• 15.03.2011 14:50

Michael: "Wir sind immer bereit"

Williams-Technikchef Sam Michael spricht über die Vorbereitung auf die neue Saison, die KERS-Probleme und die ungewöhnlich lange Winterpause

(Motorsport-Total.com) - Das Williams-Team wurde im Verlauf der winterlichen Testfahrten mehrfach von Schwierigkeiten im Umfeld des im eigenen Haus entwickelten KERS gestoppt. Abgesehen davon war die Performance des neuen FW33 über weite Strecken vielversprechend.

Titel-Bild zur News: Sam Michael (Technischer Direktor)

Für Sam Michael hätte die Saison bereits in Bahrain beginnen können

Technikchef Sam Michael blickt nach Abschluss der Testfahrten auf die ersten Rennen der Formel-1-Saison 2011 voraus. Im Interview spricht er über die Ursache der Probleme in Zusammenhang mit KERS sowie über den Input der beiden Piloten Rubens Barrichello und Pastor Maldonado.

Frage: "Sam, wie sind die Wintertests für euch gelaufen und was versprichst du dir vom neuen Williams?"
Sam Michael: "Wir hatten im Verlauf der Tests ein paar Zuverlässigkeitsprobleme zu beklagen. Davon war allerdings keines dramatisch, außer vielleicht die Schwierigkeiten mit KERS, die inzwischen jedoch behoben werden konnten. Einige kleinere Defekte haben uns hier und da etwas Zeit gekostet. Dies ist bei den hochentwickelten Formel-1-Boliden der heutigen Zeit aber normal. Erfreulicherweise hatten wir im konzeptionellen Bereich, wie zum Beispiel bei den Antriebswellen, keine Probleme. Im Verlauf der Wintertestfahrten konnten wir fast 5.000 Kilometer zurücklegen."

Frage: "Wie steht es um die Performance des neuen Autos?"
Michael: "Aufgrund der neuen Regeln liegen die Teams nun enger zusammen. Es gibt einige Autos, die sich im Bereich von einer halben Sekunde aufhalten. Das bedeutet, wenn es einem Team gelingt, mittels eines Aerodynamikupdates oder im mechanischen Bereich zwei, drei Zehntelsekunden zu finden, dann macht das in diesem Jahr einen signifikanten Unterschied aus. Der FW33 ist von der Basis her ein gutes Auto. Was die Performance betrifft, müssen wir jedoch die ersten Rennen abwarten, um sagen zu können, wo wir genau stehen."

"Wenn ein Team zwei, drei Zehntelsekunden findet, ist das in diesem Jahr ein signifikanter Schritt." Sam Michael

KERS-Problem inzwischen behoben

Frage: "In Barcelona gab es ein Problem mit KERS. Wo lag die Ursache dafür?"
Michael: "Es gab ein Problem mit dem Inverter, der sich zwischen der Batterie und der Haupteinheit befindet. Das eigentliche Problem war, dass der Inverter nicht sauber trennen konnte, wenn ein Fehler aufgetreten ist. Wir haben daher das Konzept angepasst, sodass der Inverter nun effektiv arbeiten und dieser Fehler in Zukunft ausgeschlossen werden kann. Wir haben eine Komplettlösung in petto, die es uns erlaubt, in Melbourne mit KERS anzutreten."

Frage: "Was erwartest du vom verstellbaren Heckflügel unter Rennbedingungen?"
Michael: "Im Qualifying wird er eine halbe Sekunde pro Runde bringen. Im Rennen sollte er das halten können, was er verspricht. Es könnte allerdings zwei, drei Rennen dauern, bis die FIA die Benutzung des Systems soweit verfeinert hat, dass alles reibungslos funktioniert. Wir sollten nicht an den Punkt kommen, an dem ein Fahrer ohne Probleme am Vordermann vorbeiziehen kann. Stattdessen sollte der Flügel eine Hilfe sein, um ein bereits angesetztes Überholmanöver erfolgreich abzuschließen."

Reifensituation hat sich gebessert

Frage: "Wie verhalten sich die verschiedenen Mischungen der neuen Pirelli-Reifen?"
Michael: "Während der ersten Tests war der Abrieb extrem hoch. inzwischen hat es sich etwas gebessert. Das liegt wahrscheinlich daran, dass wir zum einen den Abtrieb am Auto erhöht haben, zum anderen hat Pirelli bei den Reifen nachgebessert. Ich glaube, wenn wir bei höheren Temperaturen fahren, wird es sich nochmals anders darstellen. Die Tests fanden alle bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen statt. Pirelli hat in der Kürze der Zeit einen guten Job gemacht und sie werden sich weiter steigern können. In den ersten zwei, drei Rennen wird es vermutlich einen Boxenstopp mehr geben als bisher, aber ich glaube, das wird sich recht schnell stabilisieren."

Frage: "Hat das Team vor diesem Hintergrund mehr Boxenstopps geübt?"
Michael: "In der Fabrik haben wir die Boxenstopps sehr intensiv geprobt so wie wir es immer tun. Die Mechaniker üben im Winter nahezu täglich. Die Radmuttern und Schlagschrauber unterscheiden sich kaum von denen des vergangenen Jahres. Der vordere Wagenheber ist derselbe, der hintere ist neu. Wir werden in Melbourne sehen, wo wir damit stehen."

Barrichello für das Team sehr wertvoll

Frage: "Welches Feedback konnte Rubens Barrichello geben, um das Auto weiter zu verbessern?"
Michael: "Rubens hält sich mit seinen Aussagen zum Fahrzeug in der Regel zurück. Er ist nie euphorisch, weil er erwartet, dass wir stets weiter arbeiten. Er versteht es jedoch sehr gut, das Team zu motivieren. Was den FW33 betrifft, so hat Rubens einen ganz entscheidenden Anteil an der Richtung, die wir beim Basis-Setup eingeschlagen haben. Zudem liefert er Ansätze für Verbesserungen, die uns allen zugute kommen. Wir haben beispielsweise einige Vibrationen, die ihn im vergangenen Jahr gestört haben, abstellen können. Solche Kleinigkeiten aus der Welt zu räumen hilft, um uns auf die wichtigen Dinge konzentrieren zu können."

Frage: "Wie würdest du Pastor Maldonado als Fahrer beschreiben?"
Michael: "Er ist sehr entschlossen und hat viel Talent. Er steht natürlich gerade am Beginn seiner Karriere, zeigt aber schon eine bemerkenswerte Reife, wenn es um die Arbeit mit seinem Umfeld geht. Zudem kann er sehr gut beschreiben, wie sich das Auto verhält. Xevi Pujolar und Andrew Murdoch (die Renningenieure; Anm. d. Red.) haben im Winter gut mit ihm zusammen gearbeitet. Diese Verbindung wird sich für ihn auszahlen, wenn es zu den Rennen geht."

Maldonado wird Zeit brauchen

Frage: "Pastor kam wegen der Zuverlässigkeitsprobleme nicht viel zum Fahren. Siehst du ihn dennoch für die Rennen gerüstet?"
Michael: "Als Rookie bist du niemals vollständig gerüstet. Du musst einfach rausgehen und den Job erledigen. Pastor hat ohne Frage Talent. Jetzt geht es für ihn darum, zu zeigen, dass er mit dem Druck eines Rennwochenendes umgehen kann, vor allem im Qualifying. Es stimmt, er konnte bisher nicht so viel fahren, wie wir das gerne gesehen hätten. Das ändert jedoch nichts daran, dass wir ihn unterstützen und ihm Zeit geben werden. Seine Leistung während der Regentests war definitiv beeindruckend."

Frage: "Siehst du das Team insgesamt für Australien gut vorbereitet?"
Michael: "Auf jeden Fall. Wir wären auch für Bahrain bereit gewesen, so ist die Formel 1. Wir sind immer bereit für das, was uns erwartet. Es ist gut, dass wir die Saison nun eröffnen können. Es fühlt sich schon etwas merkwürdig an, dass wir um diese Zeit des Jahres noch keine Rennen fahren."

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