• 23.02.2009 10:15

  • von Michael Noir Trawniczek

Lauda: Einzigartig und unverwechselbar

Niki Lauda ist 60 - Helmut Zwickl kennt den dreifachen Weltmeister seit vier Jahrzehnten: Schlüsselerlebnisse aus der wilden Karriere

(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1 wurde in Österreich erst mit den Erfolgen von Jochen Rindt ernsthaft wahrgenommen. Helmut Zwickl hat als junger Motorsportreporter den Aufstieg und das tragische Ende des 1942 in Mainz geborenen Österreichers aus nächster Nähe miterlebt. Nach Rindts tödlichem Unfall und seinem postumen WM-Titel gab es eine Art Vakuum - in jenem befand sich auch Jungpilot Niki Lauda.

Titel-Bild zur News:

Niki Lauda wird auch in Zukunft als Formel-1-Fachmann bei RTL arbeiten

Helmut Zwickl erinnerte sich: "Die Formel 1 kannte man hier nur über den Jochen Rindt, der war ungehobelt, lässig, wild und charmant - er hatte immer einen Schmäh auf Lager. Für seine Nachfolger war das nicht leicht. Niki hat anfangs immer nur Erklärungen abgegeben wie: 'Dort hatte ich Untersteuern, woanders hatte ich Übersteuern'. Niki war zunächst alles andere als ein Festmahl für die Medien."#w1#

Der Umgang mit der Öffentlichkeit

Doch der am 22. Februar 1949 geborene Lauda entwickelt sich nicht nur im Auto weiter, auch im Umgang mit den Medien eignet sich Lauda seine eigene Strategie an. "Er hat damals schon immer alles auf den Punkt gebracht. Er ist einer, der seine Gesprächspartner sehr gut einschätzen kann und ganz genau weiß, was sein Gegenüber von ihm haben möchte."

"Man muss immer höflich, korrekt und anständig reagieren." Niki Lauda

Diese Strategie wendet Niki Lauda auch im Umgang mit Fans an: "Ich mache bewusst sofort das, was die Menschen von mir wollen - damit ist das gleich einmal erledigt. Und das ist der schnellste Weg heraus. Sich zu wehren oder zu fragen: 'Fällt Ihnen nicht auf, dass Sie mich jetzt stören?' - das ist sinnlos, denn in Wahrheit dauert der ganze Prozess dann um einiges länger. Und außerdem bin ich den Leuten auch etwas schuldig. Die erwarten von mir eine normale Reaktion - nämlich eine freundliche. Das ist der springende Punkt. Man hat ja auch eine Verantwortung demjenigen gegenüber. Deshalb muss man meiner Meinung nach immer höflich, korrekt und anständig reagieren."

Höflich, korrekt und anständig - in seiner beispiellosen, von Höhen und Tiefen geprägten Karriere musste Niki Lauda auf schmerzhafte Art und Weise erfahren, dass es in der Welt der Medien das von ihm angesprochene Verantwortungsbewusstsein leider nur selten gibt. Vor allem dann, wenn es um Schlagzeilen geht, welche die Verkaufszahlen in die Höhe schnellen lassen. Schlagzeilen wie "Niki Lauda hat kein Gesicht mehr!" zählten zu der harmlosen Sorte - nach seinem Feuerunfall 1976 erntete er für sein schnelles Comeback nicht nur Respekt und Bewunderung, sondern auch Häme und Gehässigkeit.

Ein "Begräbnis erster Klasse"

Nicht nur die Medien setzten dem damals geschwächten Weltmeister zu - der eigene Boss wollte die Gelegenheit nützen, Niki Lauda quasi abzusägen. Für Enzo Ferrari war Lauda längst zu groß geworden - er drohte Ferrari zu überstrahlen, eine Todsünde. Helmut Zwickl: "Niki, seine Frau Marlene, Fitness-Guru Willi Dungl und ich sind mit einer Cessna nach Fiorano geflogen - dort hatte Niki seinen ersten Test nach dem Unfall. Der Kopf war noch bandagiert und blutig, es wurde ein Spezialsturzhelm angefertigt. Niki wusste damals nicht, wie dieser Test ausgehen wird - ob er in der Lage sein wird, wieder Gas zu geben."

"Man wollte Niki scheitern sehen - doch gerade das hat ihn stark gemacht" Helmut Zwickl

Ein "Geheimtest" hätte es sein sollen - doch an den Zäunen standen Fotografen, in den Bäumen hingen Fans. Enzo Ferrari hat die italienischen Medien gezielt informiert. Zwickl schilderte: "Als wir ankamen, sahen wir, dass Carlos Reutemann, der mögliche Nachfolger von Niki dort lässig herumgesessen ist. Enzo Ferrari stand hinter seiner Glastür und beobachtete die Szene mit giftigem Blick hinter seinen Sonnenbrillen." Ferrari blieb dort stehen - kein Handshake, kein Schulterklopfen, kein "Good luck!". Im Gegenteil. "Auf dem Heimflug sagte Marlene: 'Das war ein Begräbnis erster Klasse.' Man wollte Niki scheitern sehen - doch gerade das hat ihn stark gemacht", erzählte Zwickl.

Niki Lauda betont immer wieder, dass er als Rennfahrer ein Egomane sein musste. In seiner Airline gilt er als Kontrollfreak - er fliegt zweimal in der Woche selbst, um zu sehen, wie der Betrieb läuft. In gewissen Situationen schafft es Lauda aber auch, die Kontrolle anderen zu überlassen. Zwickl, der selbst den Pilotenschein besitzt und bereits mit Überschalljets geflogen ist, erzählt: "Wir sind mit einem kleinen Jet nach Long Beach geflogen, zum Grand Prix. Der Niki, die Marlene, sein Pilot Helmut Kahr und ich. Wir drei haben uns immer abgewechselt am Steuer."

Der zweifache Pilot: Fahren und Fliegen

"In Grönland gab es eine der zahlreichen Zwischenlandungen, dort lag das Flugfeld am Ende eines Fjords, ein wirklich schwieriger Flughafen. Zudem gab es schwerste Turbulenzen - so sehr, dass der Picknickkorb von Marlene quer durch das Flugzeug flog. Da sagte Niki zu Helmut, der ein ausgezeichneter Pilot war und damals über weitaus mehr Erfahrung als Niki verfügte: 'Mach du den Landeanflug - weil wenn ich beim Landen einen Reifen zerfetze, komm ich nicht rechtzeitig zum Grand Prix'."

Dass Niki Lauda in seiner Zeit als aktiver Rennfahrer die Medien nur mit knappen und auf den Punkt gebrachten Wortmeldungen versorgte, ist angesichts der oben erwähnten Erfahrungen nachvollziehbar. Er selbst hätte wohl kaum geglaubt, dass er mit 60 ein "Medienstar" sein wird. Als solchen sieht ihn Helmut Zwickl: "Er ist eine Marke, einzigartig und unverwechselbar. Er ist blitzgescheit, direkt und seine Aussagen sind logisch nachvollziehbar. Und mit der Zeit ist er auch gütiger geworden."

"Wenn da jetzt ein Kind in den Flieger einsteigt, dann sieht es den Wahnsinnigen mit dem Kapperl" Niki Lauda

Ein Telefonat anlässlich des 60. Geburtstags werde es mit Sicherheit nicht geben, sagte Zwickl. "Niki kann es nicht ausstehen, wenn ihn alle wegen seines Geburtstags anrufen, der ihm ja vollkommen egal ist." Wenn die beiden aufeinander treffen, gibt es neben der Formel 1 vor allem ein Thema -die Fliegerei. Da besteht keine Chance, auch nur irgendetwas zu verstehen, jedes dritte Wort ist ein Fachbegriff. Abschließend sagte Helmut Zwickl: "Sollte ich jemals in einem Linienflugzeug sitzen, in dem es Probleme gibt - dann wünsche ich mir den Niki als Pilot. Mit seiner ruhigen, besonnenen Art löst er die Probleme mit Hilfe der Logik."

Auch seine eigene Popularität erklärt Lauda mit Hilfe der Logik - im Gespräch mit 'sportnet.at' schilderte der nunmehr 60-Jährige: "Vor allem junge Leute, die in Wahrheit überhaupt nichts mit mir zu tun haben, finden Bezugspunkte: Entweder die Fliegerei, oder die Eltern erzählen: 'Das ist der, dem das Ohrwaschel abgebrannt ist.' Durch die Kommunikation der Marken Lauda Air oder jetzt Niki wurde meine Popularität immer wieder neu aufgeladen. Wenn da jetzt ein Kind in den Flieger einsteigt, dann sieht es den Wahnsinnigen mit dem Kapperl, und sagt: Das ist jetzt der Niki Lauda. Dann schaut mich das Kind vertattert an. Und dann wird ihm die Mutter wieder erklären, wer das ist und so geht das immer weiter."