powered by Motorsport.com
  • 03.02.2012 13:27

Marmorini: Die extremen Wünsche der Aerodynamiker

Motorencef Luca Marmorini erklärt die Entwicklungen am Triebwerk, Verbesserungen am KERS und die Arbeit der Elektroniker - V6-Motor läuft 2012 erstmals

(Motorsport-Total.com) - Früher waren die Ferrari-Motoren in der Formel 1 eine ganz eigene Marke - ein unverwechselbares Soundsignal. Den typischen V12 aus Maranello hörte man stets heraus. Diese Zeiten sind jedoch längst vorbei. Die gesamte Formel 1 fährt mit 2,4-Liter-V8-Aggregaten, deren Entwicklung zudem in vielen Bereichen eingefroren ist. Keine Arbeit mehr für die Fachleute? Doch! Ferrari-Motorenchef Luca Marmorini erklärt im Interview, welche Anpassungen für 2012 vorgenommen wurden.

Titel-Bild zur News: Luca Marmorini (Motorenchef)

Luca Marmorini freut sich über die Herausforderung V6-Motor

Frage: "Luca, welches sind die wichtigsten Veränderungen am Motor für 2012?"
Luca Marmorini: "Es ist eine Weiterentwicklung des letztjährigen Triebwerks. Bezüglich der Leistung kann man aufgrund der Regeln nicht viel tun. Die größte Herausforderung war die Installtion des Motors in das Auto. Wir haben den Einbau anders gestaltet, um den Aerodynamikern das bestmögliche Fahrzeugdesign zu ermöglichen. Wir sind beim Motor in gewissen Bereich mehr ins Extreme gegangen. Wir haben daran gearbeitet, dass das Aggregat höhere Temperaturen von Wasser und Öl aushalten kann."

Frage: "Es gibt zur neuen Saison veränderte Regeln bezüglich des Auspuffsystems. Welche Arbeiten am Motorenmapping waren aufgrund dessen nötig?"
Marmorini: "Wir haben intensiv daran gearbeitet. Die Regeln schränken die Vorteile, die man auf aerodynamischer Seite durch Abgase erzielen kann, sehr deutlich ein. Man braucht kein System mehr, das den Abgasstrom im Schleppbetrieb aufrecht erhält. Das bestimmt dann auch das Mapping. Dennoch hat man natürlich Interesse daran, die Abgase zu nutzen. Daran haben wir in den Grenzen des Regelwerks gearbeitet. Die vorgeschriebene Position der Auspuffenden hatte natürlich ebenfalls Auswirkungen. Auch sie beschränkt die aerodynamische Wirkung der Abgase."

KERS wird noch leichter

Frage: "Welche Entwicklungen wurden beim KERS gemacht?"
Marmorini: "Dort haben wir an den Bereichen Effizienz und Gewichtsersparnis gearbeitet. Das Konzept des KERS ist das gleiche wie 2011. Der Speicher sitzt nach wie vor unterhalb des Tanks. Das ist aus unserer Sicht die beste Lösung in Sachen Sicherheit. Aber die Effizienz haben wir verbessern können und das Gewicht ist geringer geworden."

Frage: "Hat das grundsätzliche Autodesign irgendwelche besonderen Anforderungen an den Motor gestellt?"
Marmorini: "Das Heck des neuen Autos ist deutlich extremer gestaltet als 2011. Das ist für uns Motorenleute eine große Herausforderung. Wir mussten sicherstellen, dass das Triebwerk gut im neuen Auto zu installieren ist. Wir mussten dafür einige Bereiche verändern. All dies geschah in enger Abstimmung mit unserer Aerodynamikabteilung. Auf diesem Wege haben wir unseren Anteil an der Performance des Autos."

Frage: "Gibt es Entwicklungen in den Bereichen Treib- und Schmierstoffe?"
Marmorini: "Das ist einer der interessantesten Entwicklungsbereiche, denn dort gibt es noch gewisse Freiheiten. Beim Benzin haben wir an Leistung und Verbrauch gearbeitet. Was die Schmierstoffe anbelangt, stand nicht nur die reine Leistung, sondern vor allem die Konstanz der Leistung im Fokus. Unsere Motoren müssen zwei bis drei Rennen aushalten. Es ist wichtig, dass im dritten Rennen die Leistung ähnlich hoch ist wie beim ersten Einsatz."


Fotos: Präsentation des Ferrari F2012


Arbeiten am V6 für 2014 gehen gut voran

Frage: "Die Elektronik steht nicht oft im Zentrum des Interesses. Gibt es dort Entwicklungen?"
Marmorini: "Ich bin froh, danach gefragt zu werden. Unsere Elektronikfachleute leisten sehr wichtige Arbeit. Ein Elektronikproblem kann ganz schnell mal zum Ausfall führen. Die Kabelbäume eines Autos sind von Jahr zu Jahr wieder neu. Manchmal muss man im Zuge dessen sehr komplizierte Entwicklungen machen. Vor allem zu diesem Jahr war diese Arbeit enorm wichtig. Wir wollten Gewicht sparen, denn wir schleppen mehrere Kilogramm an Elektronik im Auto mit. Wir haben aber gleichzeitig auch an der Zuverlässigkeit der Komponenten gearbeitet."

Frage: "Für die Saison 2012 gab es die normale Entwicklungsarbeit am Motor. Gleichzeitig gibt es auch das Projekt für 2014. Wo steht Ferrari bezüglich dessen?"
Marmorini: "In der Saison 2014 tritt ein komplett neues Regelwerk in Kraft. Für die Entwickler eines Antriebsstrangs ist das eine sehr interessante Aufgabe. Es geht dabei nicht nur um den Bau eines neuen Motors, was allein schon eine interessante Sache ist. Es werden gleichzeitig auch ganz neue KERS kommen, sehr interessante Entwicklungen des elektrischen Systems."

"Der Motor wird künftig eine ganz andere Rolle spielen. Wir arbeiten nicht nur am Motor, sondern bauen eine komplett neue Abteilung für die Entwicklung des neuen KERS auf. Damit haben wir bereits begonnen. Im Verlauf des Jahres 2012 wird unser V6-Motor erstmals laufen. Es ist ein sehr interessantes Projekt. Ich bin davon überzeugt, dass Ferrari ab 2014 sehr konkurrenzfähig sein wird."