• 12.03.2010 17:18

  • von Stefan Ziegler & Dieter Rencken

Lotus: "Es war ein guter erster Tag"

Exklusiv: Tony Fernandes und Mike Gascoyne ziehen nach dem Trainingsauftakt in Bahrain ein positives Fazit - Ziel ist ein solides Formel-1-Fundament

(Motorsport-Total.com) - Aller Anfang ist schwer, doch das neue Lotus-Team hat seine Formel-1-Premiere bislang mit Bravour gemeistert: Heikki Kovalainen und Jarno Trulli beschlossen den ersten Trainingstag der neuen Saison zwar nur auf den Positionen 18 und 19 sowie mit rund 5,5 Sekunden Rückstand auf die Spitze, dennoch ist man beim malaysischen Team nicht unzufrieden mit der Leistung beim Trainingsdebüt.

Titel-Bild zur News: Jarno Trulli

Unter den Palmen von Bahrain absolvierte Lotus ein ordentliches Formel-1-Debüt

"Es war ein guter erster Tag", gibt Mike Gascoyne, Technischer Direktor bei Lotus, gegenüber 'Motorsport-Total.com' zu Protokoll. "Just vor sechs Monaten haben wir unseren Startplatz erhalten. Damals waren nur vier Leute bei uns in der Fabrik beschäftigt. Ein halbes Jahr später konnten wir einen ordentlichen Einstand hinlegen", fasst der britische Technikchef die Geschichte des Teams zusammen.#w1#

Positives Fazit bei Fernandes und Gascoyne

"Uns ist natürlich klar, dass sich die Pace des Autos noch verbessern muss, doch unser vorrangiges Ziel war schon immer, ein zuverlässiges Fahrzeug zu haben, das professionell eingesetzt wird. Ich denke, das konnten wir heute auf der Strecke umsetzen", meint Gascoyne - im Gegensatz zu den beiden anderen neuen Rennställen, war Lotus am Freitag von Bahrain überaus fleißig unterwegs.

"Uns ist natürlich klar, dass sich die Pace des Autos noch verbessern muss." Mike Gascoyne

Bei HRT war nur ein Fahrzeug einsatzbereit und auch bei Virgin gab es Probleme, doch die beiden Lotus-Boliden spulten kontinuierlich ihre Runden ab und bescherten ihrem Team auf diese Weise viele wichtige Daten. Den Rückstand von über fünf Sekunden hat Gascoyne erwartet: "Auf einer solchen Strecke rechnen wir schon damit, etwa vier Sekunden hinter der Spitze zu liegen", so der Brite.

"Ich denke, das ist in etwa die Region, in der wir uns befinden", hält Gascoyne fest. Damit ist Teamchef und Mitbesitzer Tony Fernandes voll und ganz zufrieden, wie er im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' erläutert: "Ich fühle mich fantastisch - speziell nach dem zweiten Freien Training, bei dem wir nochmals eine etwas bessere Leistung zeigen konnte", so Fernandes.

Der Trainingsauftakt ist geglückt

"Wir haben zwei sehr gute Fahrer, die reichlich Druck auf unser neues Team ausüben. Sie wollen mehr. Aus diesem Grund haben wir uns für Jarno und Heikki entschieden", gibt der malaysische Geschäftsmann nach den beiden 90-minütigen Sessions zu Protokoll und fügt an: "Mit dem heutigen Tag bin ich recht zufrieden, denn wir konnten reichlich gute Arbeit verrichten", meint Fernandes.

"In diesem Jahr geht es für uns darum, ein solides Fundament zu legen." Tony Fernandes

"Jetzt freuen wir uns schon auf den Samstag. Morgen ist aber nicht schon das Ende, sondern vielmehr der Anfang", erklärt der Teamchef. "In diesem Jahr geht es für uns darum, ein solides Fundament zu legen. Wir wollen möglichst viele Rennen beenden und letztendlich der beste Neueinsteiger sein. Die Zuverlässigkeit steht im Fokus und wir wollen uns kontinuierlich steigern."


Fotos: Lotus, Großer Preis von Bahrain


Dass Punkte zunächst nicht in der Reichweite des Lotus-Teams liegen, ist der Führungsetage des Rennstalls bewusst. "Natürlich werden wir versuchen, in die Top 10 vorzudringen", sagt Fernandes. "Das ist logischerweise unser Ziel, doch das wird überaus schwierig werden. Platz zehn bedeutet, dass wir vor 14 anderen Autos ins Ziel kommen müssen. Das ist keine einfache Aufgabe."

Punkte bleiben das Fernziel des neuen Rennstalls

Doch darauf hat es Fernandes im Debütjahr seines Teams nicht in erster Linie abgesehen. "Für mich kommt es sowohl bei einem Unternehmen als auch bei einem Formel-1-Team darauf an, zunächst einmal die richtigen Strukturen zu schaffen. Darum geht es uns 2010 vorrangig. Wir brauchen eine solide Ausgangsplattform, auf die wir aufbauen und an der wir wachsen können", so Fernandes.

"Die Atmosphäre ist klasse und bislang haben wir uns ganz gut verkauft." Tony Fernandes

"Vielleicht können wir es am Saisonende mit einigen der bereits etablierten Teams aufnehmen. Das wäre ein riesiger Bonus", findet der Malaysier, der schon jetzt überaus stolz auf seine Mannschaft ist. "Ich denke, wir haben eine ausgezeichnete Truppe beisammen. Die Atmosphäre ist klasse und bislang haben wir uns ganz gut verkauft", hält Fernandes nach dem Freien Training fest.

Auf die Konkurrenz und deren Lösungen schaut der junge Rennstall aber noch nicht zu sehr, wie Gascoyne erläutert: "Wir haben offensichtlich zunächst eine ganze Menge aufzuholen", sagt der britische Technikchef im Hinblick auf den Rückstand seines Teams. Von den Ideen der Rivalen will man sich nicht vom Kurs abbringen lassen: "Wir haben es mit ganz anderen Problemen zu tun."

Lotus bald mit Windkanal in Malaysia?

Und diesen will das Team auch in den kommenden Wochen hauptsächlich in der Teambasis in Großbritannien zuleibe rücken - ein Umzug nach Malaysia ist vorerst nicht geplant. Fernandes: "Das haben wir für den Moment auf Eis gelegt, denn erst einmal wollen wir etwas Stabilität ins Team bringen. Stück für Stück werden wir uns dann vielleicht nach Malaysia verlagern."

"Die Herangehensweise von Virgin ist sehr interessant." Tony Fernandes

Der Teamchef liebäugelt derzeit damit, die Windkanal-Arbeit künftig in seiner malaysischen Heimat verrichten zu lassen, steht technischen Neuerungen aber grundsätzlich offen gegenüber: "Die Herangehensweise von Virgin ist diesbezüglich sehr interessant", meint Fernandes im Hinblick auf das komplett am Computer entworfene Rennfahrzeug des Rennteams von Richard Branson.

"Das ist deswegen so interessant für mich, weil ich ja neu in diesem Geschäft bin", erklärt Fernandes und fügt an: "Neuem gegenüber muss man immer offen sein. Wir machen uns jedenfalls gerade einige Gedanken über unsere nächsten Investitionen - und vielleicht ist ein Windkanal in Malaysia der nächste Schritt. CFD wird aber ein Teil der Formel 1 bleiben und zunehmend besser werden."

"Ich kenne das schon aus der Luftfahrt", so Fernandes, der bei der AirAsia-Airline die Regie führt. "Die Frage ist nur, wann so ein Verfahren konkurrenzfähig ist. Noch ist es nicht soweit, finden wir", gibt der malaysische Unternehmer zu Protokoll, sieht darin aber auch eine Herausforderung: "Genau darum geht es in diesem Jahr eben auch: Wir wollen erkennen, auf welchen Trend man setzen muss."