• 02.11.2023 17:09

  • von Filip Cleeren

Mexikos "Racepect"-Kampagne gegen giftiges Verhalten mancher Formel-1-Fans

Die Organisatoren des Mexiko-Grand-Prix haben ihr Rennen und die Entwicklungen auf Social-Media zum Anlass genommen, eine Kampagne für mehr Respekt zu starten

(Motorsport-Total.com) - Da die Fangemeinde der Formel 1 immer stärker gespalten ist, haben die Organisatoren des Grand Prix von Mexiko die Sache selbst in die Hand genommen, um missbräuchliches Verhalten am Rennwochenende im Autodromo Hermanos Rodriguez in Mexiko-Stadt zu reduzieren. Es wurde die "Racepect"-Kampagne gegründet und am Rennsonntag einem "großen Test" unterzogen.

Titel-Bild zur News: Fans von Sergio Perez beim GP Mexiko in Mexiko-Stadt

Fans von Sergio Perez beim GP Mexiko 2023 in Mexiko-Stadt Zoom

Die Organisatoren waren beunruhigt von asozialem Verhalten bei Sportveranstaltungen weltweit, das durch toxische Polarisierung auf Social-Media und in der Gesellschaft insgesamt noch angeheizt wird. "Wir haben das in den vergangenen Jahren nicht nur im Rennsport oder in der Formel 1 bemerkt, sondern auch in Sportarten wie Fußball, Baseball und Sportarten auf der ganzen Welt", sagt Federico Rodriguez, Geschäftsführer des Grand Prix von Mexiko.

Mit der "Racepect"-Kampagne sollen die Fans ermutigt werden, die Kämpfe den 20 Formel-1-Piloten auf der Strecke zu überlassen, anstatt sie auf die Tribünen oder auf Online-Plattformen zu übertragen. Die Bemühungen der Mexiko-Organisatoren folgen auf die Kampagne der FIA zur Bekämpfung von Hassreden im Internet.

Im Zusammenhang mit dem kontroversen Titelkampf zwischen Max Verstappen und Lewis Hamilton in der Saison 2021 entluden sich die Spannungen damals über Social-Media. Inzwischen haben sie sich weitgehend gelegt, sind aber online immer noch präsent. Seitdem ist die Fangemeinde von Verstappen auch mit den leidenschaftlichen Anhängern seines aktuellen Teamkollegen Sergio Perez aneinandergeraten.

Einige Kommentare von Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko gossen zusätzlich Öl ins Feuer und die lautstarke Reaktion einiger mexikanischer Fans veranlasste Red Bull, im Fahrerlager der Rennstrecke in Mexiko-Stadt zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen.

"Deshalb haben wir beschlossen, diese Respekt-Kampagne zu starten", sagt Federico Rodriguez über "Racepect" und erklärt: "Ich glaube, dass dieser Sport etwas braucht, um etwas gegen das zu unternehmen, was auf den Tribünen und in der ganzen Welt passiert. Die Idee ist, die Bigotterie auf den Tribünen zu bekämpfen."

"Da Max der Teamkollege von 'Checo' ist", so Rodriguez weiter, "sollten wir meiner Meinung nach wieder dahin kommen, diesen Sport familienorientiert zu halten. Der Kampf sollte auf der Strecke, nicht außerhalb der Strecke, stattfinden".

Sergio Perez

Sergio Perez Zoom

Der jüngste Boom der Formel 1 hat die Fangemeinde nicht nur vergrößert, sondern auch diversifiziert - im positiven wie negativen Sinne. Er hat die Befürchtung genährt, dass Hooligan-Verhalten, wovon der Fußballsport vor allem in Europa und Lateinamerika geplagt ist, nun auch in den Motorsport eingesickert ist. Dieses asoziale Verhalten nimmt viele Formen an, die von einfacher Parteilichkeit bis hin zu Rassismus und schlechter Behandlung von Frauen reichen.

Auch Rodriguez hat festgestellt, dass sich die Zusammensetzung der Zuschauer seines Rennens verändert hat, seit der Mexiko-Grand-Prix im Jahr 2015 in den Formel-1-Kalender zurückgekehrt ist: "Das ist unser achtes Rennen [seitdem] und ich habe Veränderungen bei den Fans festgestellt."

"Ich glaube, wir haben neue Kunden, vielleicht aus anderen Sportarten. Daher ist es meiner Meinung nach besser, wenn wir erklären, dass das ein anderer Sport ist. Die Regeln sind anders und der Kampf muss sich auf das Rennen auf der Strecke konzentrieren", so der Geschäftsführer des Grand Prix von Mexiko.

Den Rennsonntag bezeichnete Rodriguez im Vorfeld als "großen Test" dafür, ob die Sensibilisierungskampagne Wirkung zeigt oder nicht. Nach Perez' Zusammenstoß mit Charles Leclerc in der ersten Runde kam es im Stadion Foro Sol inmitten der Rennstrecke zu einer Schlägerei zwischen einem Perez-Anhänger und Ferrari-Fans, wobei der beleidigende Fan schnell in die Schranken gewiesen wurde.

Fans beim GP Mexiko in Mexiko-Stadt

Fans beim GP Mexiko in Mexiko-Stadt Zoom

Doch trotz des einzelnen Zwischenfalls deutet alles darauf hin, dass das Rennwochenende mit einer Rekordzahl von 400.638 Zuschauern (152.668 am Sonntag) reibungsloser verlief als befürchtet. "Wir sind außerordentlich stolz auf die "Racepect"-Kampagne und den Einfluss, den sie auf unsere Fans hatte. Die meisten von ihnen haben sich während des gesamten Wochenendes respektvoll verhalten", sagte Rodriguez zwei Tage nach dem Rennen auf Anfrage.

"Dank der Unterstützung von Teams, Fahrern und der Formel-1-Gemeinde konnten wir die Botschaft weit und breit verbreiten. Die Kampagne hat wirklich mehr bewirkt als erwartet", sagt Rodriguez stolz. Red-Bull-Teamchef Christian Horner stimmt zu. Er verweist darauf, dass nur eine Woche nachdem die Perez-Fans Max Verstappen in Austin ausgebuht hatten, der Niederländer eine positive Reaktion von denselben Fans erhielt.

"[Verstappen] wurde fantastisch empfangen", so Horner. "Ich muss den mexikanischen Fans für die Unterstützung und den Sportsgeist, den sie an diesem Wochenende gezeigt haben, applaudieren. Sie waren brillant. Man hat den Jubel gehört, als er auf dem Podium stand. Die Unterstützung, die sie dem ganzen Team gegeben haben, war hervorragend."

Stattdessen war es Ferrari-Pilot Charles Leclerc, der von einer kleinen Minderheit von Fans im Foro-Sol-Stadion für seine Rolle im Startunfall mit Perez, dem er nicht ausweichen konnte, am heftigsten angefeindet wurde.

Fans von Max Verstappen

Fans von Max Verstappen Zoom

Abgesehen von der "Racepect"-Kampagne wurden am vergangenen Wochenende in Mexiko-Stadt auch Anstrengungen unternommen, die Sicherheitsvorkehrungen innerhalb des Formel-1-Fahrerlagers zu verbessern. Die meisten Beobachter schienen sich einig zu sein, dass eine Reduzierung der ausgegebenen Fahrerlagerpässe diesbezüglich geholfen hat.

Es bleibt abzuwarten, ob die Initiative des Grand Prix von Mexiko andernorts Nachahmer findet und inwieweit die FIA-Kampagne zu Ergebnissen führen wird. Das wahre Ausmaß der Toxizität in Reihen einiger Formel-1-Fans wird sich wahrscheinlich erst dann zeigen, wenn die Rennserie ihren eigenen Wunsch erfüllt und mehrere Fahrer und Teams bis zum bitteren Ende einer Saison um die Weltmeisterschaft kämpfen.

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