• 06.06.2003 08:20

McNish: "Mehr Überseerennen erhöhen den Druck"

Der RenaultF1-Testfahrer über die Saison, Renaults Entscheidung 2004 ein anderes Motorkonzept einzusetzen und die neuen Regeln

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Allan, bist du mit der Leistungsfähigkeit des R23 in dieser Saison soweit zufrieden?"
Allan McNish: "Insgesamt betrachtet, hat sich der R23 in dieser Saison sehr gut geschlagen und einen großen Anteil daran, weshalb Renault auf dem vierten Platz in der Konstrukteurswertung liegt und Fernando Dritter und Jarno Achter in der Fahrerwertung ist. Von der Aerodynamik her ist das Auto sehr konkurrenzfähig. Sepang, Barcelona und zuletzt Monaco haben das bewiesen. Wir hatten auch sehr wenig Zuverlässigkeitsprobleme, selbst beim Testen, was die ultimative Prüfung für die verschiedenen Komponenten ist."

Titel-Bild zur News: Allan McNish

McNish hofft, 2004 wieder als Stammfahrer unterwegs zu sein

Frage: "Jetzt wo die Hälfte der Saison bereits absolviert ist, was gefällt dir an den neuen Regeln gut und was nicht?"
McNish: "Ich denke, dass die veränderte Punkteregelung sich bewährt hat - Michael muss ganz gewiss hart arbeiten, um an Kimi dranzubleiben, nachdem Kimi einen solch guten Start in die Saison erwischt hat. Wenngleich beide einen komfortablen Vorsprung auf die restlichen Fahrer besitzen, so geht es im Mittelfeld doch sehr viel konkurrenzfähiger und enger zu. Was die Testfahrten anbelangt, so haben die Freitagstestfahrten einigen Teams - inklusive Renault - eine nützliche Möglichkeit gegeben die Strecke vor der Qualifikation einzuschätzen und die Abstimmung des Autos entsprechend vorzunehmen. Außerhalb der Rennwochenenden sind die Testmöglichkeiten stark eingeschränkt, jedoch sind die Tests die wir durchführen sehr umfangreich. Zuletzt waren wir in Paul Ricard und ich habe dort zwei Grand Prix-Distanzen an einem Tag absolviert, was für die Weiterentwicklung des Autos eine großartige Sache ist und für die Fitness des Fahrers."

Neue Regeln haben sich mit ein, zwei Ausnahmen bewährt, findet McNish

"Ich glaube auch, dass die Qualifikation mit nur einer Runde gut ist, denn man darf sich keinen Fehler leisten. Wie dem auch sei, ich bin jedoch der Meinung, dass man die Qualifikation wie 2002 mit leeren Tanks fahren sollte. Die Diskussionen um die Fahrerhilfen und um die Traktionskontrolle sind nun schon einige Zeit im Gange. Ich bin der Meinung, dass man selbst mit all diesen System enorm gefordert ist das Maximum aus dem Auto herauszuholen - auch mit der Traktionskontrolle. Der Schwerpunkt liegt jetzt mehr auf den Kurveneingangsgeschwindigkeiten - die damit genauso bedeutend wie die Geschwindigkeit beim Herausbeschleunigen aus den Kurven geworden ist - und in diesem Bereich hat die Traktionskontrolle gar keinen Einfluss. Ich freue mich schon auf das Verbot der Launch-control, denn hier ist der Fahrer absolut nicht Ausschlag gebend, denn es hängt schlussendlich von den Software-Ingenieuren ab. Alles in allem bin ich der Meinung, dass die Zuschauerzahlen Bände sprechen - die Leute interessieren sich jetzt wieder für die Formel 1 und das ist meines Erachtens nach das Wichtigste überhaupt."

Frage: "Wie siehst du Renaults Rückkehr zu einem traditionellerem Zylinderwinkelkonzept beim Motor? Ist das die beste Lösung für das Team für die kommende Saison?"
McNish: "Flavio Briatore hat vor ein paar Wochen ja mitgeteilt, dass in Viry-Châtillon der neue Renault-Motor entwickelt und dieser sich klar an den neuen Anforderungen, die durch das Reglement in der kommenden Saison gestellt werden, orientieren wird. Es hat von allen Seiten Spekulationen über den weitwinkligen Motor, welchen wir im Moment einsetzen, gegeben. Nächstes Jahr kommt es aber so sehr auf den Motor an, dass das Team die Entscheidung zu Gunsten eines traditionelleren Motors treffen musste, um sicherzustellen dass wir die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit über ein Rennwochenende halten können. Renault hat großes Vertrauen in Viry, insbesondere nachdem sie mit dem seit dem A1-Ring eingesetzten Motor in punkto Power einen großen Schritt nach vorne gemacht haben."

McNish befürwortet die Expansion der Formel 1 im asiatischen Raum, sieht jedoch auch Probleme

Frage: "Was hältst du davon, dass Bahrain und China nächstes Jahr im Rennkalender sein werden?"
McNish: "Ich denke, dass das den Druck auf die Teams erhöhen wird, denn das ist bei den Überseerennen einfach immer so. Logistisch ist es auch viel einfacher ein Team nach Europa zu bringen als nach Asien. Aber was die Strecken anbelangt, so werden sie beide von ihrem Lay-out und den Anlagen fantastisch sein. Sepang ist ein gutes Beispiel für eine neue Strecke und wie gut diese sein kann. Da das Interesse an der Formel 1 in Asien rapide steigt, ist es meiner Ansicht nach wichtig darauf angemessen zu reagieren."

Frage: "Wie kommst du mit Jarno und Fernando aus?"
McNish: "Sie sind beide wirklich großartige Kerle und wir arbeiten sehr gut als ein Team zusammen und haben ein ähnliches Gefühl für das Auto, was natürlich sehr hilfreich ist. Bei Renault gibt es auch keine Feindseligkeiten wie es in anderen Teams oftmals der Fall ist. Das Team leistet in dieser Saison wirklich gute Arbeit und die positive Einstellung des Teamgeistes ist für alle anderen deutlich sichtbar."

In Kanada probiert sich der RenaultF1-Testpilot als Fernsehkommentator

Frage: "Freust du dich schon darauf in Mark Blundells Fußstapfen zu treten und ihn als Kommentator während des Kanada-Rennwochenendes zu vertreten?"
McNish: "Ich freue mich in der Tat darauf! Ich habe ja schon einige recht kurze Interviews mit ITV geführt und dabei über HANS, die neuen Regeln und solche Sachen gesprochen, doch es wird jetzt das erste Mal sein, dass ich im Studio kommentiere. Vermutlich werde ich davon total beeindruckt sein und Jarno und Fernando anfeuern sobald es auf der Strecke heiß hergehen wird."

Frage: "Kannst du den Hauptunterschied zwischen Testfahrten und Renneinsätzen beschreiben?"
McNish: "Nun, aus meiner Sicht ist der Hauptunterschied darin zu sehen, dass ich am Sonntag nicht am Rennen teilnehme. Alles andere ist sonst gleich, denn ich bereite mich mit Hinblick auf die Weiterentwicklung des Autos mental und physisch genauso vor als wäre ich ein Stammfahrer. Es ist ja nicht nur so, dass ich das Bestmögliche leisten möchte, sondern als dritter Fahrer könnte ich ja auch zu einem Renneinsatz gerufen werden. Wenn wir testen ist es einfach sehr wichtig unsere Zeit auf der Strecke zu maximieren, was natürlich mit den Testbeschränkungen in Zusammenhang mit den Freitagstestfahrten zusammenhängt. Was mich angeht, so helfe ich durch ein detailliertes Verständnis für das Auto und seiner Systeme. Wenn einem Testfahrer dieses Verständnis fehlt, so kann er dem Team nicht das Feed-back geben welches es benötigt um das Auto weiterzuentwickeln."

McNish hofft, dass ihm seine Leistungen bei den Freitagstestfahrten ein Stammcockpit einbringen werden

Frage: "Und was machst du an den Sonnabenden und Sonntagen an denen du nicht fährst?"
McNish: "Gute Frage! Ich muss natürlich an allen Teambesprechungen teilnehmen und hänge während aller Sessions am Funk, denn ich kann auch während des Wochenendes einige Ratschläge geben. Außerdem ist es wichtig, dass ich auf dem Laufenden bleibe, schließlich könnte ich, in dem Fall dass Jarno oder Fernando etwas passiert, zum Renneinsatz gerufen werden. Ansonsten gibt es noch PR- und Sponsorenaktivitäten für Renault wahrzunehmen und Bekanntschaften zu pflegen."

Frage: "Glaubst du, dass du bald wieder Rennen in der Formel 1 bestreiten wirst?"
McNish: "Das hoffe ich doch sehr! Bisher habe ich eine großartige Saison mit Renault. Dadurch, dass sie die Option der Freitagstestfahrten ausgewählt haben, ist die Rolle des Testfahrers eine bedeutende, wenngleich es natürlich nicht das Gleiche ist wie am Samstag und Sonntag auf der Strecke unterwegs zu sein und konkurrenzfähig sein zu müssen. Ich denke, dass ich dieses Jahr bei Renault bewiesen habe was ich wert bin. Zusammen mit den geringen Verbesserungen des Teams bei dem ich vorher fuhr, haben die Leute nun realisiert wie gut Mika und ich 2002 gearbeitet haben."