Kovalainen spricht Klartext: Warum Caterham in der Krise ist

Wie Heikki Kovalainen Caterham als "fahrender Ingenieur" aus der Krise ziehen will, wie seine messerscharfe Analyse ausfällt und wieso sich das Team verrannt hat

(Motorsport-Total.com) - Bei Caterham herrscht seit Anfang des Jahres Katerstimmung. Zunächst wurde bei den Tests der Steg am Auspuff verboten, dann musste man anerkennen, dass man mit Marussia nicht mithalten kann und die Rote Laterne inne hat. Und dann fehlten auch noch erfahrene Piloten, die gutes Feedback geben und die Entwicklung des Autos vorantreiben können. Dabei drängt die Zeit, denn das aktuelle Auto ist nur eine Weiterentwicklung des Vorjahresboliden. Durch das umfangreiche Updatepaket in Bahrain und Spanien wird aus dem CT03 im Grunde ein neues Auto.

Titel-Bild zur News: Heikki Kovalainen

Agent Kovalainen, übernehmen Sie! Der Finne soll den Aufwärtstrend einleiten Zoom

Danach muss sich die Technikabteilung des Teams für eine Designphilosophie für die Reglementrevolution 2014 entscheiden - doch wie ist das möglich, wenn das Feedback von Charles Pic und Giedo van der Garde zu wenig Aussagekraft hat? Nun hat man aus der Not eine Tugend gemacht und den im Vorjahr geschassten Grand-Prix-Sieger Heikki Kovalainen aus der Frührente zurückgeholt - allerdings nicht als Einsatz-, sondern als Testfahrer.

Wie Kovalainen vorgeht

Der ehemalige McLaren-Pilot soll dem Team nun die Richtung vorgeben und Caterham aus der Krise befreien. Kovalainen, der auch in Spanien das erste Freie Training bestreiten wird, schildert den Rettungsplan: "An diesem Wochenende ging es vorrangig darum, die Balance aus dem Vorjahr mit der von diesem Jahr zu vergleichen. Nicht unbedingt die allgemeine Performance, sondern nur die Balance - wie sich das Auto fährt. Ich denke, dass wir das jetzt verstehen und eine Antwort auf diese Frage haben."

In Barcelona wird Kovalainen dann mit dem kompletten Update ausgerüstet und soll einen Vergleich ziehen: Wurden die Problemzonen des Autos durch die neuen Teile ausgemerzt oder konnte man die Erwartungen nicht erfüllen? Die erste Hälfte des umfangreichen Updates macht laut Kovalainen "keinen großen Unterschied, es ist vielleicht eine Spur besser."

Auto passt nicht zu den Pirelli-Reifen

Der Finne hält sich mit seiner Kritik am aktuellen Auto nicht zurück. Er hat die Problemzonen in seinen 20 Runden ausgemacht. Nach dem Training begann er mit der Analyse: "Mein erstes Gefühl bei diesem Auto war, dass es absolut keinen Spielraum für Fehler zulässt. Man kann sich darauf in den Kurven nicht verlassen - es ist auf Messers Schneide."

Eine Frage des Abtriebs? Kovalainen ist sich nicht sicher: "Ich glaube nicht, dass es da nur um Abtrieb geht, sondern auch um den mechanischen Bereich." Er vermutet, dass die Reifen nicht mit dem Design des Autos harmonieren: "Wir haben bereits im Vorjahr über die Entwicklungsrichtung des Autos gesprochen, und bis zu einem gewissen Grad ist das auch die Richtung, in die wir gehen wollen, aber mit diesen Reifen und den extremen Mischungen hat sich das als schwierig herausgestellt. Die Art und Weise, wie das Auto modifiziert wurde - in Hinblick auf Bodenfreiheit und Steifigkeit - passt meiner Meinung nach nicht zu den Reifen."

"Das Auto ist auf Messers Schneide." Heikki Kovalainen

Heck und Balance als Problemzonen

Das Auto sei zwar grundsätzlich ähnlich wie im Vorjahr, aber durch die Änderungen an den Pneus ist das Konzept aus dem Gleichgewicht geraten, was sich wiederum auf das Setup ausgewirkt hat. "Wenn ich Rennfahrer wäre, würde ich sofort beginnen, Dinge zu ändern, damit es sich so anfühlt, wie es meiner Meinung nach sein sollte", bemängelt er die Balance. "Sie ist schlechter als ich es im Vorjahr wahrgenommen hatte. Das Auto ist schwerer zu fahren, es ist weniger konstant und es ist schwieriger, eine gute Runde hinzukriegen. Selbst im Qualifying, wenn die Reifen neu sind."

Heikki Kovalainen

Kovalainen stellt dem Caterham-Boliden kein gutes Zeugnis aus Zoom

Die größte Schwachstelle stellt laut dem Mann aus Lappland das Heck dar - darauf müsse man sich nun bei den Updates konzentrieren. Das sei vor allem in Hinblick auf den Reifenverschleiß an der Hinterachse entscheidend. Er weiß, dass es ihm noch an Erfahrung mit der neuen Reifengeneration von Pirelli fehlt, "aber auch durch das Auto können wir die Hinterreifen etwas entlasten. Derzeit ist das Heck am Limit - da können wir uns verbessern."

Kovalainens Einsätze ein Nachteil für die Einsatzfahrer?

Er zeigt sich mit den Erkenntnissen seines ersten Arbeitstages 2013 bei Caterham zufrieden: "Jetzt hab ich ein gutes Grundwissen über dieses Auto und über das Paket. Beim nächsten Mal wird ein neues Paket kommen, und ich werde dadurch ein gutes Gefühl haben, ob es funktioniert oder nicht." Auch dann wird wieder einer der Einsatzpiloten sein Auto an den "fahrenden Ingenieur" abtreten müssen - für einen unerfahrenen Piloten keine optimale Situation.

Heikki Kovalainen

"Fahrender Ingenieur": Der Finne arbeitet eng mit den Technikern zusammen Zoom

Das weiß auch Kovalainen, der allerdings relativiert: "Ich bin sicher, dass das keine Hilfe ist, aber andererseits trage ich etwas bei, und sie werden bis zu einem gewissen Grad auch davon profitieren. Es war die Entscheidung des Teams, ich habe mich nicht hineingedrängt und niemand hat mich gezwungen. Es gibt keine Pläne, dass ich Rennen fahre, derzeit geht es nur um die Freitage."