• 23.07.2004 19:13

Martinelli: "Langlebigkeit spart sicher Kosten"

Der Ferrari-Motorenbauer präsentierte in der Pressekonferenz seine Ansichten zur ewigen Debatte um die neuen Regeln

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Paolo, was hältst du von den Vorschlägen für das Motorenreglement hinsichtlich Lebensdauer, Kapazität und so weiter?"
Paolo Martinelli: "Es gibt zwei Aspekte zu bedenken. Die Verlängerung der Lebensdauer senkt die Kosten, da ist es die effektivste Maßnahme. Um die Performance um die gewünschten 20 Prozent zu reduzieren, von 900 auf 700 PS, also auf den Stand, den wir in etwa vor zehn Jahren, 1995, hatten, müssen die vorgeschlagenen Maßnahmen innerhalb der nächsten ein, zwei Jahre eingeführt werden. Der einzige Weg, wie man 20 Prozent an Leistung verlieren kann, ist eine Beschneidung der Kapazität, also sind wir für einen 2,4-Liter-V8-Motor und auch für ein Verbot der teuersten Materialien, gleichzeitig aber für eine Verlängerung der Lebensdauer. Mit all den anderen vorgeschlagenen Maßnahmen muss es unser Ziel sein, die Show zu verbessern, Geschwindigkeiten zu reduzieren und die Sicherheit zu erhöhen."

Titel-Bild zur News: Paolo Martinelli

Paolo Martinelli spricht sich generell für langlebigere Motoren aus

Frage: "Von allen Teams hört man ständig etwas über neue Ausbaustufen des Motors, aber nur selten von Ferrari. Kannst du hier einmal erklären, was schon alles neu gemacht und verbessert wurde?"#w1#
Martinelli: "Wir haben eine Evolutionsstufe während dieser Saison gemacht, aber mit dem neuen Reglement, das nur noch einen Motor pro Wochenende zulässt, haben wir das Gefühl, dass die Zuverlässigkeit wichtiger ist, also verzichten wir auf eine Weiterentwicklung auf Basis eines jeden Rennens. Wir hatten in Kanada ein neues Paket und bereiten noch einmal eines für etwas später in der Saison vor, aber abgesehen davon arbeiten wir nur an der Fahrbarkeit und am Mapping - all die Dinge, die die Performance verbessern können, ohne dass man dabei jene Elemente angreifen muss, die die Zuverlässigkeit aufs Spiel setzen könnten."

Frage: "Normalerweise enden Reglementsänderungen immer in höheren Kosten. Wie kann man das für nächstes Jahr verhindern?"
Martinelli: "Am wichtigsten sind die Aerodynamik und die Reifen - das sollte die Priorität sein. Motorenseitig ist kein Hersteller dazu in der Lage, in einem halben Jahr einen komplett neuen Motor zu entwickeln, also ist die einzige Möglichkeit das Ausdehnen der Lebensdauer. Das Ziel von uns allen war wohl, die Leistung von 2003 beizubehalten, denn es war schwieriger als sonst, gegenüber dem Vorjahr an PS zuzulegen. Sollten die Motoren nächstes Jahr zwei Rennwochenenden überstehen müssen, wäre es dasselbe - dann würden wir wieder auf die Zuverlässigkeit schauen, während die Leistung gleich bleiben würde, oder vielleicht ein bisschen geringer. Die Langlebigkeit der Motoren spart sicher Kosten, vielleicht nicht für die großen Teams, aber sicher für die, die die Motoren von einem Hersteller kaufen müssen. Wir haben als Hersteller natürlich gewisse Entwicklungskosten, aber die Anzahl der Motoren, die ein Kundenteam von uns kaufen würde, würde um etwa 50 Prozent sinken. Das ist keine repräsentative Zahl, aber es wäre auf jeden Fall eine signifikante Einsparung für ein kleines Team."

Frage: "Früher war die pneumatische Ventilsteuerung noch nicht so alltäglich und es mussten damals billigere Technologien eingesetzt werden, wodurch der Drehzahl automatisch ein Limit gesetzt war. Ist das eine Überlegung, die man in die aktuelle Debatte einbringen könnte?"
Martinelli: "Es würde wohl die Leistung senken, aber sicher nicht die Kosten. Man könnte da auch über andere Systeme sprechen, die noch komplexer und teurer sind. Wir haben eine Lösung, die sich über viele Jahre bewährt hat. Führt man die fort, wäre das sicher der billigste und einfachste Weg."

Frage: "Welche Möglichkeiten gibt es, um die Geschwindigkeiten zu reduzieren?"
Martinelli: "Naja, die Verlängerung der Lebensdauer alleine kann jedenfalls nicht der richtige Weg sein, denn wir haben dieses Jahr gesehen, dass die Lebensdauer größer geworden ist, aber die Leistung blieb gleich. Von uns wird aber ein Minus von 20 Prozent an Leistung verlangt."

Frage: "Wer verlangt das schlussendlich?"
Martinelli: "Die Technische Arbeitsgruppe ist an uns Motorenleute herangetreten und hat uns gebeten, dass wir etwas unternehmen sollen."

Frage: "Glaubst du, dass die Motorenhersteller die zweimonatige FIA-Frist erfüllen und einen eigenen Vorschlag präsentieren können?"
Martinelli: "Es ist offensichtlich, dass wir weit auseinander gehende Meinungen haben. Wir geben unser Bestes, um ein gemeinsames Angebot auf den Tisch zu bringen, aber es wird schwierig. Dann wird wohl einfach die gängigste Meinung hergenommen, denke ich. Es gibt einige Meetings, heute ist wieder eines. Wir werden einen weiteren Schritt nach vorne machen und in 60 Tagen kann die FIA dann eine Entscheidung treffen."