• 20.12.2006 18:04

Kovalainen: "Bin mit dem Gelernten sehr zufrieden"

Heikki Kovalainen über die Erfolge des Renault-Teams, sein Testjahr 2006 und den Druck, als Nachfolger von Fernando Alonso gehandelt zu werden

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Heikki, du bist ein wichtiges Mitglied eines Teams, das zweimal die WM gewann - trotzdem steht dir dein Grand-Prix-Debüt noch bevor. Wie denkst du darüber?"
Heikki Kovalainen: "Ich freue mich für das Team und für Fernando (Alonso; Anm. d. Red.) - sie haben großartige Arbeit geleistet. Ich selbst möchte mir nicht viel von diesem Erfolg zuschreiben."

Titel-Bild zur News: Heikki Kovalainen

Heikki Kovalainen wünscht sich Punkte in seinem ersten Formel-1-Rennen

"Meine Aufgabe lautete, ordentliche Tests zu fahren, die Autos für die Rennen vorzubereiten und passende Reifentypen auszuwählen. Das haben wir im Testteam offenbar ganz gut gemacht. Ich persönlich bin sehr zufrieden mit der geleisteten Arbeit und damit, dass ich mich das ganze Jahr über fahrerisch verbessert habe. Was die WM-Titel angeht, so freue ich mich eher für meine Teamkollegen als für mich, dass ihre harte Arbeit belohnt wurde."#w1#

Kovalainen verfolgte den WM-Kampf aus nächster Nähe

Frage: "Du hattest die einzigartige Möglichkeit, den Titelkampf aus nächster Nähe mitzuerleben. Was hast du dabei gelernt?"
Kovalainen: "Unheimlich viel, besonders in den letzten drei Grands Prix, als ich das ganze Rennwochenende über an der Strecke blieb. Ich konnte den Funkverkehr mitverfolgen, an allen Debriefings teilnehmen und erleben, wie Team und Fahrer in der Praxis vorgehen. Das war eine wichtige Erfahrung. Es war eindrucksvoll zu sehen, wie das Team unter schwierigen Umständen reagierte und wie sich Renault nach dem China-Grand-Prix in Japan zurückmeldete. Es war wichtig, in diesen schwierigen Situationen beim Team zu sein, denn ich hoffe, sehr bald selbst einmal um einen WM-Titel zu kämpfen. Jetzt habe ich Referenzpunkte, wie mit dem Druck von verschiedenen Seiten umzugehen ist."

"Vom ersten Test an war der R26 sehr einfach zu fahren und abzustimmen." Heikki Kovalainen

Frage: "Dein Hauptjob spielte sich aber nicht bei den Grands Prix ab, sondern fern der Fernsehkameras auf den Teststrecken. Du hast den Renault R26 maßgeblich weiterentwickelt. Was hältst du für die besonderen Stärken dieses Autos?"
Kovalainen: "Vom ersten Test an war der R26 sehr einfach zu fahren und abzustimmen - und das sah man auch an den Rennwochenenden. Wenn die Fahrer freitags nicht ganz zufrieden waren, nahmen die Techniker manchmal über Nacht größere Änderungen vor und stellten sehr schnell wieder ein gut funktionierendes Auto hin."

"Bei der Weiterentwicklung haben wir so gut wie jeden Bereich verbessert - die Aerodynamik war sicher eine starke Seite des R26 und auch der Grip. Auf der Motorenseite gab es das ganze Jahr hindurch immer wieder große Fortschritte, wobei der Leistungszuwachs nie die Zuverlässigkeit beeinträchtigte. Und nicht zu vergessen: Michelin leistete großartige Arbeit. Sie kämpften sich wieder heran, nachdem es zu Saisonmitte so aussah, als hätten sie ihren Vorsprung eingebüßt. Aber Michelin wurde wieder voll konkurrenzfähig, besonders über die Renndistanz. Diese harte Arbeit und der große Einsatz waren zum Ende der Saison die ausschlaggebenden Stärken."

Frage: "Das Auto durchlief also eine ständige Weiterentwicklung. Und wie steht es mit dem Fahrer Heikki Kovalainen?"
Kovalainen: "Ich bin mit meiner Arbeit, mit dem Gelernten und mit meiner Verbesserung sehr zufrieden. Dieses Jahr war sehr wichtig für mich, da ich optimale Möglichkeiten vorfand, mich auf größere Aufgaben vorzubereiten. Ich fuhr viele tausend Kilometer, erlebte viele verschiedene Situationen - und wurde mit sehr vielen unterschiedlichen Aufgaben betraut. Deshalb war es ein tolles Lernjahr, das ich in dem festen Bewusstsein angegangen bin, dass mein nächster Schritt der zum Grand-Prix-Fahrer sein wird. Das habe ich erreicht, also muss ich mich jetzt so gut wie nur möglich auf Melbourne vorbereiten, um sofort am Ball zu sein, wenn es losgeht."

Wechsel zu Bridgestone als größte Herausforderung

Frage: "Zunächst folgen die Wintertests. Worin liegen die größten Herausforderungen?"
Kovalainen: "Für das Team ist es sicherlich der Wechsel des Reifenpartners. Wir müssen herausfinden, wie sich das Auto mit den neuen Reifen verhält. Bei den Tests vor Weihnachten sind wir damit schon gut vorangekommen. Ich gehe davon aus, dass unser neues Auto bei seiner ersten Ausfahrt bereits ziemlich gut ausbalanciert sein wird und wir die folgenden Tests voll nutzen können. Aus meiner persönlichen Perspektive muss ich dabei ein paar neue Fähigkeiten trainieren: Rennsimulationen, Qualifyingsimulationen und all die festen Abläufe während eines Grand-Prix-Wochenendes. Das muss ich alles bis zum ersten Rennen verinnerlicht haben. Und körperlich muss ich natürlich in Topform sein, denn ein Grand Prix dauert länger als die Rennen, die ich bisher bestritten habe."

"Ich brauche bloß ruhig und besonnen zu bleiben." Heikki Kovalainen

Frage: "Du steigst sozusagen in die Sitzschale des jüngsten Grand-Prix-Siegers und Formel 1-Weltmeisters aller Zeiten. Bedeutet das noch größeren Druck für dich?"
Kovalainen: "Ich empfinde dadurch keinen größeren Druck - ich sehe mein Debüt für Renault als riesige Chance, gleich im ersten Jahr um Spitzenplatzierungen zu kämpfen. Dieses Privileg haben nicht viele Rennfahrer. Das Team wird wieder sehr stark sein und das Auto schnell. Ich brauche bloß ruhig und besonnen zu bleiben."

"Die ersten Rennen werden nicht einfach. Meine Philosophie ist es, immer auf das Schlimmste gefasst zu sein. Vielleicht wird es schlechte Rennen geben, aber ich konzentriere mich darauf, einen Schritt nach dem anderen zu machen. Zunächst möchte ich das erste Rennen beenden, dann das zweite und so fort. Druck hast du als Rennfahrer immer, egal wo. Aber ich hatte nie das Gefühl, dass ich dadurch beeinträchtigt werde, und ich glaube nicht, dass sich das nächstes Jahr ändert."

Frage: "Bist du aufgeregt beim Gedanken an dein Debüt in Melbourne?"
Kovalainen: "Ich durfte mir neulich im Windkanal erstmals das neue Auto anschauen, und es sieht fantastisch aus - sehr aggressiv. Ich freue mich unheimlich darauf, es bald im Rennen zu fahren."