• 27.09.2008 11:39

  • von Marco Helgert

Kundenautos spalten Formel 1 weiter

Die Formel 1 spaltet sich weiter in die Lager der Kundenautos-Gegner und -Befürworter - Toro-Rosso-Erfolg in Monza als Zukunftsmodell?

(Motorsport-Total.com) - Der Italien-Grand-Prix vor zwei Wochen mit dem Sieg von Sebastian Vettel im Toro Rosso brachte nicht nur einen Erfolg eines unabhängigen Teams. Vielmehr war es auch ein Erfolg eines Kundenautos, denn Toro Rosso bezieht das Fahrzeug ebenso wie Red Bull Racing von Red Bull Technology. Dennoch wird das die Fronten im Kundenautostreit nicht aufweichen, auch wenn man sich gerade bei Red Bull die Zukunft der Formel 1 so vorstellt wie selbst praktiziert.

Titel-Bild zur News: Gerhard Berger (Teamanteilseigner) Christian Horner (Teamchef)

Horner und Berger würden gern am jetzigen Red-Bull-Modell festhalten

Noch ist ein neues Concorde-Agreement in der Formel 1 nicht unterzeichnet, doch Kundenautos sollen nach derzeitigem Wunsch ab 2010 wieder völlig verschwinden. Jedes Team, das an der Formel 1 teilnimmt, soll dann auch wieder ein eigenes Auto bauen müssen. Für Toro Rosso bedeutet dies, dass eine eigene Designabteilung in Faenza entstehen muss.#w1#

Für das Williams-Team, derzeit nicht gerade vom Erfolg verwöhnt, ist es für die Formel 1 essenziell, dass jedes Team ein eigenes Auto an den Start bringen muss. "Wir glauben, dass Kundenautos in der Formel 1 langfristig keinen Platz haben", so Andrew Parr, Teammanager bei Williams. "Letztlich ist es auch ein Wettbewerb der Design- und Ingenieurskunst."

Williams möchte nur Eigenkonstrukteure in der Formel 1

"Seit 1970 gab es 53 Teams, die ein eigenes Chassis gebaut und sich in der Formel 1 versucht haben, dabei aber gescheitert sind. Das sind neun von zehn Teams", so Parr weiter. Die Formel 1 lebe auch von dieser Geschichte, Kundenautos zählten nicht dazu - wobei gerade auch Williams in der Anfangszeit des Teams mit Kundenchassis antrat.

Für das Red-Bull-Quartett stellt sich die Lage ein wenig anders da, denn gerade Monza habe gezeigt, dass die Formel 1 auch mit Kundenautos Großes erreichen kann - und das mit weniger Kosten. "Ich respektiere die Haltung von Williams voll und ganz", so Toro-Rosso-Mitbesitzer Gerhard Berger. "Aber ich muss auch sagen, dass sich die Zeiten ändern. Auch in der Automobilindustrie passiert das, da arbeiten Hersteller zusammen, um Synergien zu nutzen. Sonst hätten sie keine Chance, am Markt zu bestehen."

Auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner verwies auf die angespannte Lage in der Formel 1. "Es gibt zehn Teams, aber zwölf freie Plätze - und ich sehe kein Team, das nun in die Formel 1 drängt, denn wenn man selbst Konstrukteur sein muss, dann verhindert das, dass man mitfahren kann", erklärte er. "Ich respektiere die Meinung von Williams, aber ich stimme dem nicht zu. Es ist im Interesse der Formel 1, eine Mischung zu haben."

Sport oder Show - oder beides?

"Die Chancen, zwei weitere Teams zu verlieren, ist größer als die Chance, zwei weitere Teams zu gewinnen", warf Berger ein. "Wenn wir sagen, dass es keine Synergien geben darf, weil vielleicht Williams vor einigen Jahren etwas in bestimmten Bereichen entwickelt hat, dann wäre das der falsche Weg."

Vielmehr solle man die Formel 1 so ausrichten, "dass wieder 24 konkurrenzfähige Autos dabei sind, nicht nur Autos, die zwei Runden hinter dem Feld hängen", so der Tiroler weiter. "Eine gute Show muss es geben. Niemand auf der Tribüne ist stolz darauf, dass wir 600 Mitarbeiter haben. Sie wollen ein Rennen sehen."

"Die Formel 1 ist ein Sport, aber auch eine Show", brachte es Horner auf den Punkt. "Wir müssen beide Seiten ansprechen und uns erst dann um Kundenautos oder Nicht-Kundenautos kümmern. So würde ich das angehen."