• 13.07.2001 20:17

Michael Schumacher im Interview

Schumacher über die zahlreichen Rekorde, die er brechen kann und warum sein Vater kurz vor einem Herzinfarkt ist

(Motorsport-Total.com/Haymarket) - An diesem Wochenende hat Michael Schumacher die Möglichkeit, den Rekord von Alain Prost von 51 Karrieresiegen zu egalisieren, womit er ihn bei einem weiteren Sieg in Hockenheim schlagen könnte. Und wenn David Coulthard dabei zwei Mal ausfallen würde, könnte der Ferrari-Pilot sogar in Deutschland Weltmeister werden. Doch so denkt Michael Schumacher nicht, denn Statistiken sind für den Kerpener im Vorfeld unwichtig, er gibt stattdessen einfach bei jedem Rennen sein Bestes - diese Tatsache unterstrich er erneut im Interview, egal, wie tief man bohrte...

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Michael Schumacher präsentierte sich am Freitag in bester Stimmung

Frage: "Denkst du, dass dir der Titel schon gehört?"
Michael Schumacher: "Mit Sicherheit denke ich so nicht. Die Meisterschaft ist so lange nicht vorbei, so lange sie nicht mathematisch vorbei ist. Auch wenn wir auf einer komfortablen Position liegen, so ist es völlig klar, dass noch 70 Punkte zu vergeben sind und ich 31 Punkte vorne liege. Also ist es rechnerisch sehr einfach nachzuvollziehen."

Frage: "Wirst du das Rennen so wie immer angehen und auf Sieg fahren oder wirst du lieber Punkte sichern?"
Schumacher: "Um ehrlich zu sein fahre ich instinktiv, so wie ich das schon immer getan habe. Wenn ich die Möglichkeit habe zu gewinnen, dann werde ich diese Möglichkeit nutzen. So einfach ist das. Ich hätte doch so schon in Magny-Cours denken können, als ich 24 Punkte vorne lag. Wenn man sich meinen Start angesehen hat, dann konnte man sehen, dass ich nicht einen Moment zurückgesteckt habe. In der gleichen Situation würde ich es wieder genauso tun."

Frage: "Wenn du also Seite an Seite mit jemandem wie David Coulthard in eine Kurve gehst, würdest du nicht nachgeben um sicher zu sein, dass du Punkte holst?"
Schumacher: "Wenn ich in einer besseren Position bin nein, wenn ich in der schlechteren Position wäre, dann würde ich nachgeben wie ich es normaler Weise auch tun würde, egal in welcher Position ich mich in der Weltmeisterschaft befinde."

Frage: "Du bist jetzt so nahe dran, Geschichte zu schreiben. Du bist ein ruhiger Mensch, aber zeigt man da nicht ein wenig Nerven oder freudige Erwartung?"
Schumacher: "Nein. Wie ich schon zuvor gesagt habe, hat die Statistik zweite Priorität. Zu einem Rennen zu kommen und zu versuchen, es zu gewinnen, ist alleine schon aufregend genug. Und wenn man dann an die Weltmeisterschaft vor einem denkt, dann ist das zu einem bestimmten Grad noch aufregender als 51 Grand Prixs zu gewinnen. In diesem Bezug fühle ich mich nicht besonders aufgeregt. Ich tendiere dazu, immer an Dinge zu denken, wenn sie passiert sind, nicht schon davor. Dann wird sich mein Gefühl vielleicht verändern, aber jetzt fühle ich mich einfach so, wie ich das erklärt habe."

Frage: "Wäre es etwas besonderes, diesen Rekord in Hockenheim zu brechen?"
Schumacher: "Nochmal, das ist genau das selbe. Ich habe es noch nicht geschafft, also kann ich dir nicht sagen, wie ich darüber denken werde. Es wird mit Sicherheit ein besonderer Moment sein, aber möglicher Weise nicht so, wie es die Leute zu denken glauben."

Frage: "Du kannst den WM-Titel schon in Hockenheim gewinnen. Denkst du über so etwas nach?"
Schumacher: "Das ist eine sehr theoretische Situation und daran denke ich um ehrlich zu sein nicht. Ich bin da lieber etwas realistischer. Und Coulthard fällt zwei Mal aus? Ich denke nicht, dass dies passieren wird. Und auf der anderen Seite ist der Gewinn dieser zwei Rennen nicht zwangsläufig gegeben. Ich werde es nehmen, wie es kommt. Es gibt keinen Grund, Aussagen über "Wenns" zu machen, da wir zu viele "Wenns" in der Formel 1 haben. Ich rede da lieber über realistische Situationen und Tatsachen."

Frage: "Jeder redet über die 51 Siege, aber am Ende der Saison könntest du einen Rekord von 10 Siegen haben, 800 Punkte auf deinem Konto haben, und den Rekord 'meiste Punkte pro Saison' brechen... du kannst jeden Rekord brechen. An einem Punkt - vielleicht wenn du den Titel gewonnen hast - wirst du dann daran denken?"
Schumacher: "Ich könnte vielleicht daran denken, ja, aber nicht in der Art und Weise, wie du das jetzt gerne hören möchtest. Ich kann mich nur wiederholen, das hat zweite Priorität. Ich wäre mit Sicherheit sehr stolz, egal, was ich erreiche, aber ich bin immer noch motiviert, noch mehr zu erreichen und darauf freue ich mich. Ich möchte so viele Rennen gewinnen, wie ich nur kann und was immer auch am Ende dabei herauskommen wird, ich werde es mir rückblickend anschauen."

Frage: "In der Vergangenheit hast du immer gedacht, dass du der Feind in Großbritannien bist, da du so oft britische Gegner hattest. Hier hast du wieder einen britischen Rivalen. Fühlst du immer noch so oder glaubst du, dass du hier jetzt mehr Fans hast?"
Schumacher: "Er ist Schotte, oder? Ich dachte zumindest, dass er Schotte ist... Mit Sicherheit weiß ich, wie viele Fans ich hier habe, weil ich an jedem Sonntag auf der Fahrerparade sehe, wie viele Fans wir haben. Es gibt immer eine Art Kampf zwischen den Englischen und Deutschen Medien, manchmal ist es interessant, etwas darüber zu hören. Aber wenn man Rennen fährt, dann konzentriert man sich nur auf seinen Job und nicht auf das, was um dich herum passiert. Aber um ehrlich zu sein, kann man das kaum beeinflussen."

Frage: "Gab es einen Kommentar von deinen Eltern über euren Kampf?"
Schumacher: "Weiter kämpfen! Alle werden durch den Kampf, den ich und mein Bruder untereinander haben, bestens unterhalten, also gibt es keinen Grund, da etwas zu ändern. Macht einfach weiter."

Frage: "Sie sagen nicht 'passt auf...'?"
Schumacher: "Sie wissen, dass wir das tun..."

Frage: "Du machst dir keine Sorgen, dass sie eines Tages einen Herzinfarkt bekommen könnten?"
Schumacher: "Das ist ein gutes Stichwort. Um ehrlich zu sein ist mein Vater immer kurz davor, was auch immer im Rennen mit Ralf und mir passiert. Ich glaube nicht, dass sein Herz noch schneller schlagen kann. Einmal saß er vor dem Fernseher und er hatte einen Puls von 170, dabei haben wir bei diesem Rennen gar nicht gefightet! Auf der anderen Seite sage ich ihm, dass er doch weggehen soll und nicht zuschauen sollte, aber er sagt: 'Nein, nein, keines von beidem kann ich tun'..."