machen sollten. Auch das ausgiebige Reifenprogramm mit Michelin stimmt uns im Hinblick auf Barcelona recht optimistisch: Vier Hochgeschwindigkeitskurven verlangen wegen der erhöhten Abnutzung härtere Pneus und verleihen der aerodynamischen Effizienz eine besondere Bedeutung. Michelin hat bei der Entwicklung von Reifenmischungen für diese Art von Rennstrecken gute Fortschritte gemacht. Wir werden sehen, wie sich das am Rennwochenende auswirkt."