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  • 25.08.2014 19:55

  • von Dieter Rencken

Magnussen: "Mein Vater hat geraucht und Party gemacht..."

Kevin Magnussen spricht im Interview über die Fehler seines Vaters, resümiert die erste Saisonhälfte und macht sich noch keine Gedanken um seine Zukunft

(Motorsport-Total.com) - Kevin Magnussen kam mit einem Paukenschlag in die Formel 1. Gleich in seinem ersten Rennen in der Königsklasse fuhr der Meister der Renault-World-Serie auf das Podest, doch seitdem stagnieren die Ergebnisse des jungen Dänen bei McLaren etwas. Im Interview spricht der 21-Jährige über die Schwierigkeiten eines Formel-1-Piloten, seine weitere Zukunft, einen Vergleich mit Papa Jan und welches besondere Geschenk er zu seinem 18. Geburtstag erhalten hat.

Titel-Bild zur News: Kevin Magnussen, Dieter Rencken

Kevin Magnussen im ausführlichen Gespräch mit Dieter Rencken Zoom

Frage: "Kevin, das Leben eines Formel-1-Piloten scheint hart. Im ersten Rennen erscheint alles so einfach und du kommst auf das Podest, danach allerdings nicht mehr..."
Kevin Magnussen: "Im ersten Rennen hatte ich Glück, dass ich auf das Podest gekommen bin. Viele hatten in Australien Pech, wir hatten das Glück, aber wir haben auch einen perfekten Job gemacht. Aber um ehrlich zu sein: Nur die Medien und die Fans haben erwartet, dass das so weitergeht. Wir wussten allerdings, dass wir Probleme haben. Für mich war es keine Überraschung, dass wir nicht sofort wieder auf das Podium gefahren sind. Aber natürlich ist das frustrierend."

Frage: "Du wusstest also damals schon, dass ihr vornehmlich durch Glück in die Position gekommen seid. Wie hast du dich gefühlt in dem Wissen, dass das schon das größtmögliche Glück im Jahr sein würde?"
Magnussen: "In Australien war ich einfach glücklich. Egal ob durch Glück oder nicht: Es ist ein gutes Resultat und man sollte es einfach genießen. In den folgenden Rennen war es natürlich frustrierend, nicht noch einmal an der Spitze kämpfen zu können. Ich habe mit Ricciardo gekämpft, und es ist frustrierend, dass wir das nicht beibehalten konnten."

"Aber so ist die Formel 1. Sie ist unvorhersehbar. Manchmal hat man eben Glück und alles funktioniert, dabei weiß man gar nicht wieso. So ist es nun einmal. Und wenn es mal nicht funktioniert, dann muss man das Beste aus dem machen, was man hat. Derzeit haben wir wirklich Probleme. Wir müssen zusammenhalten und positiv bleiben."

Frage: "Wenn man von Glück spricht, muss man auch von Pech sprechen. Hattet ihr das in diesem Jahr auch?"
Magnussen: "Ja, wir hatten auch Pech. Ich würde sagen, dass Pech jeden trifft, aber mein Pech kam immer, wenn ich in guten Positionen lag. Wann immer ich ein wirklich gutes Rennen hatte, kam Pech hinzu. Aber man kann es immer auf Glück und Pech schieben, am Ende lernt man immer etwas daraus. Man wird besser, und wenn man Erfahrung hat, wäre das vielleicht nicht passiert. Es geht darum, zu lernen, und man sollte es nicht immer auf Glück und Pech schieben."


Fotos: McLaren, Großer Preis von Belgien, Sonntag


Messlatte Jenson Button

Frage: "Vergleicht man deine Performance mit der von Jenson, dann seid ihr im Qualifying zwar fast ebenbürtig, aber im Rennen kommt er häufig vor dir ins Ziel. Ist die Rennpace etwas, wo du dich verbessern kannst, und bist du zuversichtlich, dass du dich in der zweiten Saisonhälfte verbessern wirst?"
Magnussen: "Ja, definitiv muss ich mich verbessern. Egal, wer du bist: Du musst dich verbessern. Ich arbeite an meiner Rennpace genauso wie an meiner Qualifyingpace. In Monaco wäre ich vermutlich vor Jenson ins Ziel gekommen, wenn ich keinen ERS-Defekt gehabt hätte. Auch Hockenheim hätte anders laufen können, wie auch viele andere Rennen. In Barcelona war ich nicht in Q3, trotzdem war ich dort ganz gut."

"Man kann immer hätte, wäre, wenn und aber sagen. Man, oder ich, sollte nicht so sehr auf die Statistiken schauen, weil es für mich nicht das wahre Bild widerspiegelt. Es bedeutet nicht, dass ich mit allem glücklich bin. Ich bin eigentlich mit nichts zufrieden. Ich muss meine Rennpace genauso wie meine Qualifying-Pace verbessern."

Frage: "Ist Jenson so schwierig zu schlagen, wie du dachtest?"
Magnussen: "Ich würde sagen, ja."

Frage: "Er ist ein guter Teamkollege und eine gute Messlatte für dich, oder?"
Magnussen: "Ja, er ist eine gute Messlatte. Er hat 14 Jahre Formel-1-Erfahrung, und es gibt so viel von ihm zu lernen - nicht nur was das Fahren angeht, sondern auch sein Feedback und die Arbeit mit dem Team."

Jenson Button, Kevin Magnussen

Der Däne kann von der immensen Erfahrung von Jenson Button profitieren Zoom

Frage: "Was ist das schwierigste an deinem Job?"
Magnussen: "Ich würde sagen, dass die Reifen ziemlich schwierig sind. Ich bin es gewohnt, eine Art Reifen für die ganze Saison zu haben. Daran gewöhnt man sich, und es ist einfacher herauszufinden, wie man damit fährt. In der Formel 1 hat man vier verschiedene Mischungen, das ist schwierig. Sie ändern die Reifen je nach Geschwindigkeit. Generell gilt: Je geringer die Geschwindigkeiten, desto weicher der Reifen. Manchmal bringen sie aber falsche Mischungen, sodass die Reifen zu hart oder weich sind. Das ist ziemlich schwierig zu verstehen. Das ist für mich die größte Schwierigkeit. Aber das gilt generell für das ganze Leben als Formel-1-Fahrer und den Umgang mit den Medien. Das Team übt einen großen Druck aus, und es ist einfach etwas anderes, ein World-Series-by-Renault- oder Formel-3-Fahrer zu sein."

Frage: "Max Verstappen hat gesagt, dass der Sprung vom Kart in die Formel 3 größer ist als von der Formel 3 in die Formel 1. Die Renault-World-Serie ist aber noch einmal näher dran. Ist der Sprung wirklich so groß?"
Magnussen: "Ich denke nicht, dass er Probleme haben wird, das Auto schnell zu fahren. Wenn er das Talent dazu besitzt, was er eindeutig hat, dann wird er das Auto schnell fahren können. Das Schwierige ist allerdings, es konstant zu tun. Um das zu schaffen, muss man eine Menge Dinge verstehen, von denen die meisten mit der Erfahrung kommen - und von der Intelligenz. Aus diesem Grund, könnte er sich gut schlagen. Er ist talentiert, wenn er also dazu noch intelligent ist und hart arbeitet, dann wird er einen guten Job machen."

Ungewisse Zukunft

Frage: "Im nächsten Jahr kommt Honda zu euch und setzt vielleicht auf ein neues Fahrer-Line-Up. Besorgt dich das?"
Magnussen: "Wenn man keinen Vertrag für die Zukunft hat, dann ist das in deinem Hinterkopf. Ich kämpfe um meinen Platz im Team, aber das tun fast alle. In gewisser Weise ist das gut. Es ist zwar nicht gut, wenn zu viel Druck auf einem lastet, aber ich denke nicht, dass das der Fall ist. Ich denke, es ist gut, dass jeder weiß, dass man das Maximum herausholen muss."

Frage: "Hast du im Kopf, dass es so schnell zu Ende sein kann, wie es angefangen hat?"
Magnussen: "Nein. Ich denke darüber nicht auf negative Weise nach, sondern bin eher positiv eingestellt. Ich denke, ich mache einen guten Job, und weiß, dass ich mich noch verbessern kann."

Frage: "Welche anderen Optionen hast du für das kommende Jahr?"
Magnussen: "Ich habe darüber noch nicht nachgedacht."


Fotostrecke: Magnussen - Kleiner Däne ganz groß

Frage: "Hat deine Managerin schon darüber nachgedacht?"
Magnussen: "Da müsst ihr sie fragen."

Frage: "Aber bist du überzeugt davon, dass du weiter dabei sein wirst?"
Magnussen: "Ich bin vollkommen darauf fokussiert, für den Rest der Saison den bestmöglichen Job zu machen. Was danach passiert, liegt nicht in meinen Händen. Ich will den bestmöglichen Job machen und danach in den Spiegel schauen und sagen können, dass ich alles Mögliche getan habe."

Frage: "Warst du bereits in irgendeiner Form in das Honda-Projekt involviert?"
Magnussen: "Nein."

Frage: "Keine Simulator-Arbeit?"
Magnussen: "Nein."

Frage: "Warst du schonmal in der Honda-Fabrik?"
Magnussen: "Nein."

Die Nachteile des Formel-1-Lebens

Frage: "Du scheinst ein ruhiger und gelassener Typ zu sein und hast letztens gesagt, dass Familie und Freunde dir sehr wichtig sind. Ist es schwierig, mit der Popularität umzugehen?"
Magnussen: "Es ist nicht das größte Problem, wenn man ein Formel-1-Pilot ist. Ich denke nicht, dass berühmt sein etwas Positives ist, aber das ist eben ein Teil davon - aber kein großes Problem."

Frage: "Respektieren die Leute in Dänemark dein Privatleben?"
Magnussen: "Die Leute respektieren mein Privatleben, mit den Medien ist das anders."

Frage: "Gehen sie nicht auf dich zu, wenn sie dich auf der Straße treffen?"
Magnussen: "Viele Leute kommen auf mich zu uns sagen "Viel Glück" oder "Gut gemacht", aber sie spionieren mich nicht aus und beobachten mein Haus. Damit habe ich kein Problem."

Frage: "Nach dem Unfall in Hockenheim hat Massa dich in die Kategorie gefährlicher, junger Fahrer einsortiert. War das von seiner Seite aus unfair?"
Magnussen: "Ich denke, es war ein bisschen unfair. Aber das ist seine Meinung, und er kann diese frei mitteilen. Ich kann nicht sagen, dass er falsch oder richtig liegt, seine Meinung kundzutun. Ich denke natürlich anders als er. Aber es ist, wie es ist. Es ist passiert und die Situation wurde von den Stewards entschieden. Ich musste nicht einmal vorsprechen."

Felipe Massa, Daniel Ricciardo

Nach dem Unfall von Hockenheim wurde Magnussen als Unfallfahrer abgestempelt Zoom

Frage: "Hat er dich mal aufgesucht, um mit dir zu sprechen?"
Magnussen: "Nein, nur in den Medien."

Frage: "Als du beim Team angefangen hast, sah es so aus, als würde Martin Whitmarsh die Geschicke leiten, doch in Australien waren plötzlich Ron Dennis und Eric Boullier an der Macht. War das zum Guten, und wenn ja, inwiefern?"
Magnussen: "Ich mag Martin, ich habe auch immer noch Kontakt zu ihm. Es war eine Entscheidung der Vorstände, die das getan haben, was sie für am besten hielten. Das ist nicht mein Business, das beeinflusst mich nicht so sehr. Ich denke, dass Ron auch mit Martin immer vor Ort gewesen wäre. Dass Eric dazugekommen ist, war wirklich großartig. Das ist nicht Schlechtes über Martin, es ist einfach ein anderes Team von Leuten. Und ich denke, es ist immer noch sehr gut."

Frage: "Eric genießt einen sehr guten Ruf bei der Arbeit mit jungen Fahrern. Konnte er dir bei der Entwicklung helfen?"
Magnussen: "Ja, er hat mich gut unterstützt und spricht immer mit mir. Er fragt, wie es mir geht und zeigt Interesse. Ihn interessieren nicht nur Resultate sondern auch, wie ich mich fühle. Das ist schön."

Lieber nicht dem Papa nacheifern...

Frage: "Max Verstappen hat gesagt, dass sein Vater einige Fehler in der Formel 1 gemacht hätte, aus denen beide gelernt haben. Hast du auch von den Erfahrungen deines Vaters gelernt? Warst du vielleicht besser vorbereitet als er dadurch?"
Magnussen: "In meinem Fall waren seine Fehler nicht unbedingt Dinge, die ich auch getan hätte. Er hatte den Ruf, ein fauler Typ zu sein. Er hat geraucht und vielleicht ein wenig zu viel Party gemacht. Zumindest war das sein Ruf. Natürlich kann ich daraus lernen und sagen, dass ich das nicht tue. Aber das gehört für mich zum gesunden Verstand dazu, so etwas nicht zu machen."

"Ich denke, es war sein eigener Fehler, dass er geraucht hat. Das trägt nicht zu einem guten Image in der Formel 1 bei, aber ich denke, er wurde unfair eingeschätzt. Aber so ist die Formel 1, und ich finde immer noch, dass er eine größere Chance in der Formel 1 verdient hat. Doch das ist Vergangenheit. Um zurück auf die Frage zu kommen: Es ist schwierig, etwas zu lernen. Ich war nicht dabei, als er in der Formel 1 war."

Jan Magnussen, Kevin Magnussen

Der 21-Jährige nimmt sich Papa Jan lieber nicht zum Vorbild... Zoom

Frage: "Im vergangenen Jahr war Stoffel Vandoorne dein Rivale, jetzt seid ihr Teamkollegen. Hat sich euer Verhältnis entwickelt?"
Magnussen: "Wir haben nicht wirklich zusammengearbeitet, und ich habe ihn nicht so oft gesehen. Ich verfolge aber die GP2, wenn ich nicht im Auto sitze und Zeit habe. Ich sehe, er schlägt sich ganz gut."

Frage: "Und wenn er im Simulator arbeitet: Teilt ihr da Ergebnisse?"
Magnussen: "Alles wird im Team geteilt, denn wir arbeiten am gleichen Auto."

Frage: "Ist er immer noch ein Rivale von dir?"
Magnussen: "Im Moment fährt er ja nicht in der Formel 1, von daher ist er nicht mein Rivale, aber jeder außerhalb der Formel 1 ist ein potenzieller Gegner. Aber ich schaue nicht besonders auf ihn, dass er mein Rivale wäre. Es ist vielleicht im Hinterkopf, wenn man keinen Vertrag hat, aber es ist dumm, sich zu große Sorgen darüber zu machen. Man muss sich auf die positiven Dinge fokussieren, wie dass ich mit McLaren in der Formel 1 bin - das ist großartig."

Frage: "Wartest du auf andere Strecken, wo du dich vielleicht besser fühlst, oder ist das eigentlich egal?"
Magnussen: "Ich weiß nicht wirklich. Die meisten Strecken, die noch kommen, sind für mich Neuland. Ich freue mich darauf, weil es großartig ist, auf neue Strecken zu kommen und sie zu lernen, aber es ist eine größere Herausforderung, das Layout einer Strecke kennenzulernen. Aber wir haben einen großartigen Simulator..."

Frage: "Selbst damit ist es noch schwierig, neue Strecken kennenzulernen?"
Magnussen: "Man muss ein wenig mehr Zeit investieren, um die Höhe der Randsteine oder die Wellen zu kennen, aber das ist kein großes Problem."

Frage: "Freust du dich auf eine Strecke besonders?"
Magnussen: "Ja, Suzuka. Da freue ich mich wirklich drauf. Letztes Jahr bin ich als dritter Fahrer dahingekommen, und sie sieht wie eine coole Strecke aus."

Ein besonderes Geburtstagsgeschenk

Frage: "Du besitzt ein Auto, das rund 20 Jahre älter als du ist: einen Chevrolet Camaro."
Magnussen: "Das stimmt."

Frage: "Besitzt du noch andere klassische Autos?"
Magnussen: "Nein, das ist das einzige."

Frage: "Warum hast du es?"
Magnussen: "Mein Vater hat mir mit acht Jahren gesagt, dass ich das Auto bekommen würde. Er würde mir das Auto zu meinem 18. Geburtstag kaufen, wenn ich nicht rauche. Also habe ich das nicht gemacht."

Frage: "Hast du schon herausgefunden, wie groß der Motor ist?"
Magnussen: "Ich denke 7,4 Liter. Ich bin ziemlich sicher, aber ich muss es nochmal nachschlagen."

Frage: "Fährst du oft damit?
Magnussen: "Nein, ich denke, ich bin zweimal damit gefahren. Aber das ist auch etwas, das man eher in der Garage stehenlässt."

Kevin Magnussen

Am liebsten bewegt Magnussen sein Dienstgefährt: den McLaren MP4-29 Zoom

Frage: "Erinnert dich der Sound an die alten V8-Motoren in der Formel 1?"
Magnussen: "Nein, weil der Sound komplett anders ist. Aber ich liebe diesen Motorensound. Mir hat auch der alte kreischende Formel-1-Sound gefallen, aber ich bin ein großer Fan von NASCAR und Dragstern. Top-Fuel-Dragster sind für mich das Beste!"

Frage: "Bist du jemals gegen deinen Vater auf der gleichen Strecke mit dem gleichen Auto gefahren?"
Magnussen: "Ja."

Frage: "Und wer hat gewonnen?"
Magnussen: "Ich." (lacht; Anm. d. Red.)

Frage: "Wobei?"
Magnussen: "Es war ein Test. Er hat mich irgendwann morgens angerufen und gefragt, ob ich gerne einen Test mit ihm zusammen fahren würde. Es war ein Chevrolet Camaro in einer dänischen Meisterschaft. Statt zu testen sind wir dann gegeneinander gefahren, und ich habe ihn um eine Zehntel geschlagen."