• 17.06.2002 13:53

Michelin gut gerüstet für das Wetter-Roulette in der Eifel

Mit einer ausgiebig getesteten neuen Reifenmischung, reist Reifenhersteller Michelin zum Rennen an den Nürburgring

(Motorsport-Total.com) - Formel-1-Feuertaufe für den umgebauten Nürburgring: Mit der neuen "Mercedes-Arena" ? die anstelle des bisherigen Castrol-S eine Art Motodrom bildet und vor der "Ford"-Passage rechtzeitig wieder in den gewohnten Streckenverlauf mündet ? startet der Große Preis von Europa am kommenden Wochenende auf der geschichtsträchtigen Eifel-Rennstrecke in eine neue Zeitrechnung. Wichtig für die Formel-1-Partner von Michelin: Der neue Asphalt wartet mit einem deutlich niedrigeren Grip-Niveau auf als der unveränderte Rest der Piste. Zudem kommen jetzt einer guten Traktion und viel mechanischem Grip eine noch größere Bedeutung zu: Der nunmehr 5,149 Kilometer lange Nürburgring tauschte durch den Umbau eine schnelle gegen drei langsame Kurven ein.

Titel-Bild zur News: Michelin-Reifen

Michelin fühlt sich für den neunten WM-Lauf gut gerüstet

Umbau, die zweite: Nachdem sich der Nürburgring vor 18 Jahren von der berühmt-berüchtigten "Grünen Hölle" zu einem der modernsten und sichersten Kurse der Welt wandelte, stand in der aktuellen Saison die nächste große Umgestaltung an. Das für seine Startunfälle bekannte Castrol-S gehört nun der Vergangenheit an. An seine Stelle tritt die "Mercedes-Arena", ein gewundener Kursabschnitt, der an die Form eines griechischen Omega erinnert und durch seinen Verlauf weitere Überholmöglichkeiten bietet. Zudem sollen die zusätzlichen rund 600 Meter Strecke den Zuschauer-Komfort erheblich verbessern: Die Fans auf den Tribünen am Ende der Start- und Zielgerade sehen die Boliden nun rund 14 Sekunden länger.

An diesen Effekt wird Ralf Schumacher kommenden Sonntag wohl kaum denken. Vielmehr dürfte sich der Kerpener darauf konzentrieren, möglichst "linientreu" zu bleiben: Im vergangenen Jahr überfuhr der Williams-Pilot nach seinem Tankstopp die weiße Linie, die die Boxenausfahrt von der Rennstrecke trennt, und kassierte dafür eine Zehnsekunden-Strafe. Das Rennen bewies aber: Die Weiß-Blauen kommen ? ebenso wie Michelin ? mit der Eifel-Strecke sehr gut zu Recht. Juan-Pablo Montoya unterstrich dies mit seinem zweiten Platz und der schnellsten Rennrunde. Entsprechend zuversichtlich reist das britisch-bayerische Team an die Nürburg ? dies umso mehr, da für den kommenden Grand Prix neue Michelin-Reifenmischungen zur Verfügung stehen, die in umfangreichen Testfahrten im spanischen Jerez erprobt wurden. "Wir führten Reifentests sowohl über kurze als auch lange Distanzen durch", berichtet Testteam-Manager Tim Newton. "Insgesamt fuhren wir an zwei Tagen jeweils rund 500 Kilometer. Wir sind sehr zufrieden mit den Ergebnissen."

Selbstbewusst reist auch McLaren-Mercedes nach Deutschland. "In der Meisterschaft liege ich mit 26 Punkten auf dem vierten Rang ? nur einen Zähler hinter Ralf und Juan", rechnet David Coulthard vor. "In den nächsten Rennen wird es deshalb richtig spannend zwischen uns. Das ist genau das, was mich als Rennfahrer anspornt." Einen Motivationsschub erfährt der Schotte natürlich durch die 16 Punkte, die er mit seinem Sieg in Monaco und dem zweiten Rang in Montréal in den vergangenen beiden Rennen verbuchen konnte. Dass die Silberpfeile immer besser in Schwung kommen, zeigte ihr Auftritt bei den Testfahrten deutlich: Mit 1:18.887 Minuten brannte Kimi Räikkönen in Jerez einen Fabel-Rundenrekord in den Asphalt.

Sehr gut unterwegs war auch Renault: Die Gelb-Blauen arbeiteten das wohl umfangreichste Testprogramm aller Teams ab. Neben den Rennreifen von Michelin galt das Interesse der Franzosen unter anderem auch neuen Motoren-Ausbaustufen und Getriebekomponenten, einer nochmals verbesserten Traktionskontrolle sowie leistungsstärkeren Bremsen. "Im Hinblick auf die kommenden Rennen konnten wir unser vorgesehenes Programm komplett absolvieren", fasste Mike Gascoyne, Technischer Direktor des Teams, die problemlose Testarbeit zufrieden zusammen. Ohne Probleme verlief der Aufenthalt in Jerez de la Frontera auch für die Michelin-Partner Toyota und Jaguar, die sich beide hauptsächlich auf Reifen- und Fahrwerkstests konzentrierten.

Ralf Schumacher: Niedriges Grip-Niveau am Nürburgring
"Obwohl der Nürburgring eine permanente Rennstrecke ist, liegt das Grip-Level teilweise auf niedrigem Niveau. Der linke Vorderreifen wird durch die Kurvenkombinationen am stärksten gefordert. Alles in allem: Ich mag den Kurs. Einerseits freue ich mich auf das Rennen auf dem Nürburgring, schließlich liegt diese Strecke am nächsten zu meinem Heimatort Kerpen. Andererseits haben wir nach den vergangenen Ereignissen viel gutzumachen. Wir sind ganz klar das zweitstärkste Team in dieser Saison, nur müssen wir diese Tatsache Rennen für Rennen neu beweisen."

Juan-Pablo Montoya, Pilot des BMW-Williams-Team:
"2001 habe ich auf dem Nürburgring meinen zweiten Podiumsplatz erzielt. Ich hatte ein wirklich gutes Auto und hoffe, dass ich in diesem Jahr ein noch besseres haben werde. Die Strecke hat sich geändert, das ist eine gute Herausforderung, weil sie für alle gleich ist. Es wird sicher ein interessantes Rennen, weil es mehr Überholmöglichkeiten gibt als zuvor."

Sam Michael, Chef-Renningenieur des BMW-Williams-Team:
"Im vergangenen Jahr waren wir auf dem Nürburgring stark und ich bin sicher, dass Michelin uns einen Reifen anbieten wird, mit dem wir wieder vorne mitfahren können. Diese Strecke verlangt nach maximalem Abtrieb, besonders nach dem Umbau. Sie hat jetzt eine schnelle Kurve weniger und drei langsame mehr als zuvor. Eine gute Traktion und eine gute Haftung bei relativ geringen Geschwindigkeiten sind wichtig. Das Wetter in der Eifel kann sehr wechselhaft sein, das erschwert die Reifenwahl. Die Strategie ist keinesfalls eine klare Sache ? dieses Rennen kann an der Box gewonnen oder verloren werden."