• 31.01.2005 14:50

Mark Webber: Porträt und Interview

Mark Webber ist nicht nur einer der talentiertesten Formel-1-Piloten, er ist auch extrem fit und hat ein großes Herz für Kinder

(Motorsport-Total.com) - Für Motorsportverhältnisse ist Mark Webber ein Späteinsteiger. In seiner Kindheit bevorzugte der Australier andere Hobbys und begann erst als 13-Jähriger, Kartrennen zu fahren. Schon nach der zweiten Kartsaison in seiner Heimat hatte er das Rüstzeug für den Wechsel nach Europa. 1996 startete er in der britischen Formel-Ford-Meisterschaft mit Van Diemen. Mit vier Rennsiegen im Debütjahr und dazu dem Gesamtsieg beim Formel-Ford-Festival in Brands Hatch empfahl er sich für den raschen Aufstieg in die britische Formel-3-Meisterschaft.

Titel-Bild zur News: Mark Webber

Mark Webber: Nach Minardi und Jaguar erfolgte der Aufstieg in ein Top-Team

In der Formel 3 startete er für Alan Docking Racing - bekannt als Formel-1-Talentschmiede. Webber erzielte auf Anhieb eine Reihe von Podiumsplätzen und beendete die Saison als Meisterschaftsvierter. 1998 kehrte Webber dem Formelsport vorübergehend den Rücken. Er fuhr für das AMG Mercedes Team in der FIA GT-Meisterschaft. Auch dort mit Erfolg: Gemeinsam mit seinem Teamkollegen Bernd Schneider verpasste er nur knapp den Meistertitel. 1999 stellten sich massive Probleme ein, an denen das Programm zur Saisonmitte schließlich zerbrach.#w1#

Paul Stoddart holte Webber in den Formelsport zurück

Webber setzte alles daran, zur Saison 2000 in den Formelsport zurückzu¬kehren. Die Chance dazu erhielt er von seinem Landsmann Paul Stoddart in Form eines Formel-3000-Cockpits im Edenbridge Racing Team des Australiers. Webber stand im Vorzimmer der Formel 1. Benetton wurde 2001 das erste Team, das den damals 24-Jährigen als Test- und Ersatzfahrer für die Königklasse verpflichtete. Parallel fuhr Webber weiter in der Formel 3000. Dort erzielte er ungeachtet seiner beruflichen Doppelbelastung drei Siege mit dem Team Supernova und wurde Zweiter des internationalen Championats. Seine Fähigkeiten und sein Arbeitseinsatz waren Stoddart nicht entgangen. Diesmal bot er Webber einen Platz in seinem Formel-1-Team Minardi an.

Webber gelang ein Einstand nach Maß: Beim Saisonauftakt 2002 in Melbourne kam er mit dem unterlegenen Minardi als Fünfter ins Ziel - noch dazu vor heimischen Publikum. Drei Jahre lang hatte die immer wieder strauchelnde und kämpfende Minardi-Mannschaft zuvor vergeblich auf Punkte gehofft. Es blieben zwar die einzigen WM-Zähler der Saison, aber Webber fiel als einer der konstantesten Fahrer auf. Er wurde gleich mehrfach als bester Neueinsteiger des Jahres ausgezeichnet.

Webber erregte auf seine Art Aufmerksamkeit im Formel-1-Fahrerlager - mit Talent und Zielstrebigkeit. 2003 wurde er von Jaguar Racing unter Vertrag genommen. Er fuhr 17 der 18 WM-Punkte des Teams ein und belegte Platz zehn in der Fahrer-WM.

2004 blieb er bei Jaguar und arbeitete weiter an seinem guten Ruf. Vor allem seine Leistungen im Einzelzeitfahren beeindruckten. Highlights waren ein zweiter Startplatz in Malaysia und ein dritter in Japan. Sein Gespür für das maximal Erreichbare im Qualifying gepaart mit Übersicht und technischem Geschick im Rennen mündeten in Top-Ten-Platzierungen und Platz 13 in der Weltmeisterschaft der Fahrer.

"Mark ist offensichtlich ein sehr talentierter Fahrer"

Im Juli 2004 beendete das BMW WilliamsF1 Team monatelange Spekulationen, indem es die Verpflichtung Webbers ab 2005 bekannt gab. Sein viel gelobtes Talent auf der Rennstrecke und sein ernsthafter Zugang zu Aufgaben neben dem Renngeschehen brachten ihm zahlreiche Bewunderer ein, darunter auch Teamchef Frank Williams: "Mark ist offensichtlich ein sehr talentierter Fahrer. Aber wir schätzen bei WilliamsF1 auch andere Qualitäten von ihm sehr hoch ein, seine Zähigkeit, Zielstrebigkeit und Motivation. Unser Team ist in der Vergangenheit häufig aufgeblüht mit Fahrern, die eine bodenständige ?lass-es-uns-angehen'-Einstellung hatten. Mark ist aus diesem Holz geschnitzt. Ich bin sehr froh, dass er ab 2005 bei uns ist."

Webber selbst sagte nach der Vertragsunterzeichnung: "Dies ist der bedeutendste Meilenstein in meiner bisherigen Karriere. Ich setze große Erwartungen in das, was wir in Zukunft gemeinsam erreichen können. Ich kann es kaum noch abwarten, dass die Saison endlich losgeht. Abgesehen von seiner beeindruckenden Erfolgsgeschichte hat das Team auch den Ruf, einen seriösen und geradlinigen Arbeitsstil zu pflegen, das passt gut zu mir." Berühmt für viele sportliche Erfolge, sind Australier in der jüngeren Formel-1-Geschichte nicht gerade hervorgetreten. Bis dato letzter Formel-1-Weltmeister der Nation ist Alan Jones, der den Titel 1980 mit dem Team von Frank Williams gewann. Ob Webber mit dem gleichen Team an diesen Erfolg anknüpfen kann, muss sich erst zeigen. Doch die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Partnerschaft sind geschaffen.

Im Winter hat Webber mit Lance Armstrong trainiert

Webbers Zielstrebigkeit beschränkt sich nicht nur auf Renneinsätze. Der 28-Jährige gilt als einer der fittesten Formel-1-Piloten. Unermüdlich betreibt er physisches und mentales Training. Unwegsames Gelände erforscht er mit dem Mountainbike, für große Distanzen auf Asphalt sattelt er um aufs Rennrad. 2004 trainierte Webber sogar mit dem mehrmaligen Tour-de-France-Sieger Lance Armstrong (USA).

Seit 2003 hat er seine Leidenschaft für persönliche Herausforderungen mit einem anderen Thema kombiniert, das ihm am Herzen liegt: Wohltätigkeitsaktionen.

Als Ergänzung seiner Tätigkeit für australische Kinder-Hilfsorganisationen kreierte er die "Cadbury Schweppes Mark Webber 2003 Challenge" - eine zehntätige Veranstaltung in Tasmanien. Bergsteigen, Rad und Kajak fahren gehörten zu den Disziplinen. Dabei begnügte er sich nicht damit, sich selbst für den guten Zweck zu schinden. Er gewann auch noch andere Sportstars für sein Projekt. Tennis-Ass Pat Rafter und Steve Waugh (Cricket) erkämpften mit ihm Geld für die Kinder-Krebshilfe. Webber hofft, diese Aktion zu einem regelmäßigen Event ausbauen zu können. Die wenige Zeit, die Webber neben seiner Arbeit an der Rennstrecke, dem Fitnesstraining und seinen anderen Aktivitäten bleibt, verbringt er mit seiner Lebensgefährtin Ann in beider neuem Zuhause bei Aylesbury in England.

Mark Webber im Interview

Frage: "2005 wird Ihre erste Saison im BMW WilliamsF1 Team - was bedeutet das für Sie, und was haben Sie sich vorgenommen?"
Mark Webber: "Für das BMW WilliamsF1 Team anzutreten, ist für jeden Formel-1-Fahrer etwas Besonderes. Ich fühle mich sehr privilegiert, diese Chance erhalten zu haben. Ich habe mir vorgenommen, so viele Rennen wie möglich zu gewinnen und über die gesamte Saison konstante Leistungen zu zeigen. Außerdem hoffe ich, die Erwartungen zu erfüllen, die das Team in mich setzt."

Frage: "Sie haben sich in den Wintermonaten in der Fabrik und an der Rennstrecke mit dem Team vertraut gemacht. Blieb noch Zeit für weitere Aktivitäten?"
Webber: "Es war eine Menge los. Ich bin umgezogen und wohne nun etwas näher an den Flughäfen, das ist wichtig für die kommenden Jahre. Außerdem hat mich ein Teil meiner Familie besucht. Das war großartig und hat mir einen Trip nach Australien erspart. Mich stört der englische Winter nicht, obwohl er recht kalt ist. Er bringt immerhin ein paar nette Tagesausflüge mit dem Mountainbike - in Schlamm getränkt."

Frage: "Australien ist eine große Sportnation. In der Formel 1 allerdings waren die Erfolge seit Alan Jones sehr spärlich. Empfinden Sie Druck, Erfolge für Ihr Land einfahren zu müssen?"
Webber: "Keine Frage, Australien ist verwöhnt von internationalen Sporterfolgen. Sport spielt im Leben eines jeden Australiers eine große Rolle. Mein Platz im BMW WilliamsF1 Team bedeutet, dass ich eine Chance habe, die Erwartungen meiner Landsleute zu erfüllen. Ich will unsere Nationalhymne so schnell wie möglich bei einem Grand Prix hören. Sie wurde vor über 20 Jahren das letzte Mal bei der Formel 1 gespielt."

Frage: "Sie sind in der Grand Prix Drivers Association (GPDA) engagiert. Weshalb ist Ihnen das so wichtig?"
Webber: "Wir Fahrer müssen die Sicherheit unseres Sports ständig im Blick haben. Und je mehr von uns sich zusammentun, desto stärker sind wir. Meine Rolle ist dabei nicht wichtiger als die von irgendeinem anderen Mitglied. Wir arbeiten eng mit Charlie Whiting von der FIA zusammen und versuchen, unseren Sport in allen Bereichen weiter zu verbessern. Außerdem ist es wichtig, dass wir Fahrer all denen, die uns weltweit unterstützen, etwas zurückgeben. Deshalb versuchen wir, möglichst häufig Wohltätigkeitsaktionen zu arrangieren."

Frage: "Sie sind stark engagiert für wohltätige Zwecke. Gibt es neue Projekte für 2005?"
Webber: "Wir stehen noch in Verhandlungen bezüglich einer weiteren Veranstaltung in Australien 2005. Wenn es klappt, wird es eine sportorientierte Sache. Alle Sponsorengelder und Erlöse sollen australischen Kindern zugute kommen."

Frage: "Wenn Sie nun kein Formel-1-Pilot wären - in welcher Sportart oder welchem beruflichen Bereich hätten sie sich gerne eingebracht?"
Webber: "Es ist sehr schwer zu sagen, welchen Weg mein Leben genommen hätte, wenn es den Rennsport für mich nicht gegeben hätte. Ich denke nicht, dass ich so tief in eine andere Sportart eingetaucht wäre. Andere Disziplinen habe ich eher aufgenommen, weil sie für mich als Training in meiner Profi-Karriere wichtig wurden. Ich kann diese Frage einfach nicht beantworten. Es gab für mich nie eine Alternative."