Mercedes: Wäre ein schlechterer Start für das Rennen besser gewesen?

Hat sich Lewis Hamilton mit seinem starken Start kurioserweise selbst um den Sieg gebracht? Mercedes-Ingenieur Andrew Shovlin analysiert die Strategiethematik

(Motorsport-Total.com) - Eine Schwalbe macht noch keinen Frühling, und ein guter Start in ein Formel-1-Rennen garantiert noch keinen Sieg. Diese Erkenntnis ist nicht neu, in Austin wurde Lewis Hamilton schmerzhaft daran erinnert. Denn obwohl er den Start gewann, kam er hinter Max Verstappen ins Ziel. Hätten Hamilton oder Mercedes etwas anders machen können?

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Lewis Hamilton scheiterte knapp am Sieg in Austin Zoom

"Wenn wir eine Kristallkugel gehabt und gesehen hätten, dass der harte Reifen für uns besser ist", sagt Mercedes-Chefingenieur Andrew Shovlin. Tatsächlich aber waren die Chancen limitiert durch die schlechte Pace im ersten Stint auf den Mediums.

"Realistisch betrachtet lag nach dem großartigen Start von Lewis die einzige Chance darin, das Rennen zu gewinnen, indem wir selbst früh gestoppt hätten", erklärt Shovlin. Heißt: Mercedes hätte proaktiv den aggressiven Undercut von Verstappen in Runde zehn durch einen noch früheren Reifenwechsel abblocken müssen. Doch Mercedes war das Risiko einfach zu groß.

Wäre Platz zwei im ersten Stint besser gewesen?

"Wenn man sieht, welche Probleme wir auf den Mediums auf solch einem kurzen Stint hatten, wären wir niemals mutig genug gewesen, das zu machen, nur um die Führung zu behalten. Es hätte sich für uns so angefühlt, dass wir unser gesamtes Rennen gefährden", stellt Shovlin klar.


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Im Nachhinein wäre es vielleicht die richtige Entscheidung gewesen, gibt er zu. "Aber es hätte was davon gehabt, dass wir früher den Abzug drücken und das Beste hoffen", sagt er. Kurioserweise brachte sich Hamilton durch den starken Start selbst in die Position, durch einen Undercut gefährdet zu sein. War die Führung nach Kurve 1 also sogar kontraproduktiv?

"Es ändert die Überlegungen, wenn man auf Platz zwei fährt. Denn realistisch betrachtet ist das Schlechteste, das man erreichen kann, Platz zwei, da die meisten Rennen von Max oder Lewis gewonnen werden, wenn keine anderen Probleme auftreten", sagt Shovlin.

Shovlin: Hätten nicht mit Verstappen mithalten können

Für den Hinterherfahrenden sind strategische Entscheidungen meist einfacher zu treffen, Hamilton und Mercedes selbst zeigten dies in Sotschi bei einsetzendem Regen. McLaren und Lando Norris, der damals in Führung lag, wechselten zu spät.

Doch bei der Betrachtung des Paceunterschieds zwischen Verstappen und Hamilton im ersten Stint zweifelt Shovlin daran, dass Hamilton nahe genug hätte dranbleiben können. "Ich bin sicher, dass wir nicht im Getriebe hätten sitzen können wie sie es getan haben", gibt er zu. Hätte sich Verstappen in Führung liegend abgesetzt, hätte Hamilton auch mit einem Undercut nur wenig Erfolgsaussichten gehabt.


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So, wie sich das Rennen nach der verlorenen Führung entwickelte, war Mercedes klar, dass sie zumindest etwas anders machen mussten. Also kam Hamilton wesentlich später zum zweiten Stopp, um dann in weniger Runden deutlich frischere Reifen zur Verfügung zu haben. Auf dem harten Reifen funktionierte der Mercedes ohnehin deutlich besser.

Einstoppstrategie war unmöglich

"Wir wollten einen kleinen Reifenunterschied schaffen, aber schlussendlich war das Rennen nicht lang genug, damit sich das auszahlt", erklärt Shovlin. Hamilton holte zwar in Riesenschritten auf, bekam aber gar nicht erst die Chance auf einen Angriff.

Eine Einstoppstrategie sei laut Shovlin auf keinen Fall möglich gewesen - zumindest nicht im Sinne des Reglements. "Im letzten Stint haben wir gesehen, dass einige Fahrer die Reifen mehr gemanagt und den Abbau unter Kontrolle bekommen haben. Aber sobald man mehr gepusht hat, sind sie in unglaublicher Geschwindigkeit eingegangen", sagt er.

Shovlin ergänzt mit Blick auf einen Einstopper: "Für uns war der Medium einfach nicht gut genug. Mit zweimal Hard hätten wir es schaffen können, aber so darf man ja das Rennen nicht fahren." Eine Dreistoppstrategie hätte auf der anderen Seite zu viel Zeit in der Box gekostet. "Daher ging es nur um eine Zweistoppstrategie, wie wir es auch erwartet hatten, als wir herkamen", schildert Shovlin.