• 04.10.2009 19:16

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

McLaren-Mercedes spielt wieder in der ersten Liga

Mit Platz drei in Suzuka unterstrich Lewis Hamilton den Aufwärtstrend bei McLaren-Mercedes - Defekte verhinderten möglichen zweiten Platz

(Motorsport-Total.com) - "Vor ein paar Wochen hätten wir uns über einen dritten Platz hier riesig gefreut. Jetzt sind wir enttäuscht, dass es nicht der zweite geworden ist", meinte McLaren-Mercedes-Teamchef Martin Whitmarsh nach dem heutigen Rennen in Suzuka. Lewis Hamiltons dritter Platz war vielleicht sogar mehr wert als die Siege am Hungaroring und in Singapur.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton und Martin Whitmarsh

Martin Whitmarsh kann nach dem Rennen in Suzuka durchaus zufrieden sein

Denn während der Hungaroring und Singapur Strecken sind, auf denen der aerodynamische Anpressdruck - die Achillesferse des MP4-24 - nicht ganz so entscheidend ist, gilt Suzuka als Parcours, der den Formel-1-Autos alles abverlangt: Anpressdruck in den S-Kurven im ersten Sektor, mechanischen Grip in der Haarnadel und in der Schikane vor Start und Ziel und Topspeed auf zwei längeren Volllaststücken.#w1#

Gefahr eines Stromschlags

Dabei versagte bei Hamilton heute KERS den Dienst - wegen eines Isolationsproblems, wie inzwischen bekannt ist: "Wenn so etwas passiert, schalten die Sicherheitssysteme KERS automatisch ab", erklärte Whitmarsh. "Da ist man dann natürlich vorsichtig, wenn man KERS wieder einschalten möchte. Denn wenn das Isolationsproblem zum Gehäuse durchdringt, dann kann es auch ins Chassis durchdringen - und dann wird es heiß."

Lewis Hamilton vor Kimi Räikkönen

Lewis Hamilton konnte Kimi Räikkönen heute gut in Schach halten Zoom

Doch dafür, dass Jarno Trulli beim zweiten Boxenstopp den am Start verlorenen zweiten Platz zurückerobern konnte, sei das nicht verantwortlich gewesen: "Es gab mehrere Gründe: Wir holten nicht genug Vorsprung heraus und vielleicht haben wir beim ersten Stopp nicht genug getankt. Wir hätten es uns leisten können, für eine Runde mehr zu tanken. Wir hatten ein kleines Getriebeproblem, durch das in der Boxengasse ungefähr eine Sekunde verloren ging. KERS funktionierte nicht richtig, aber ich glaube nicht, dass das dafür entscheidend war", so Whitmarsh.

Hängen bleibt aber nicht der verlorene zweite Platz, sondern der gewonnene dritte und vor allem die starke Performance. Diese war vor allem zu Rennbeginn für jeden ersichtlich: "Es war sehr gut, beim ersten Stopp im Bereich von fünf Sekunden zu Sebastian zu liegen. Am Ende des Stints fuhr Lewis Bestzeiten im ersten und zweiten Sektor. Nur im dritten Sektor waren wir langsamer als Red Bull und Toyota", so der Teamchef.

Enorme Fortschritte mit dem MP4-24

"Das unterstreicht unsere enormen Fortschritte, denn wir am Jahresanfang hier gefahren wären, dann wäre das eine schmerzhafte Erfahrung gewesen", freute sich Whitmarsh. "Wir waren heute respektabel, aber in den aerodynamisch anspruchsvollen Kurven zwei, drei und vier haben wir immer noch zu viel Zeit verloren." Positiv stimmt, dass es solche Kurvenkombinationen bei den verbleibenden Rennen in São Paulo und Abu Dhabi nicht gibt.


Fotos: McLaren-Mercedes, Großer Preis von Japan, Sonntag


Das lässt für den Kampf gegen Ferrari um den dritten Platz in der Konstrukteurs-WM hoffen: "Wir genießen den Kampf mit Ferrari. Beide Teams werden bis Abu Dhabi kämpfen, um Dritter zu werden", kündigte Whitmarsh an. Heute wurde vom Rückstand nur ein Punkt weggeraspelt, fehlen also noch zwei. Bei Punktegleichstand würde wahrscheinlich McLaren-Mercedes wegen der höheren Anzahl an Grand-Prix-Siegen die Nase vorne haben.

Doch darauf will man sich in Woking nicht verlassen: "Wir wollen um mindestens drei Punkte mehr holen als Ferrari. Ich hoffe, dass wir das schaffen werden. Kimi hat heute einen tollen Job gemacht, denn er hatte nicht gerade das konkurrenzfähigste Auto. Ohne KERS und mit dem Getriebeproblem fürchtete ich sogar, dass wir durch das Safety-Car den dritten Platz verlieren könnten, aber Lewis hat das fantastisch gemacht."

Seit sechs Rennen wieder weltmeisterlich

"Am liebsten wäre mir gewesen, von Anfang an ein schnelles Auto zu haben." Martin Whitmarsh

Hamilton stand in den vergangenen sechs Rennen viermal auf dem Podium, feierte zwei Siege. Hätte er den Punkteschnitt seit dem Hungaroring schon vom Saisonbeginn an gehabt, würde er heute bei 85 Zählern stehen - genau wie WM-Leader Jenson Button! Angesichts von fünf Ausfällen hintereinander zu Saisonmitte ist angesichts dieses Rechenspiels die Frage erlaubt, was hätte sein können, wenn McLaren-Mercedes schon in Melbourne in Form gewesen wäre.

"Am liebsten wäre mir gewesen, von Anfang an ein schnelles Auto zu haben, dann hätten wir vielleicht die Weltmeisterschaft gewonnen. Aber darüber habe ich ehrlich gesagt nicht viel nachgedacht", lachte Whitmarsh. "Ich bin zufrieden mit der Wende, die das Team geschafft hat. Suzuka ist eine der anspruchsvollsten Strecken und wir hatten uns auf ein schwieriges Wochenende eingestellt. Unterm Strich haben wir uns aber recht gut geschlagen."

Ausgangsproblem Doppeldiffusor

"Unser Auto war nicht für einen Doppeldiffusor ausgelegt." Martin Whitmarsh

Und weiter: "Unser Auto war nicht für einen Doppeldiffusor ausgelegt, aber wir waren dann sehr erfinderisch, ohne das komplette Heck mit Getriebe und Kraftübertragung umbauen zu müssen. Der nächstjährige Doppeldiffusor ist jetzt schon besser als der aktuelle. Wir haben auch mehr Anpressdruck mit dem neuen Auto und entwickeln es noch weiter. Die Jungs haben aber innerhalb der Möglichkeiten unserer aktuellen Radaufhängung einen guten Job gemacht, den MP4-24 so weit zu bringen."

Übrigens: Heikki Kovalainen sammelte heute nicht gerade Bonuspunkte für einen neuen Vertrag. Whitmarsh bezeichnete seine Kollision mit Adrian Sutil als "nicht notwendig", fügte aber an: "Diese Aggression hat ihn in der Boxengasse an Fisichella vorbeigebracht." Ansonsten sei es ein langweiliger Nachmittag gewesen: "Leider waren das die Highlights des Rennens. Überholt wurde nicht viel. Das ist schade, denn Suzuka ist eine fantastische Strecke..."

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