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Mercedes: Zu kleines Betriebsfenster
Diffusor und F-Schacht haben großes Potenzial, funktionieren bei Mercedes aber zu selten - Schließung der Fabrik nicht gerade hilfreich
(Motorsport-Total.com) - Am Freitag stand Mercedes beim Heimspiel auf dem Hockenheimring noch auf den Plätzen fünf und sechs, doch gestern scheiterte Michael Schumacher bereits in Q2, während Nico Rosberg um acht Tausendstelsekunden glücklicher war und in Q3 immerhin noch auf den neunten Startplatz fuhr. Dabei hatte sich das Team dank zahlreicher Updates im Vorfeld deutlich mehr erwartet.

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Der Silberpfeil ist vom Potenzial her schnell, funktioniert aber viel zu selten
Nach Silverstone, wo man noch bewusst auf radikale Neuerungen verzichtet hatte, um nicht die Basisabstimmung zu vernachlässigen, brachte Mercedes nach Hockenheim eine neue Version des F-Schacht-Systems und auch des auspuffangeströmten Diffusors. "Die reinen Zahlen, was den Anpressdruck angeht, sind sehr gut, aber wir nutzen ihn nicht optimal", erklärt Teamchef Ross Brawn. "In bestimmten Betriebsfenstern funktioniert das Auto annehmbar, aber im Qualifying waren wir wieder weit weg."#w1#
Sportchef Norbert Haug soll sinngemäß gesagt haben: "Bei anderen Teams ist das Betriebsfenster eine große Eingangstür, bei uns nur ein Briefkastenschlitz!" Das liegt an zwei Faktoren: Erstens tun sich die Fahrer nach wie vor schwer, die Reifen optimal zu nutzen, und zweitens ist die aerodynamische Balance phasenweise äußerst instabil. Das Fahrverhalten des MGP W01 war am Samstag ganz anders als noch am Freitagnachmittag.
Im Qualifying wieder am schwächsten
"Über das Wochenende gesehen war es inkonstant, das stimmt, aber es war nicht so, dass es sich von einer Kurve auf die andere komplett verändert hat", relativiert Rosberg. "Nur von einer Session auf die andere war das Handling unterschiedlich, leider vor allem vor dem Qualifying." Als Hauptproblem beschreibt er fehlenden Grip an der Hinterachse - gegen das Übersteuern half auch nicht, den Frontflügel um fünf Grad flacher zu stellen.
"Ich habe den Frontflügel ungewöhnlich stark flacher gestellt, aber das hat nichts geholfen, das Übersteuern ging nicht weg. Ich hatte starkes Übersteuern, zu wenig Grip am Eingang der langsamen Kurven, zu wenig Traktion. Das waren im Qualifying unsere schwächsten Bereiche, aber ich habe dafür im Moment keine Erklärung", so Rosberg. Nun wünscht er sich sogar, dass ein Fehler passiert ist, damit man nicht das ganze Konzept in Frage stellen muss: "Ich hoffe, dass wir etwas am Auto finden werden..."
"Das hatten wir schon öfter, dass wir am Freitag und Samstagmorgen da sind, wo wir glauben, dass wir hingehören, aber im Qualifying machen wir dann doch wieder einen Schritt zurück. Komisch. Es ist schwierig, das zu erklären", wundert er sich. Die neuen Komponenten liefern bei allen Simulationen vielversprechende Zahlen, auf der Strecke funktionieren sie aber nur äußerst selten. "Vielleicht haben die Upgrades nicht so hingehauen, wie wir das gehofft hatten", meint Rosberg.
¿pbvin|512|2950||0|1pb¿Man habe daher genau wie McLaren in Silverstone "ernsthaft in Betracht gezogen", den auspuffangeströmten Diffusor nach dem Freitagstraining auszubauen, "aber McLaren kämpft um die Weltmeisterschaft - sie können es sich nicht leisten, ein Rennen lang zu leiden", steht Brawn zu seiner Entscheidung, an der noch recht neuen Innovation festzuhalten. "Wir bevorzugen es, mehr über das System zu lernen. Nach dem Rennen werden wir sicher mehr darüber wissen."
"Das Paket ist ganz anders in Silverstone. Wir brauchen einfach ein bisschen Zeit, um das zu bereinigen", erläutert er. "Das Potenzial beider Komponenten ist gut, aber wir konnten es nicht nutzen, weil wir Probleme mit der Gleichmäßigkeit des Anpressdrucks hatten. Wir müssen herausfinden, wie wir den auspuffangeströmten Diffusor am besten verwenden. Wir müssen die richtige Bodenhöhe finden und die übrigen Chassiseinstellungen, um das Konzept nutzen zu können. Das ist uns hier nicht gelungen."
Schumacher spricht indes ständig von Fortschritten, doch Tatsache ist, dass der siebenfache Weltmeister bis Istanbul immer auf einstelligen Startpositionen stand, zuletzt aber viermal hintereinander am Samstag nicht mehr besser als Zehnter war. Da liegt die Frage nahe: Wo sind denn diese angesprochenen Fortschritte, Michael? "Die Frage stellen wir uns auch", gesteht der 41-Jährige ohne auszuweichen.
Schumacher bleibt optimistisch
"Wenn du dir anschaust, wo wir gestern und heute Morgen standen, dann war das halbwegs normal, aber dann kommt das Qualifying - und plötzlich finden wir uns woanders wieder. Aber das ist das Schöne: Die Formel 1 birgt immer wieder Überraschungen, mit denen man sich auseinandersetzen kann - mal in die eine, mal in die andere Richtung. Jetzt gerade geht es in die falsche Richtung, aber das wird sich wieder ändern", gibt er den Mut nicht auf.
Für das heutige Rennen sieht er zwei kleine Vorteile: "Wir stehen auf der guten Seite der Startaufstellung und ich habe im Gegensatz zu den ersten zehn Autos die Möglichkeit, von der Strategie her das zu tun, was ich tun will. Ob wir davon Gebrauch machen werden, werden wir morgen sehen", spricht er die Möglichkeit an, im Gegensatz zu den Top 10 auch mit harten Reifen zu starten, sofern sich das als Vorteil herausstellen könnte.

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Wo sind die Fortschritte? Lange Mienen bei den Mercedes-Piloten... Zoom
Erschwerend kommt die Sommerpause nach dem nächsten Rennen in Budapest hinzu, denn aus Kostengründen wurde vereinbart, dass die Teams zwei der vier Wochen keine Entwicklungsarbeiten durchführen dürfen. Auf diese Weise sollen vor allem die enorm unter Stress stehenden Mitarbeiter entlastet werden. Das trifft Teams wie Red Bull, die ohnehin keine großen Baustellen haben, weniger hart als Teams wie Mercedes, die alle Hände voll zu tun haben, um diverse Technikbrände zu löschen.
"Die Teams können beliebige zwei der vier Wochen dicht machen", erklärt Brawn. "Das ist gerade für uns nicht hilfreich, aber wir müssen anerkennen, dass es für alle Teams gleich ist. Wir werden zwischen jetzt und Ungarn hart arbeiten, um die Systeme zu verstehen, und dann werden wir alles stilllegen, bis wir aus der Pause zurückkehren. Wir haben die Pause so gelegt, dass wir unmittelbar vor dem nächsten Rennen noch länger arbeiten dürfen."
"Einige unserer Ingenieure werden sich sicher am Strand ihre Gedanken machen. Das kannst du nicht verhindern. Es ist nicht erlaubt, aktiv an Prozessen mitzuwirken, aber ich glaube nicht, dass jemand in der Sonne ein Buch lesen wird. Die haben anderes im Kopf", gibt der Teamchef zu Protokoll. "Aber wie gesagt, es ist für alle gleich. Die Pause ist notwendig und ich halte das für eine gute Initiative, besonders während so einer langen Saison."

