Komatsu: Hoffnungslose Haas-Saisonprognose war "kein Blödsinn"

Haas-Teamchef Ayao Komatsu erklärt, warum er bei der Präsentation des VF-24 davon ausging, dass Haas weiter Letzter ist, und warum es jetzt doch anders aussieht

(Motorsport-Total.com) - Günther Steiner, ehemaliger Teamchef des Formel-1-Rennstalls Haas, erklärte kürzlich, dass die Daten aus dem Windkanal bereits vor seinem Weggang darauf hindeuteten, dass Haas in der Formel-1-Saison 2024 konkurrenzfähig sein würde und das Team mit der hoffnungslosen Saisonprognose falsch gelegen habe.

Titel-Bild zur News: Ayao Komatsu

Ayao Komatsu: Seit Winter der Teamchef des Haas-F1-Rennstalls Zoom

Tatsächlich hat sich der Haas VF-24 bereits als ein Auto erwiesen, mit dem im Qualifying der Q3-Einzug machbar ist. In den Rennen sind Nico Hülkenberg und Kevin Magnussen bei den ersten drei Grands Prix zusammengerechnet dreimal in die Punkteränge gefahren. In der Formel-1-Konstrukteurs-WM 2024 belegt Haas derzeit den siebten Platz vor Williams, Sauber und Alpine.

Doch im Gegensatz zu Steiner beharrt der aktuelle Haas-Teamchef Ayao Komatsu auf seinem Standpunkt aus der Winterpause, wonach man im Team ein solches Potenzial nicht hätte vorhersagen können, da man nicht wusste, wie groß die Fortschritte der anderen Teams sein würden.

"Ich wusste, wie viel wir finden würden", sagt Komatsu am Donnerstag des Japan-Wochenendes in Suzuka. "Aber weil ich wusste, wie spät wir angefangen haben, da wir die Entwicklung für zwei Monate unterbrochen haben, um das Upgrade für Austin [2023] bringen zu können, musste ich davon ausgehen, dass alle anderen mindestens das Gleiche oder mehr finden."

"Und wir sind doch das kleinste Team, oder nicht? Es ist ja nicht so, dass wir eine bessere Methodik hätten als die anderen. Ich bin sicher, dass im Durchschnitt alle anderen genauso schlau sind. Das also war meine Basis", so der Haas-Teamchef, der klarstellt: "Es geht mir nicht darum, etwas zu verheimlichen oder zu verschleiern. Das ist einfach meine Erwartung an die Realität."

"Und da ich die Zahlen [aus dem Windkanal] kenne, die wirklich nicht gewaltig sind, hätte ich auf keinen Fall gedacht, dass das für Platz sieben reichen würde. Niemals! Und überhaupt: Wie bitteschön kann man erwarten, dass Alpine das tut, was sie getan haben? Würde man das vorhersagen können? Nein. Man kann sich nicht darauf verlassen, dass jemand es vermasselt. Man muss davon ausgehen, dass sie einen guten Job machen."

"Wie bitteschön kann man erwarten, dass Alpine das tut, was sie getan haben?" Haas-Teamchef Ayao Komatsu

Prognose war "eher eine interne Botschaft"

Komatsu gibt zu, dass er die Erwartungen nicht für die Außenwelt heruntergespielt hat, sondern zum Teil deshalb, damit die Teammitglieder nicht enttäuscht sind, wenn Haas wieder den letzten Platz in der Konstrukteurs-WM belegt: "Intern möchte ich nicht, dass meine Leute das Auto in Bahrain auf P10 [der WM] sehen und dann deprimiert sind und die Köpfe hängen lassen."

"Ich wollte einfach sichergehen, nach dem Motto: Leute, ihr wisst was ihr tut. Ihr hattet nur nicht genug Zeit, um genügend Performance aus dem Auto herauszuholen. Es ist nicht eure Schuld, wenn wir in Bahrain auf P10 sind", erklärt Komatsu und weiter: "Das ist die interne Botschaft, die ich vermitteln wollte."


Haas gibt zu: Könnten 2024 wieder Letzter werden!

Ist das das Auto, mit dem Nico Hülkenberg in der Saison 2024 erstmals aufs Podium fahren wird? Haas hat am 2. Februar den VF-24 präsentiert. Weitere Formel-1-Videos

"Ich musste meine Leute darauf vorbereiten, dass sie in Bahrain, wenn wir Letzter sind, nicht deprimiert sein müssen. Das ist also eher eine interne Botschaft, wenn man so will. Aber es ist kein Blödsinn. Ganz ehrlich, das war meine Erwartung", unterstreicht der Haas-Teamchef in Bezug auf seine Prognose aus dem Winter, die er anlässlich der Präsentation des VF-24 abgegeben hat.

Allerdings räumt Komatsu ein, dass die Wintertestfahrten in Bahrain gezeigt haben, welches Potenzial der VF-24 hat: "Als wir vor der Saison getestet haben, da dachte ich nach dem ersten und zweiten Tag, dass wir mit zwei, drei anderen Teams mithalten könnten."

"Ich wusste nicht genau", so der Haas-Teamchef, "wie groß unsere Fortschritte sein würden, aber irgendwo um P8, P7 herum konnte ich uns sehen. Nur, konnte ich das vorhersagen, als ich mir die Windkanalwerte angesehen habe? Auf keinen Fall!".

Auf Nachfrage, ob der 2024er-Haas mehr Abtrieb erzeugt als erwartet, antwortet Komatsu: "Ich möchte nicht zu sehr ins Detail gehen, aber es ist nicht linear. Bestimmte Eigenschaften sehen wir auf der Strecke. [Das Auto] mag von den reinen Zahlen her nicht überragend sein, aber in Bezug auf die Charakteristik ist es viel fahrbarer."

Kevin Magnussen, Nico Hülkenberg

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Haas VF-24 nicht als gutmütiges Auto konzipiert, aber ...

Komatsus bildhafte Erklärung dazu: "Wenn man ein giftiges Auto hat, kann ein Fahrer damit vielleicht hin und wieder mal ans Limit gehen. Aber wenn man, sagen wir mal, ein gutmütigeres Auto hat, dann ist die absolute Performance vielleicht schwächer, aber sie lässt sich vom Fahrer in neun von zehn Fällen tatsächlich abrufen."

"Wenn man sich jetzt in Rennen über 305 Kilometer ansieht, welches Auto will man dann haben? Natürlich das gutmütige Auto. Das diesjährige Auto mag vielleicht nicht so konzipiert worden sein, aber in bestimmten Bereichen des Autos finden wir diese gutmütige Charakteristik. Deshalb können die Fahrer Vertrauen aufbauen", sagt der Haas-Teamchef.

"Aber noch einmal: Wenn jemand das schon im Windkanal erkennen kann, dann ist das erstaunlich", so Komatsu.